Kaplan Alfons Büchel warnt vor den Sozialisten und Neutralen und fordert die Arbeiter auf, sich katholisch zu organisieren und die Pfarrer als Ehrenpräsidenten in den Vorstand zu wählen


Eingesandt von Kaplan Alfons Büchel, der Bezug nimmt zu diversen vorausgegangenen Artikeln in beiden Landeszeitungen [1]

4.2.1920

Letzte Entgegnung. (Eingesandt)

An die einigen Liechtensteiner in der Schweiz. Es steht mir völlig fern, Ihren Artikel „Dem Liechtenstein glückliche Zukunft" nicht verstehen zu wollen. Lesen Sie mein Eingesandt (L. V. 101) nochmals durch und Sie werden sehen, daß die auf Ihr Schreiben Bezug habenden Zeilen des „Sonderbare Schreibereien" im Rahmen des Ganzen sich ganz gut ausnehmen. Das scheint auch Ihre neuerliche Behauptung von der Pflicht unseres Landesfürsten vollauf zu bestätigen. Sie vergessen wohl die Rechte? —

Im übrigen bringen Sie Dinge, die in unser Sachgebiet nicht hereingehören, sondern vielmehr am Wirtstisch gang und gebe sind. Nachher kritisieren geht gut, hätten Sie früher geraten, Sie sind vielleicht älter als ich.

Wir unterlassen besser solchen unnützen Federkrieg und suchen durch anderes der Allgemeinheit mehr zu nützen. Unserm Landesvater aber wollen wir treu bleiben. Zum Abschiede: Treu und edel zu Fürst, Volk und Vaterland! Nun aber Schluß meinerseits!

Arbeiter organisiert Euch katholisch!

Ein 60jähriger Familienvater, allgemein geachtet, sagte zum Schreibenden: „Wir daheim haben auch einen Arbeiterverein. Mitglieder sind meine vier Söhne und fünf Töchter. Alle müssen arbeiten und der — Präsident — der bin ich!" Die Familie ist die erste und wichtigste Arbeiterorganisation und auch dieser Familienarbeiterverein soll — christlich organisiert sein.

Zudem aber lohnt es sich vortrefflich, Arbeitervereine und Vereinigungen zu bilden. Sie hätten vor 50 Jahren schon rentiert, doch mußte zuerst eine allgemeine Erkenntnis der Notwendigkeit vorhanden sein, sonst wären sie nicht haltbar gewesen. Darum wollen wir den Vorfahren keine Vorwürfe machen.

Jetzt jedoch ist die Erkenntnis da. Darum frisch ans Werk in allen Pfarreien und Gemeinden!

Warum sollen die Arbeiter auf Grund der katholischen Religion sich organisieren und nicht allein materiell, nicht allein wirtschaftlich?

Antwort: 1. Nicht vom Brote allein lebt der Mensch! 2. Der große Arbeiterpapst Leo XIII. sagt: „Die soziale Frage ist nicht eine bloße Magenfrage, sondern eine sittlich-religiöse und kann daher ohne die Religion Jesu Christi nicht gelöst werden." Leo XIII. hat Recht behalten, denn nicht einmal in allen Heidenländern existiert ein solch schauderhaftes soziales Elend, als wie in Wien und Petersburg, wo gegenwärtig — die Sozialisten regieren, daß Frauen im Hungerwahnsinn ihre eigenen Kinder essen. — 300,000 Kronen haben in Wien die Sozialisten ausgegeben nur um die Namen von Strassen und Plätzen zu ändern, während ihre Leute in den neubenannten Straßen verhungern; und 400 Millionen Defizit haben sie heruntergewirtschaftet in Dreiviertel Jahren, während der christliche Stadtrat in 4—5 Kriegsjahren nur 10 Millionen Defizit machte.

3. Die Liechtensteiner Arbeiter sagen: „Wir wollen uns gar nicht sozialistisch organisieren, sondern ganz neutral". Antwort: In der Schweiz standen beim Generalstreik alle sogenannten „Neutralen" im Dienste der Sozialisten. Und nicht zum Lobe von uns Liechtensteinern selbst muß gesagt werden, daß die — Mehrzahl der in der Schweiz arbeitenden Liechtensteiner bei den Sozialisten mitmachen. — „Wer nicht mit mir ist, ist wieder mich und wer nicht mit mir sammelt, zerstreut," spricht Christus bei Lukas 11, 23.

4. Der „Schweizerkatholik" vom 16. Febr. 1912 schreibt: „Die Sozialdemokratie ist nicht das Produkt der wirtschaftlichen Zustände (diese haben nur die Ausbreitung befördert), sondern sie ist die — Konfession des Unglaubens."

Einiget Euch also, Arbeiter, liebe Landsmänner, wählet aber in Euren Vereinsvorstand als — Ehrenpräsident — Euren Pfarrer!

Alfons Büchel, Kaplan

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[1] L.Vo. 4.2.1920. Der Artikel nimmt Bezug auf eine Reihe von Eingesandt, in denen es zunächst um die Unterstützung durch den Landesfürsten bzw. die Casionofrage ging, dann aber um die Organisation der Arbeiter. Siehe u.a. folgende Beiträge:  „Sonderbare Schreibereien“ im Liechtensteiner Volksblatt Nr. 101, 20.12.1919, Nr. 101, „Eingesandt“ in den ON, in Nr. 3 vom 10.1.19120, S.2. und „Entgegnung“ im LV Nr. 5, 17.1.1920