Artikel in den Liechtensteinischen Nachrichten[1]
9.1.1926
Religion und Politik.
Man hätte annehmen dürfen, dass in unserem katholischen Ländchen Liechtenstein die Religion nicht in den Wahlkampf heruntergezogen werde. Aber alles muss heute helfen, missliebige Personen zu bodigen. Wer Dr. [Wilhelm] Beck und seine Laufbahn näher kennt, der wird wahrlich nicht seine katholische Lebensauffassung anzweifeln. In seinen Hochschuljahren war er Mitglied der katholischen Studentenverbindung Renaissance in Zürich. Später hat er sich stets aktiv religiös betätigt.
Man gestatte uns, andere Punkte aufzugreifen.
Bei den Verfassungsrevisionsarbeiten bekam Ospelt Josef, Regierungschef, wegen seiner religiösen Einstellung Vorwürfe von geistlicher Seite. — Damals hat ein Fritz Walser sich gegen zu starkes Einmischen der Geistlichen gewehrt, als es galt, die Verfassungsartikel über Kirche und Schule zu schaffen. — Am Katholikentag in Schaan ist Fritz Walser von der Rednertribüne weggelaufen, weil ihm nicht zum Dank geredet wurde.
In einem Geheimakt in Sachen Hofrat [Josef] Peer steht geschrieben: „Dr. [Eugen] Nipp erklärte, er habe mit [Johann Baptist] Büchel bereits gesprochen und keinen Gegensatz gefunden, er übernehme es, Kanonikus [Johann Baptist] Büchel zu einer freundlichen Stellungnahme zu veranlassen. [Karl von] In der Maur sei auch liberal gewesen. ... In dieser Hinsicht dürfe man nicht allzuviel verlangen." Laut Geheimakten hat sich dann Dr. Peer über die Geistlichen ausgelassen! Während man dem katholischen Politiker alle möglichen und unmöglichen Vorhalte gemacht und unwahre Sachen unterschoben werden, vertritt in den Geheimakten ein Führer einen ganz andern Standpunkt.
Der junge, neue und eifrige Politiker Dr. [Ludwig] Marxer war in Innsbruck Mitglied eines akademischen Gesangvereins, der, wie bestimmt berichtet wird, eine schlagende Verbindung ist. Nach den Satzungen der katholischen Kirche ist aber ein solcher Beteiligter exkommuniziert. Was sagt der katholische Liechtensteiner dazu?
Demgegenüber ist Dr. Beck stets aktiv katholisch tätig gewesen und auch im praktischen Leben, in der Schweiz und im Lande auf dem Boden katholischer Weltanschauung gestanden. Er war in der Schweiz bei katholischen Anwälten tätig. Das von ihm seinerzeit verfasste Parteiprogramm unterstreicht diesen Standpunkt und ebenso das in neuester Zeit verteilte.
Fast will es scheinen, als ob Rache genommen werden will für die von Kaplan [Alfons] Büchel, Wollerau, seinerzeit in Vaduz gehaltene Rede, die von unserem Blatte damals scharf verurteilt worden und heute noch verurteilt wird. Die Schreibweise im V. Bl. [Volksblatt] ist zu durchsichtig.
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