Die Finanzkommission des Landtages spricht sich dafür aus, der Gemeinde Vaduz einen Landesbeitrag für die "Rekonstruktion" der Rheinbrücke zu gewähren


Gedruckter Bericht der Finanzkommission an den Landtag, nicht gez. [1]

o.D. (vor dem 5.9.1900)

I. Landesbeitrag zu den Kosten für Rekonstruktion der Rheinbrücke bei Vaduz

Der mangelhafte Bauzustand der Rheinbrücke zwischen Vaduz und Sevelen ist durch kompetente fachmännische Gutachten erwiesen und wurde auch von der am 10. April d. J. auf Veranlassung der Regierungen Liechtensteins und des Kantons St. Gallen in Vaduz stattgefundenen Konferenz anerkannt. Die interessierten Gemeinden Vaduz und Sevelen haben sich auf Grund der Abmachungen bis September d. J. über Neubau oder Umbau der Brücke zu einigen. Die Arbeit soll mit Anfang November in Angriff genommen werden können. Sollte eine Einigung nicht zu Stande kommen, so wäre nach dem fachmännischen Antrage die Abtragung der Brücke vor dem Sommer 1901 anzuordnen. [2]

Vaduz hat sich für den Umbau entschieden, das Votum von Sevelen ist noch nicht genau bestimmt. Der Umbau der Brücke würde rund 20'000 Fr., der Neubau wenigstens 40'000 Fr. erfordern. Der bisherige allerdings nicht billige Kostenverteilungsmassstab belastet mit 2/3 der Baukosten die liechtenst. Seite und nur mit 1/3 die schweizerische Seite. Die Brücke wurde im Jahre 1870 erstellt und vom Lande gleich wie die anderen Rheinbrücken mit 4000 fl. [Gulden] unterstützt. [3] Im Jahre 1874 bewilligte der Landtag zur Hebung der Brücken je 1000 fl. (die Gesamtkosten für Hebung einer Brücke beliefen sich auf etwas zu 2000 fl.). [4] Vom Jahre 1880 an wurde auf Grund eines Landtagsbeschlusses die Bedielung der Rheinbrücken auf die Landeskasse übernommen. [5]   

Von Seite der f. Regierung wurde in der vorliegenden Frage beantragt, der Gemeinde Vaduz zur Rekonstruktion der Rheinbrücke eine Subvention bis zu 2/3 der diese Gemeinde treffenden effektiven Baukosten zu gewähren. [6]

Ihre Kommission schliesst sich mit Rücksicht auf die Dringlichkeit dieser Angelegenheit dem Antrage der Regierung an, hat sich aber in Voraussicht der kommenden Schwierigkeiten auch mit der Beratung solcher Eventualitäten befasst. Die Umbaukosten mit 20'000 Fr. = ca. 10'000 fl. angenommen, würden Vaduz mit ca. 6600 fl. belasten. Davon würden durch die beantragte Landessubvention 2 Drittel = ca. 4400 fl. wegfallen, von der Gemeinde Vaduz aber immer noch der namhafte Betrag von ca. 2200 fl. zu decken sein. Diese Restdeckung wird ohne Weiteres von Vaduz allein zweifellos nicht übernommen werden, weil es billig ist, dass auch die beiden Gemeinden Triesenberg und Triesen, welche die Brücke als Verkehrsweg ebenso wie Vaduz benützen, Beiträge leisten. In diesem Falle findet es Ihre Kommission nur gerecht, wenn nötigenfalls die betreffenden Gemeinden auf administrativem Wege zur Leistung billiger Beiträge verhalten werden. Eine andere Lösung dieser Schwierigkeit könnte freilich in einfachster Weise durch Erhebung von Chaussee- oder Brückengeldern herbeigeführt werden. In früheren Jahren sind, wie dies aus den Landtagsakten ersichtlich ist, Rheinbrückengemeinden wiederholt um Bewilligung der Erhebung von Brückengeldern eingeschritten. [7] Die Bewilligung wurde, abgesehen von der Rheinbrücke zu Bendern, [8] wo es sich damals gerade um besondere aktuelle Verhältnisse handelte, stets versagt, statt derselben aber entsprechend durch Subventionen geholfen. In der einen oder in der anderen Form wird eine Lösung dieser Frage gesucht werden müssen. Jedoch empfiehlt es sich, noch weitere Erhebungen hierüber zu machen, bevor ein wohlmotivierter Antrag nach dieser Richtung gestellt werden kann. Ihre Kommission beschränkt sich daher im Sinne des vorliegenden Berichtes auf folgenden Antrag:

Der Landtag gewährt der Gemeinde Vaduz zur Rekonstruktion der Rheinbrücke eine Subvention bis zu zwei Dritteln der diese Gemeinde treffenden Baukosten und lässt die Lösung der Frage, ob sich die Erhebung von Brückengeldern empfiehlt, vorläufig noch offen. [9]

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[1] LI LA LTA 1900/L01 (Ziff. 1 der Tagesordnung Nr. 4 des Landtagspräsidiums für die auf den 5.9.1900 anberaumte Landtagssitzung). Weitere Exemplare ebd. sowie unter LI LA LTA 1900/S03. Referent war Landtagspräsident Albert Schädler. Vgl. auch den Antrag der Finanzkommission betreffend die Gewährung eines Landesbeitrages für die Reparatur der Schaaner Rheinbrücke ebd. (Ziff. 2 der Tagesordnung). – Durch die stetige Erhöhung des Rheinbettes war bei allfällig auftretendem Hochwasser die Gefahr vorhanden, dass bei der tiefstehenden Rheinbrücke Vaduz-Sevelen die Wassermassen nicht den nötigen "Durchpass" finden würden und dadurch die Brücke dem Anprall des Wassers nicht standhalten könnte. Mit dem möglichen Wegschwemmen der Brücke war aber die noch grössere Gefahr eines Rheineinbruches bei der Brückenstelle verbunden (L.Vo., Nr. 9, 2.3.1900, S. 1 ("Vaduz").
[2] Vgl. das Protokoll über den Befund der Rheinbrücke Sevelen-Vaduz, gezeichnet am 16., 19. und 24.4.1900 (LI LA RE 1900/0834 ad 0377). Die Konferenz war zunächst auf den 13.3.1900 anberaumt worden (L.Vo., Nr. 11, 16.3.1900, S. 1 ("Vaduz")). Ein kurzer Bericht über die Konferenz findet sich in: L.Vo., Nr. 15, 13.4.1900, S. 1 ("Vaduz, 10. April").   
[3] Vgl. das Protokoll der ausserordentlichen Landtagssitzung vom 16.11.1870 (LI LA LTA 1870/S04/2).
[4] Vgl. das Protokoll der ordentlichen Landtagssitzung vom 22.12.1874 (LI LA LTA 1874/S04/2).  
[5] Vgl. das Protokoll der ordentlichen Landtagssitzung vom 19.6.1879 (LI LA LTA 1879/S04/2). Der Landtagsbeschluss betraf die Rheinbrücken Balzers, Vaduz, Schaan und Bendern.
[6] Vgl. das Schreiben von Landesverweser Karl von In der Maur an den Landtag vom 29.8.1900 (LI LA LTA 1900/S15/6).
[7] In der ordentlichen Sitzung vom 5.9.1885 war das Gesuch der Gemeinden Eschen und Gamprin um Einführung einer Wegmaut bzw. eines Brückengeldes für die Rheinbrücke in Bendern vom Landtag abgelehnt worden; der Landtag hatte jedoch zu den Reparaturkosten der Brücke 800 Gulden gewährt (LI LA LTA 1885/S04/2). Vgl. LI LA RE 1885/1080.
[8] Vgl. das Protokoll der ordentlichen Landtagssitzung vom 30.11.1895 betreffend den Wiederaufbau der abgebrannten Rheinbrücke Bendern-Haag (LI LA LTA 1895/S04/2): Der Landtag erteilte den Gemeinden Eschen und Gamprin unter der Voraussetzung, dass denselben von der Regierung die Einhebung eines Brückengeldes bewilligt werde, die Aufnahme eines mit 4 % verzinslichen Darlehens bei der Sparkassa im Betrage von 4000 bis 5000 Gulden. Das Brückengeld war zum Unterhalt der Brücke, zur Zahlung der Assekuranzprämie, zur Rückzahlung des Darlehenskapitals und zur Bestreitung der Zinsen zu verwenden. Die Einhebung eines Brückengeldes hatte nur so lange zu erfolgen, bis die Erstellungskosten der Brücke gedeckt waren und ein Fonds gebildet war, welcher genügte, um die Brücke im Falle eines neuerlichen Brandes unter Zuhilfenahme der Versicherungssumme wieder herzustellen.
[9] Der Antrag der Finanzkommission wurde vom Landtag in der ordentlichen Sitzung vom 5.9.1900 einstimmig angenommen (LI LA LTA 1900/S04/2; Schreiben des Landtagspräsidiums an die Regierung vom 5.9.1900 unter LI LA LTA 1900/S15/6 (Aktenzeichen: Landtag No. 27); L.Vo., Nr. 37, 14.9.1900, Beilage ("Landtags-Bericht über die Sitzung vom 5. September 1900")). Die amtliche Kollaudierung der "neuerbauten" Rheinbrücke Vaduz-Sevelen fand am 4.6.1901 statt.  – Zur Frage der zeitweiligen Einhebung von Brückengeldern in Vaduz, Balzers und Schaan vgl. die Protokolle der öffentlichen Landtagssitzungen vom 22.12.1902 (LI LA LTA 1902/S04/2) und vom 22.12.1903 (LI LA LTA 1903/S04/2). Vgl. ferner LI LA RE 1902/1854, LI LA LTA 1903/L03 und LI LA RE 1903/1867.