Der neu gegründete „Liechtensteinische Baugewerbe-Verband“ gibt sich Statuten


Maschinenschriftliche Statuten, nicht gez. [1]

29./30.6.1925, o.O. (vermutlich Schaan)

Statuten-Entwurf

§ 1

Name, Sitz, Zweck und Aufgaben des Verbandes

1. Unter dem Namen „Liechtensteinischer Baugewerbe-Verband“ besteht ein Verband, dessen Eintragung ins Vereinsregister zu erfolgen hat.

2. Er hat den Sitz am Wohnorte des Obmannes.

3. Er bezweckt die Wahrung der gemeinsamen Interessen der liechtensteinischen Baugewerbetreibenden und die Herbeiführung eines gemeinsamen Vorgehens in allen seine Mitglieder berührenden wirtschaftlichen und berufsgenossenschaftlichen Fragen.

Er hat somit vornehmlich die Aufgabe:

4.

a) Alle mit den Interessen seiner Mitglieder zusammenhängenden Angelegenheiten stetig zu verfolgen und zu beraten.  

b) Die Regelung der Verhältnisse zwischen Arbeitgeber und Arbeiter in einem beide Teile gleichmässig berücksichtigendem Sinne.

c) Regelung des Lehrlingswesens.

§ 2

Mitgliedschaft

1. Der Verband hat nur aktive Mitglieder.

2. Als aktive Mitglieder sollen alle konzessionierten Baugewerbetreibenden Meister aufgenommen werden, die ihren Sitz in Liechtenstein haben.

3. Zur Aufnahme in den Verband ist die schriftliche Anmeldung erforderlich.

4. Die Mitglieder können sich durch technische oder kaufmännische Angestellte ihrer Unternehmungen in einzelnen Fällen vertreten lassen.

§ 3

Rechte der Mitglieder:

1. Alle Mitglieder haben das Recht und die Pflicht zur Teilnahme an den vom Verband veranstalteten Versammlungen und Besprechungen und auf die Benutzung der für die Gesamtheit der Mitglieder geschaffenen Einrichtungen des Verbandes.

2. Die Mitglieder besitzen das Recht zu wählen und gewählt zu werden.

§ 4

Pflichten der Mitglieder:

1. Alle Mitglieder sind zur Beobachtung der Statuten und zur Förderung der Verbandszwecke verpflichtet.

2. Die Mitglieder haben eine einmalige Aufnahmsgebühr von Fr. 5.– und einen Jahresbeitrag von Fr. 5.– zu entrichten.

3. Die Beiträge sind im Vorhinein zu entrichten und ohne irgend welchen Abzug zahlbar.

§ 5

Austritt und Ausschliessung

1. Austrittsgesuche sind schriftlich auf Ende eines Kalenderjahres unter Beobachtung einer vierteljährlichen Kündigungsfrist dem Obmanne einzureichen.

2. Der Jahresbeitrag für das Jahr des Austrittes ist voll zu entrichten, auch für den Fall, dass der Ausschluss des Mitgliedes während desselben erfolgen sollte.

3. Die Mitgliedschaft erlischt durch:

Tod, Ausschluss, Wegzug aus Liechtenstein, allgemeine Zahlungsunfähigkeit, Nichterfüllung finanzieller Verpflichtungen dem Verbande gegenüber.

4. Mitglieder, welche in irgend einer Weise störend auf die Vereinstätigkeit einwirken, können durch den Ausschuss ausgeschlossen werden oder verfallen einer Busse von Fr. 10.– bis 100.–, welche in diesem Rahmen von der Vollversammlung festgelegt wird. Gegen einen solchen Ausschliessungs- bzw. Strafbeschluss steht dem Mitgliede die Berufung an die nächste Vollversammlung frei, welche in diesem Falle endgiltig entscheidet.

§ 6

Ausschuss, Rechte und Pflichten desselben:

1. Die Leitung des Verbandes obliegt dem Ausschuss. Derselbe besteht aus 5 von der Vollversammlung zu wählenden Mitgliedern und 1 Ersatzmann.

2. Die 5 Ausschussmitglieder sind:

Obmann: …

Obmannstellvertreter: …

Schriftführer, zugleich Kassier: …

Schriftführerstellvertreter und …

1 Beisitzer: …

3. Die Wahlen des Ausschusses erfolgen mit Stimmzettel mit absoluter Majorität; bei Stimmengleichheit entscheidet das Los.

4. Scheidet ein Mitglied während des Geschäftsjahres aus dem Ausschusse aus, so hat der Ersatzmann die bezügliche Stelle für die Dauer bis zur nächsten Vollversammlung auszufüllen.

5. Der Obmann vertritt den Verband den Behörden, Gerichten und dritten Personen gegenüber; er sorgt für die Aufrechterhaltung der Ordnung und für die Ausführung der Beschlüsse des Verbandes und des Ausschusses. Der Obmann und in dessen Verhinderungsfalle sein Stellvertreter führt bei den Sitzungen des Ausschusses und bei den Sitzungen des Verbandes den Vorsitz. Die Einberufung der Versammlungen und Sitzungen obliegt dem Obmanne.

6. Der Ausschuss verwaltet das Vermögen des Verbandes mit den Befugnissen eines Bevollmächtigten und unter Berücksichtigung der Statuten. Schriftliche Verträge und rechtsverbindliche Erklärungen werden für den Vereinsausschuss vom Obmann und dem Schriftführer rechtsgiltig gefertigt.

7. Dem Obmann steht das Recht zu, nach Bedarf Sitzungen des Ausschusses einzuberufen. Die diesbezüglichen Einladungen sollen in der Regel 5 Tage vorher an die Ausschussmitglieder erfolgen.

8. Beschlüsse werden mit absoluter Stimmenmehrheit gefasst; bei Stimmengleichheit entscheidet der Obmann.

§ 7

Versammlungen & Sitzungen

1. Die Versammlungen des Vereines sind:

a) ordentliche Vollversammlungen,

b) ausserordentliche Vollversammlungen,

c) Ausschusssitzungen.

2. Das Geschäftsjahr reicht vom 1. Oktober bis zum 30. September und ist nach Ablauf eines solchen längstens in 2 Monaten die ordentliche Vollversammlung abzuhalten. Die Tagesordnung wird vom Ausschuss festgesetzt und ist 14 Tage vor dem Tage der Vollversammlung den Mitgliedern schriftlich bekannt zu geben.

3. Ausserordentliche Vollversammlungen können über Beschluss des Ausschusses einberufen werden und müssen einberufen werden, wenn mindestens ein Fünftel der Mitglieder eine solche schriftlich verlangt; eine solche ausserordentliche Vollversammlung hat spätestens 3 Wochen nach dem Tage des Empfanges des bezüglichen Schriftstückes stattzufinden und ist mindestens 8 Tage vorher mit Bekanntgabe der Tagesordnung den Mitgliedern schriftlich anzuzeigen.

4. Sämtliche Mitglieder sind verpflichtet, den Versammlungen beizuwohnen. Als Entschuldigung gelten:

Krankheit, Heirat, Tauf- oder Sterbefall, geschäftliche Verhinderung. Über Glaubhaftigkeit und Stichhältigkeit entscheidet der Vorstand. Bei straffälligem Nichterscheinen kann eine Busse von Fr. 2.– eingehoben und im Wiederholungsfalle von der Versammlung das Strafausmass verdoppelt werden.

5. Zur Beschlussfähigkeit einer Vollversammlung genügt die ordnungsmässige Ausschreibung derselben.

6. Anträge der Mitglieder müssen 8 Tage vor der Vollversammlung dem Ausschuss schriftlich angezeigt werden, widrigenfalls solche als Dringlichkeitsanträge behandelt werden.

7. Der Kompetenz der Vollversammlung ist vorbehalten:

a) Entgegennahme des Jahresberichtes und Entlastung des Ausschusses,

b) Änderung der Aufnahmsgebühren und der Jahresbeiträge,

c) Wahl des Ausschusses auf die Dauer von 2 Jahren,

d) Beschlussfassung über vorliegende Anträge.

8. In allen Versammlungen des Verbandes werden die Beschlüsse mit absoluter Majorität gefasst.

§ 8

Schiedsgericht

1. Alle aus den Verbandsverhältnissen entstehenden Streitigkeiten zwischen Mitgliedern unter sich oder zwischen denselben und dem Ausschuss entscheidet endgiltig ein Schiedsgericht.

2. Dieses besteht aus je zwei von jedem Streitteil aus den Verbandsmitgliedern zu wählenden Schiedsrichtern, welche ihrerseits ein fünftes Verbandsmitglied als Obmann wählen. Bei Streitigkeiten in der Wahl des Obmannes entscheidet das Los.

3. Zur Beschlussfähigkeit des Schiedsgerichtes ist die Anwesenheit sämtlicher Mitglieder desselben erforderlich. Gültige Beschlüsse des Schiedsgerichtes werden mit absoluter Stimmenmehrheit gefasst.

§ 9

Auflösung des Verbandes:

1. Die Auflösung des Verbandes kann nur in einer zu diesem Zwecke eigens einzuberufenden Vollversammlung, in welcher mindestens die Hälfte der Mitglieder anwesend ist, mit einer Majorität von zwei Dritteln der anwesenden Stimmen beschlossen werden.

2. Ist die erste der zu diesem Zwecke einberufenen Vollversammlung nicht beschlussfähig, so wird binnen 14 Tagen eine zweite Vollversammlung einberufen, welche ohne Rücksicht auf die Zahl der anwesenden Mitgliedern beschlussfähig ist. Im Falle der Stimmengleichheit entscheidet der Obmann.

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[1] LI LA RE 1925/2712. Stempel der liechtensteinischen Regierung. Gemäss handschriftlichem, von Regierungschef Gustav Schädler gezeichnetem Vermerk wurden die  Statuten am 30.6.1925 von der Regierung genehmigt. Der Statutenentwurf war der Regierung am 29.6.1925 vom Schaaner Baumeister Lorenz Hilti vorgelegt worden (Aktenvermerk, ebd.).