Dem Prinzen Franz von Liechtenstein wird am Wiener Hof der Rang eines Mitgliedes eines souveränen regierenden Hauses nach Massgabe der unter den deutschen regierenden Fürstenhäusern bestehenden Rangordnung zuerkannt


Handschriftliche Abschrift des Manuskripts des Ministers des kaiserlichen und königlichen Hauses und des Äussern, Gustav Kalnoky von Köröspatak, gez. ders., für den Vortrag bei Kaiser Franz Josef I. [1]

2.6.1886, Wien 

Allergn. [Allergnädigster] Herr!

In Erwägung der Gründe, welche mein Vorgänger Freiherr [Heinrich] von Haymerle mit seinem ganz geh. [gehorsamsten] Vortrage vom 24. September 1880, welche ich anneben wieder in Vorlage zu bringen die Ehre habe, zu unterbreiten in der Lage war, geruhten E.M. [Eure Majestät] mit Allerh. [Allerhöchsten] Entschliessung, ddo. Mürzsteg 3. October 1880, den beiden Geschwistern des souveränen Fürsten [Johann II.] von und zu Liechtenstein u. zw. der damals noch unvermählt gewesenen Princessin Therese sowie dem zur Regierungs-Nachfolge berufenen Bruder Prinzen Franz, u.zw. Letzterem eventuell auch für seine Gemahlin und die im elterlichen Hause sich aufhaltenden minderjährigen Kinder, das Recht der Exterritorialität zuzuerkennen. [2]

Was nun die Rangstellung der Mitglieder des souveränen Fürstenhauses Liechtenstein anbelangt, so wurde bereits im Jahre 1837, als zwischen diesem k.u.k. Minist. des Äussern /: damals k.k. Haus-, Hof- und Staatskanzlei :/ und dem Obersthofmeisteramte ein diesfälliges Übereinkommen stattfand, die Entscheidung über die Stellung der Nachgeborenen des erwähnten Fürstenhauses ausdrücklich jenem Zeitpunkte vorbehalten, zu welchem der regierende Fürst von und zu Liechtenstein Anträge nach dieser Richtung formulirt haben würde, was aber weder von dem verstorbenen Fürsten Aloys [Alois II.], noch bis jetzt von dem regierenden Fürsten Johannes geschah.

Hingegen hat Letzterer kürzlich mittels der in Abschrift anverwahrten Verbalnote [3] das Ersuchen an mich gestellt von E.M. eine dahin zielende Allerh. Resolution zu erwirken, damit für den Prinzen Franz von und zu Liechtenstein, seinem Bruder und nächsten Successionsanwärter, die Rangstellung an dem kaiserl. Hofe als Mitglied eines souveränen regierenden Fürstenhauses nach Massgabe der unter den deutschen regierenden Fürstenhäusern bestehenden Rangordnung normirt werde.

Nachdem dieses Ersuchen auf einem thatsächlichen Rechte begründet ist, welchem E.M. bereits mit der von mir eingangs erwähnten Allerh. Entschliessung vom 3. October 1880 bezüglich der Exterritorialität des Prinzen Franz Rechnung zu tragen geruhten, so glaube ich, E.M. im Einvernehmen mit Allerh. Dero Ersten Obersthofmeister das Allerhuldr. [Allerhuldreichste] Eingehen auf den Wunsch des regierenden Fürsten von und zu Liechtenstein ganz geh. einrathen zu dürfen.

Für den Fall, dass E.M. Allerh. Sich in diesem Sinne zu entschliessen geruhen sollten, glaube ich, das Erlassen zweier Allerh. Handbillets an E.M. Ersten Obersthofmeister Prinzen Constantin zu Hohenlohe-Schillingsfürst sowie an mich in Vorschlag bringen zu dürfen, deren Entwürfe sowie den Wortlaut der Allerh. Resolution ich hieneben ganz geh. zu unterbreiten nicht verfehle. [4]

______________

[1] AT ÖStA, HHStA, Ministerium des Äussern, Administrative Registratur F2, Fremde Souveraine, Staaten, Karton 53, Liechtenstein (Aktenzeichen des Ministeriums: No. 13256/1. Kopie pro actis: ad Z. 14055/1) bzw. als Kopie unter LI LA SgK 020.
[2] Vgl. die Kundmachung des Justizministeriums vom 5.11.1880, betreffend die Zuerkennung des Rechtes der Exterritorialität an die Prinzessin Therese von Liechtenstein und den Prinzen Franz von Liechtenstein, öst. RGBl. 1880 Nr. 134.
[3] Liegt dem Akt nicht bei.
[4] Kaiser Franz Josef kam dem Vorschlag Kalnokys mit Allerhöchster Resolution vom 6.6.1886 nach (AT ÖStA, ebd.). Vgl. in diesem Zusammenhang auch das Allerhöchste Handschreiben vom 4.5.1888, in welchem der Kaiser die Hofrangordnung für die sukzessionsberechtigten fürstlich-liechtensteinischen Agnaten regelte (AT ÖStA, ebd., bzw. LI LA SgK 013).