Einblattdruck[1]
Vaduz, 14.7.1919
An die Bevölkerung Liechtensteins!
Liechtenstein, sein Volk und sein Land wollen ihre nationale Ehre makellos erhalten. Glücklich sind wir unter dem Schirm der Vorsehung über die schwierigen Kriegszeiten hinweggekommen; Ordnung und Ruhe haben wir im Lande gehabt, unser kleines Völklein setzte sein Alles an seine Ehre, Liechtensteins Name hatte bisher in Ost und West einen guten Klang.
Soll es nun anders werden? Jüngste Vorkommnisse, überhandnehmender Schmuggel und Widersetzlichkeiten gegen die ihre beschworene Pflicht ausübenden Finanzorgane und Grenzwächter drohen diesen guten Ruf so zu schädigen, dass weder die Schweiz, noch Deutschösterreich geneigt sein werden, mit unserem verschrienen Lande zu unterhandeln. Unsere Zollanschlussunterhandlungen werden nur erschwert. Ihr und Eure Kinder müssen schliesslich die Folgen tragen!
Liechtensteiner! helfet Eurer Regierung Gesetze und Verträge aufrecht zu erhalten. Pflicht und Liebe zur Ordnung gebieten es. Eure Behörden werden das Möglichste tun, um den gerechten Wünschen und Bedürfnissen des Volkes entgegenzukommen. Helfet uns mit zur Ordnung an den Landesgrenzen und zur ruhigen Entwicklung im Innern.
Von Eurem Gerechtigkeitssinn, von Euerem Ordnungssinn erwarten wir die Beobachtung der getroffenen Anordnungen. Sehr bedauern müssten wir, wenn wir durch die Verhältnisse gezwungen würden, tiefgreifende Zwangsmassnahmen anzuordnen.
Wir appellieren nochmals an die Einsicht, den guten Willen und den Ordnungs- und Autoritätssinn des Liechtensteiner Volkes, der Gemeinden und des Einzelnen und hoffen, mit Gottes Schutz und Segen unser Land einer glücklicheren Zukunft entgegenzuführen.
Vaduz, den 14. Juli 1919.
Für die fürstliche Regierung:
Prinz Karl von Liechtenstein.
Franz Josef Marxer, Regierungsrat.
Dr. Wilhelm Beck, Regierungsrat.
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