Das Grenzdetachement Nordostschweiz erlässt Vorschriften für den grossen und kleinen Grenzverkehr aus Deutschland, Österreich und Liechtenstein


Gedrucktes Plakat des Kommandos des Grenzdetachements Nordostschweiz, nicht gez. [1]

1.5.1919, Schaffhausen

Bekanntmachung an die Grenzbevölkerung (Kreis Maienfeld und Kantone St. Gallen, Thurgau, Zürich und Schaffhausen)

1. Im Abschnitt Nord-Ost-Schweiz (Luziensteig inkl. bis Kaiserstuhl exkl.) wird als Ausweis zum Überschreiten der schweizerischen Landesgrenze ein regelrechter Reisepass verlangt.

2. Für den grossen Grenzverkehr, d.h. den eigentlichen Reiseverkehr, sind neben dem Reisepass die in der bundesrätlichen Verordnung betreffend die Grenzpolizei und die Kontrolle der Ausländer (Bern, den 21. November 1917) [2] vorgeschriebenen Ausweise erforderlich.

Für den grossen Grenzverkehr sind folgende Passierstellen geöffnet:

Buchs-Feldkirch Bahnverkehr

Buchs-Schan Brückenverkehr

Monstein (Au)-Lustenau Brückenverkehr

St. Margrethen-Bregenz Bahnverkehr

Rorschach Bahn- und Schiffsverkehr

Romanshorn Bahn- und Schiffsverkehr

Kreuzlingen-Konstanz (Kreuzlinger Tor) Strassenverkehr

Emmishofen-Konstanz Bahnverkehr

Thayngen-Gottmadingen Bahnverkehr

3. Für den kleinen Grenzverkehr gelten die folgenden Vorschriften:

A. Der kleine Grenzverkehr umfasst den Verkehr zwischen Ortschaften beiderseits der Grenze, welche im allgemeinen nicht mehr als 15 km. von derjenigen Passierstelle entfernt liegen, über welche die kürzeste Verbindung führt.

An jeder Passierstelle liegt eine Karte zur Einsicht auf, aus welcher ersichtlich ist, wie weit der kleine Grenzverkehr über diese Stelle zulässig ist.

B. Für diesen kleinen Grenzverkehr ist schweizerischerseits ein Sichtvermerk der Heerespolizei in einem Reisepass erforderlich.

Um den Sichtvermerk zu erhalten, ist der Heerespolizei einzureichen:

a) Ein Reisepass ohne konsularisches oder diplomatisches Visum.

b) Eine Bescheinigung der zuständigen Gemeindebehörde, dass der Gesuchsteller seinen ständigen Wohnsitz in der von ihm bezeichneten Gemeinde hat.

c) Geeignete Beweise dafür, dass der Gesuchsteller berechtigte und erhebliche Gründe für den Grenzverkehr geltend machen kann.

Diese Gesuche müssen mindestens 4 Tage im Voraus dem nächstgelegenen Heerespolizeiposten eingereicht werden.

Der Sichtvermerk wird nur erteilt, wenn der Gesuchsteller seinen ständigen Wohnsitz in einer Gemeinde hat, welche in eine unter A bezeichnete Grenzzone fällt.

Der Sichtvermerk berechtigt zum Überschreiten der Grenze über eine bestimmte Passierstelle und zum Verkehr zwischen bestimmten Ortschaften.

Schwerer oder fortgesetzter Missbrauch der Bewilligung hat ohne Rücksicht auf allfällige disziplinarische oder gerichtliche Bestrafung Entzug derselben durch die Heerespolizei oder Zollbehörde zur Folge.

C. Der Sichtvermerk wird im Einverständnis mit der Zollbehörde nach Massgabe des Bedürfnisses auf höchstens drei Monate Gültigkeitsdauer erteilt.

D. In Ausnahmefällen, das heisst, wenn die Zeit zur Beschaffung eines Passes oder zur Einholung des Sichtvermerkes nicht ausreicht, kann gegen Vorweisung von Belegen unverdächtigen Personen ein einmaliges Überschreiten der Grenze gestattet werden. Diesbezügliche Gesuche sind an der betreffenden Passierstelle dem Heerespolizeiposten einzureichen, welcher daraufhin einen Passierschein ausstellt.

Der Passierschein berechtigt nur für einmaligen Grenzübertritt, hat eine Gültigkeit von 3 Tagen und ist bei der Rückkehr dem Heerespolizeiposten wieder abzugeben.

E. Den im Auslande wohnhaften Inhabern von Sichtvermerken ist untersagt, innerhalb des schweizerischen Gebietes andere als die in dem Ausweise bezeichnete oder auf der kürzesten Reisestrecke liegende Ortschaften zu besuchen.

4. Für den kleinen Grenzverkehr im Sinne von Ziffer 3 stehen die folgenden Passierstellen zur Verfügung.

Passierstellen Nr.

1 Luziensteig-Balzers Strassenverkehr

2 Trübbach-Kl. Mels Brückenverkehr

3 Sevelen-Vaduz Brückenverkehr

4 Buchs-Schan Brückenverkehr

5 Buchs-Schan Bahnverkehr

6 Hag-Bendern Brückenverkehr

7 Büchel-Bangs Brückenverkehr

8 Oberriet-Meiningen Brückenverkehr

9 Montlingen-Kolbach Brückenverkehr

10 Kriesern-Mäder Brückenverkehr

11 Schmitter-Hatlerdorf Brückenverkehr

12 Widnau-Wiesenrhein Brückenverkehr

13 Oberfahr (Au)-Lustenau Brückenverkehr

14 Monstein (Au)-Lustenau Brückenverkehr

15 St. Margrethen-Haag Bahnverkehr

16 St. Margrethen-Höchst Brückenverkehr

17 Rheineck-Gaissau Brückenverkehr

18 Kreuzlingen-Konstanz (Kreuzlingertor) Strassenverkehr

19 Emmishofen-Konstanz Strassenverkehr

20 Emmishofen-Konstanz Bahnverkehr

21 Tägerwilen-Konstanz Strassenverkehr

22 Steckborn-Hemmenhofen Schiffsverkehr

23 Stein a. Rh.-Öhningen Strassenverkehr

24 Ramsen-Rielasingen Bahnverkehr

25 Ramsen-Rielasingen Strassenverkehr

26 Buch-Gottmadingen Strassenverkehr

27 Buch-Randegg Strassenverkehr

28 Diessenhofen-Gailingen Brückenverkehr

29 Dörflingen-Gailingen Strassenverkehr

30 Dörflingen-Randegg Strassenverkehr

31 Büsingen-Gailingen (Durchpass) Strassenverkehr

32 Thayngen-Bietingen Strassenverkehr

33 Thayngen-Ebringen Strassenverkehr

34 Thayngen-Gottmadingen Bahnverkehr

35 Thayngen-Schlatt Strassenverkehr

36 Hofen-Büsslingen Strassenverkehr

37 Altdorf-Uttenhofen Stassenverkehr

38 Altdorf-Wiechs Strassenverkehr

39 Merishausen (Schlauch)-Wiechs Strassenverkehr

40 Bargen (Schlauch)-Wiechs Strassenverkehr

41 Bargen-Neuhaus Strassenverkehr

42 Beggingen (Schlatterhof)-Füetzen Strassenverkehr

43 Oberwiesen-Stühlingen Strassenverkehr

44 Unterhallau-Eberfingen Strassenverkehr

45 Unterhallau-Eggingen Strassenverkehr

46 Trasadingen-Erzingen Strassenverkehr

47 Wilchingen-Erzingen Bahnverkehr

48 Wilchingen-Weissweil Strassenverkehr

49 Osterfingen (Wangental)-Jestetten Strassenverkehr

50 Neuhausen (Durstgraben)-Jestetten Strassenverkehr

51 Neuhausen-Altenburg Bahnverkehr

52 Nohl (obere Strasse)-Altenburg Strassenverkehr

53 Nohl (untere Strasse)-Altenburg Strassenverkehr

54 Rheinau-Altenburg Brückenverkehr

55 Rüdlingen-Nack Strassenverkehr

56 Rafz-Lotstetten Strassenverkehr

57 Rafz-Lotstetten Bahnverkehr

58 Rafz-Baltersweil Strassenverkehr

59 Buchenloo-Dettighofen Strassenverkehr

60 Hüntwangen-Bühl Strassenverkehr

61 Wasterkingen-Günzgen Strassenverkehr

An jeder Passierstelle sind durch Anschlag die Tageszeiten bekannt gemacht, während denen das Passieren der Grenze gestattet ist.

5. Längs der Grenze besteht eine militärische Sperrzone, die im Gelände durch Bekanntmachungstafeln bezeichnet ist. Zum Betreten der Sperrzone ist eine von der Heerespolizei ausgestellte Ausweiskarte notwendig. Diese Ausweiskarten können auf den Gemeinderatskanzleien der schweizerischen Grenzgemeinden in Empfang genommen werden.

Die Ausweisekarten werden gratis abgegeben.

6. Der gesamte Schiffs-, Motorboots- und Gondelverkehr auf dem Bodensee, Untersee und Rhein, im Abschnitt Nord-Ost-Schweiz, wird der militärischen Kontrolle unterstellt.

Für die Durchführung im Speziellen und für die Besonderheit in den einzelnen Grenzgewässern hat das Kommando Grenzdetachement Nord-Ost-Schweiz Vorschriften betreffend den Bootsverkehr auf den Grenzgewässern im Abschnitt Nord-Ost-Schweiz erlassen.

Diese Vorschriften liegen auf jedem Militär-, Zoll- und Heerespolizei-Posten und bei den Gemeindebehörden zur allgemeinen Einsicht auf. Einzelne Exemplare können von der Heerespolizei bezogen werden.

7. Es ist verboten:

a) Die Grenze ausserhalb der Passierstellen zu überschreiten.

b) Die Grenze im kleinen Grenzverkehr an andern als der im Sichtvermerk oder Passierschein bezeichneten Stelle, oder an erlaubter Passierstelle ohne korrekten Pass oder Passierschein zu überschreiten.

c) Die Grenze zu andern als den bekannt gegebenen Tageszeiten zu überschreiten.

d) Die militärische Sperrzone zu andern als zu Arbeitszwecken oder zu besonders gestatteten Verrichtungen zu betreten.

e) Die militärische Sperrzone zwischen Sonnenuntergang und Sonnenaufgang zu betreten (ohne Rücksicht auf den Zweck).

f) Im Rhein innerhalb des Abschnittes Sargans bis und mit Bruggerhorn Holz zu fischen. Dieses Verbot gilt für jedermann.

Während der Hochwasserperioden können Bewohner der schweiz. Grenzgemeinden Bewilligungen für das Holzfischen im Rhein, im genannten Abschnitt, auf Gesuch hin erhalten. Diese Gesuche, denen ein Leumundszeugnis und ein Nachweis über die Wohnzuständigkeit des Gesuchstellers beizulegen ist, können beim nächsten Heerespolizeiposten eingereicht werden.

Die Heerespolizei ist ermächtigt, im Einverständnis mit den Zollbehörden oder nötigenfalls von sich aus, die Erteilung der Bewilligung zu verweigern. Missbrauch der Bewilligung hat deren sofortigen Entzug zur Folge.

g) Die im Gelände angeschlagenen militärischen Plakate und Bekanntmachungen zu zerreissen oder zu entfernen.

8. Das Abgeben von Zeichen oder Signalen jeder Art im Grenzgebiet ist verboten.

9. Dem Befehl „Halt" oder der Aufforderung einer Schildwache oder Patrouille „näher zu treten" oder „an Land zu kommen", hat jedermann sofort Folge zu leisten, auch solche Personen, welche im Besitze von Ausweisschriften oder einer Bewilligung sind.

Im Besonderen gilt für Fischer: Ist der Fischer gerade mit dem Setzen oder Heben von Netzen beschäftigt, so antwortet er auf die Aufforderung „an Land zu kommen" mit „Fischer kommt". Daraufhin ist ihm gestattet, die Netze in Sicherheit zu bringen. Im übrigen hat er sich ebenfalls den Anordnungen der Kontrollorgane zu fügen.

10. Der Bevölkerung wird in Erinnerung gebracht, dass die Schildwachen und Patrouillen geladene Gewehre tragen und Befehl haben, wenn nötig gegen alle Personen, die ihren Weisungen nicht nachkommen, von der Waffe Gebrauch zu machen.

11. Widersetzlichkeit und Tätlichkeit gegenüber den Grenzschutzorganen werden, sofern sie nicht ein schwereres Militärdelikt in sich schliessen, als solche verfolgt und bestraft.

12. Jede Widerhandlung gegen die vorstehende Bekanntmachung wir nach Art. 6 und 7 der Strafbestimmungen für den Kriegszustand vom 6. August 1914 militärstrafrechtlich verfolgt und bestraft. [3] Vorbehalten bleibt die Verfolgung bei Nichtbeachtung der Zollgesetze und Ausfuhrverbote.

13. Vorstehende Bekanntmachung tritt am 1. Mai 1919 in Kraft. Dadurch werden alle früheren vom Kommando Grenzdetachement N.O.S. herausgegebenen Bekanntmachungen aufgehoben. [4]

______________

[1] LI LA RE 1919/2226 ad 0541. Bekanntmachung N.O.S. Nr. 16. Das Begleitschreiben des Kommandos des Grenzdetachements Nordostschweiz an die liechtensteinische Regierung datiert vom 1.5.1919 (ebd.). Vgl. die diesbezügliche Kundmachung der liechtensteinischen Regierung vom 8.5.1919 in: L.Vo., Nr. 37, 10.5.1919, S. 4; O.N., Nr. 33, 10.5.1919, S. 4: Darin wurde festgehalten, dass Bewilligungen für die Einreise in die Schweiz im Rahmen des grossen Grenzverkehrs bei der schweizerischen Passstelle in Feldkirch einzureichen seien; gleichzeitig wurde ein Auszug aus den schweizerischen Bestimmungen über den kleinen Grenzverkehr verlautbart. Vgl. in diesem Zusammenhang die Bekanntmachung des Grenzdetachements Nordostschweiz vom 15.3.1918 an die Bevölkerung längs des Bodensees, des St. Galler Rheintales und des Kreises Maienfeld (LI LA RE 1918/0520). Vgl. weiters die Kundmachung betreffend den Reiseverkehr nach der Schweiz (L.Vo., Nr. 32, 9.8.1918, S. 1) bzw. die Kundmachung betreffend den grossen Grenzverkehr nach der Schweiz (L.Vo., Nr. 38, 20.9.1918, S. 1).
[2] AS, Bd. XXXI-II, Nr. 67, 21.11.1917, S. 959-967.
[3] Verordnung betreffend Strafbestimmungen für den Kriegszustand vom 6.8.1914, AS 30, S. 370-372.
[4] Am 8.5.1919 erging ein Antwortschreiben des Landesverwesers Karl von Liechtenstein an das Kommando des Grenzdetachements Nordostschweiz in Schaffhausen, in dem über die Kundmachung in Liechtenstein berichtet wurde (LI LA RE 1919/2226 ad 0541).