Maschinenschriftliches Schreiben von Edmund von Tscharner, Geschäftsführer der Holzeinkaufsstelle Schweizerischer Papier- und Papierstoff-Fabrikanten, gez. in Vertretung E. Giezendanner, an Landesverweser Leopold von Imhof (via Postamt Sevelen) [1]
4.11.1916, Bern
Hochgeehrter Herr Landesverweser
Unter bester Verdankung Ihres sehr geehrten Schreibens vom 20. Oktober a.c. [2] möchten wir uns gestatten, Ihnen heute vorerst einen Vorentscheid unseres Volkswirtschaftsdepartements wegen dem Viehexportgesuch von Josef Gassner und Konsorten von Triesenberg in Kopie mitzuteilen. [3] Wir bitten Sie, uns in einem amtlichen Schreiben das Verlangte bekanntgeben zu wollen. [4] Es wird mehr Wirkung haben, wenn diese Mitteilung und das Versprechen auf weitere Holzlieferungen direkt von Ihnen stammt und so unserem Volkswirtschaftsdepartement mitgeteilt werden kann, als wenn nur wir von uns aus diese Angaben machen.
Wie Euer Hochwohlgeboren wohl wissen, wir bei uns von gewissen Leuten beständig aus uns unbekannten Gründen gegen Lichtenstein gehetzt, wie Sie auch aus dem Ihnen wohl schon bekannten Artikel im "Bund" Nr. 509 vom 29. Oktober a.c. [5] ersehen haben werden. Es wird hier eben immer wieder behauptet und in die Öffentlichkeit hinausgeschrieen, dass Lichtenstein den grössten Teil der ihm aus der Schweiz bewilligten Importe mit grösstem Gewinn wieder an Österreich abgebe.
Es wäre erwünscht, wenn Sie in Ihrem Schreiben an uns auch diese Behauptungen entkräften würden.
Auf den übrigen Teil Ihres geschätzten Briefes werden wir uns gestatten, ebenfalls möglichst bald zurückzukommen.
Mit dem Ausdruck vorzüglichster Hochachtung
und ergebensten Grüssen
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[1] LI LA SF 13/1916/3960 ad 31/1053. Kürzel: T/RH. Eingangsstempel der Regierung vom 7.11.1916.
[2] LI LA SF 13/1916/3759 ad 31/1053, Imhof an Tscharner, 20.10.1916. Imhof hatte Tscharner angefragt, ob die Holzeinkaufsstelle Interesse an Holz habe, das die Gemeinde Triesenberg schlagen werde, und ihn gebeten, sich für das Gesuch von Gemeindevorsteher Josef Gassner um eine Ausfuhrbewilligung für acht Stück Zuchtvieh zu verwenden.
[3] LI LA SF 13/1916/3960 ad 31/1053, Abteilung für Landwirtschaft des Schweizerischen Volkswirtschaftsdepartements an Holzeinkaufsstelle Schweizerischer Papier- und Papierstoff-Fabrikanten, 25.10.1916. Das Volkswirtschaftsdepartement hatte mitgeteilt, es könne das Gesuch erst nach Einlangen weiterer Angaben behandeln, insbesondere über die Rolle der Gesuchsteller bei den Holzlieferungen an die Holzeinkaufsstelle.
[4] LI LA SF 13/1916/3960 ad 31/1053, Imhof an Tscharner, 17.11.1916. Imhof teilte Tscharner mit, er solle wegen des Viehausfuhrgesuchs angesichts der ablehnenden Haltung des Volkswirtschaftsdepartements keine weiteren Schritte unternehmen.
[5] Der Bund, Nr. 509, 29.10.1916, S. 3 ("Teuerung im Fürstentum Liechtenstein"). Der Artikel wurde mit einem Kommentar veröffentlicht in O.N., Nr. 45, 4.11.1916, S. 2.