Der Geschäftsführer der Holzeinkaufsstelle der Schweizer Papierindustrie teilt mit, dass die Entente den Weiterverkauf von Importwaren nach Liechtenstein untersagt habe


Maschinenschriftliches Schreiben von Edmund von Tscharner, Geschäftsführer der Holzeinkaufsstelle schweizerischer Papier- und Papierstoff-Fabrikanten, an Landesverweser Leopold von Imhof (via Postamt Sevelen) [1]

17.6.1916, Bern

Hochgeehrter Herr Landesverweser!

Kurz vor meiner Abreise nach Chur beehre ich mich, Ihnen in aller Eile und Kürze noch folgende Mitteilung zu unterbreiten:

Herr [Nikolaus] Beck hat mich von Ihren Wünschen hinsichtlich Lebensmittelbesorgung für Lichtenstein aus der Schweiz benachrichtigt. Sofort sind schon von heute morgens an die geeignet scheinenden Schritte bei den massgebenden schweizerischen Stellen getan worden. Leider mit wenig Erfolg. Wir mussten erfahren, dass durch direktes Eingreifen der Vertretungen der Entente, vornehmlich Englands, die weitere Abgabe von Importwaren, deren Eingang in die Schweiz von den Westmächten kontrolliert wird, an Lichtenstein unmöglich geworden sei. Es betrifft dies hauptsächlich Brod- und Futtergetreide, Pflanzenfette, Chokolade etc. etc. Die Entente begründet diese an die Duldung der Versorgung der Schweiz geknüpfte Bedingung damit, dass schon früher von Lichtenstein dort aus der Schweiz eingeführte Lebensmittel nach Österreich weiter gelangt seien, und dass auch jetzt bei den bestehenden Grenzverhältnissen gar keine Gewähr dafür vorhanden sei, dass das der Entente feindliche Kaiserreich nicht Vorteile aus der Bewilligung von Lebensmittel-Ausfuhr von der Schweiz – und indirekt den Westmächten – nach Lichtenstein ziehe.

Da die Schweiz hinsichtlich der genannten Waren selbst gänzlich von der Entente abhängig ist, so wird, trotz dem besten Willen ihrerseits, gegen diese Bedingung nicht viel zu machen sein.

Nur eigene Landesprodukte, über die wir natürlich frei verfügen, wie z.B. Nutzvieh, Käse etc. könnten eventuell zur Verfügung gestellt werden.

Wir werden nicht ermangeln, die Angelegenheit in Ihrem Interesse mit aller möglichen Energie weiter zu verfolgen und uns gern gestatten, Ihnen baldmöglichst wieder zu berichten, hoffentlich in etwas günstigerm Sinne.

Mit vorzüglicher Hochachtung, ergebenst

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[1] LI LA SF 13/1916/2401 ad 31. Eingangsstempel der Regierung vom 19.6.1916.