Das österreichische Aussenministerium erkundigt sich bei der Hofkanzlei, ob Liechtenstein den Ententestaaten den Krieg erklärt hat


Schreiben des k.u.k. Ministeriums des k.u.k. Hauses und des Äussern (Unterschrift unleserlich) an die Hofkanzlei (maschinenschriftliche Abschrift der Hofkanzlei zuhanden der Regierung) [1]

8.4.1918, Wien

Behelfe für das vom Geheimen Justizrat Dor. [Theodor] Niemeyer in Kiel herausgegebene Jahrbuch des Völkerrechts [2]

Laut einer Note der hiesigen kais. Deutschen Botschaft beabsichtigt Professor Geheimer Justizrat Dor. Niemeyer in Kiel, in dem von ihm herausgegebenen "Jahrbuch des Völkerrechts" einen Katalog der Kriegserklärungen und des Abbruchs der diplomatischen Beziehungen während des gegenwärtigen Weltkrieges unter Beifügung des Wortlautes der betreffenden Urkunden zusammenzustellen, aus welchem Anlasse er die kaiserl. deutsche Regierung um amtliche Bekanntgabe des genauen Zeitpunktes der in Frage kommenden Erklärungen und ihres Inhalts gebeten hat.

Erhaltenem Auftrage zufolge hat nun die genannte Mission die Vermittlung des k.u.k. Ministeriums des Äussern in Anspruch genommen um zu erfahren, ob etwa zwischen Liechtenstein und den Ententestaaten eine Kriegserklärung oder der Abbruch der diplomatischen Beziehungen erfolgt ist.

Das k.u.k. Ministerium des Äussern beehrt sich, die fürstlich Liechtenstein'sche Hofkanzlei ergebenst zu ersuchen, ihm gefälligst die Antwort bekannt geben zu wollen, die der hiesigen deutschen Botschaft zu erteilen wäre. [3]

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[1] LI LA RE 1918/1625. Aktenzeichen: Nr. 30.760/7. Das Dokument wurde der Regierung mit Schreiben vom 12.4.1918 zugestellt durch die Hofkanzlei.
[2] Niemeyer veröffentlichte im "Jahrbuch des Völkerrechts", Bd. 3 (1916)–8 (1922) sechs Sonderbände zum Thema "Die völkerrechtlichen Urkunden des Weltkrieges".
[3] Die Hofkanzlei schlug folgende Antwort vor: Eine Kriegserklärung sei nicht erfolgt, die diplomatischen Beziehungen seien bis zum Kriegseintritt der Vereinigten Staaten durch deren Botschaft in Wien wahrgenommen worden (LI LA RE 1918/1625, Hofkanzlei an Regierung, 12.4.1918). Zum Standpunkt von Landesverweser Leopold von Imhof vgl. LI LA RE 1918/1625, Imhof an Hofkanzlei, 16.4.1918.