Das "Liechtensteiner Volksblatt" verspottet den Rechenschaftsbericht der Regierung als eine parteipolitische Abrechnung


Artikel im "Liechtensteiner Volksblatt“ [1]

11.11.1922

Einst und jetzt

Wer sehen will, der sehe! Welche Änderung heute in unserem Regierungsgebäude. Waren da laut amtl. Rechenschaftsbericht [2] und einschlägigen O.N.-Berichten [3] lauter ganz und gar unfähige oder gar f... Regierungschefs mit schlechtem Gewissen, die weiss Gott, ausser einer Menge grosser und kleiner Vergehen scheints gar nichts leisteten. Ist doch im ganzen Amtsbericht, auf Grund und mit Hilfe dessen diese Herren für alle Zeiten abgetan sein sollen, keine einzige ordentliche, fruchtbringende Leistung derselben verzeichnet. Also muss es doch so sein. Wenn aber irgend in einem Winkel der Regierungskanzlei eine Fliege ein gefehltes Ei legte oder ein dahin verirrter Floh einen schiefen Hopser machte, so war ein solches Verbrechen doch rein nur dem Chef seine Schuld. Der musste doch alles sehen und alles selbst gemacht haben, obwohl er ja nichts tat. Heute ist das gottlob überwunden. Der neue Herr Chef [Gustav Schädler] ist so vielseitig und Fehler wie Versehen sind bei ihm ganz unmöglich. Und wenn schon gelegentlich so ein verteufeltes Amtsstiefelchen passiert, so ist das Malheur ja nur so einem Malefiz-Kanzleibeamten, event. dem Herrn Stellvertreter zuzuschreiben. Was vermag sich da heute der sonst so schwer in Anspruch genommene Herr Chef? Wie schwer ist es doch und undankbar dazu. Und das verflixte V.Bl. findet immer noch in Haar in der Suppen. Da soll denn doch gleich ... Tableau.

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[1] L.Vo., Nr. 90, 11.11.1922, S. 1.
[2] Rechenschafts-Bericht der fürstlichen Regierung an den hohen Landtag, erstattet in der Landtagssitzung vom 12. Oktober 1922
[3] Vgl. z.B. O.N., Nr. 80, 14.10.1922, S. 1 ("Der Rechenschaftsbericht der fürstlichen Liechtensteinischen Regierung an den Landtag").