Maschinenschriftliches Schreiben der Hofkanzlei, gez. Hermann von Hampe, Leiter der Hofkanzlei, und Zentraldirektor Ferdinand Böhm von Bawenberg, an den Landesausschuss [1]
2.4.1914, Wien
In dem an Seine Durchlaucht, den regierenden Fürsten von und zu Liechtenstein [Johann II.], gerichteten Einschreiten vom 22. Dezember v.J. [2] hat der geehrte Landesausschuss im Namen der Bevölkerung des Fürstentumes Liechtenstein dem Wunsche Ausdruck verliehen, dass für das durch das beklagenswerte Ableben des verewigten Herrn Kabinettsrates [Karl] von In der Maur erledigte Amt des Landesverwesers ein Nachfolger berufen werden möge, welcher schon bei einem der dortigen Bevölkerung gleichartigen Volksstamme, also insbesondere in Vorarlberg oder Nordtirol tätig gewesen ist, weil in diesem Falle anzuhoffen sei, dass sich derselbe viel leichter in die Verhältnisse des Landes und der Bevölkerung einleben würde.
In Befolgung eines speziellen höchsten Auftrages Seiner Durchlaucht, des regierenden Fürsten, beehrt sich die gefertigte fürstliche Hofkanzlei zur Kenntnis zu bringen, dass Seine Durchlaucht diesem Wunsche nach Möglichkeit Rechnung zu tragen beabsichtigt hat und bemüht gewesen ist, für das erledigte Amt des Landesverwesers einen im politischen Dienste in Tirol oder Vorarlberg bereits betätigten und mit der dortigen Bevölkerung vertrauten Herrn zu gewinnen.
Wenn dessen ungeachtet die Wahl Seiner Durchlaucht auf einen Herrn Bewerber gefallen ist, welcher die spezielle Anforderung einer Betätigung im politischen Dienste in Tirol und Vorarlberg nicht für sich geltend zu machen in der Lage war, so lag die Ursache einesteils in dem Umstande, dass den Mitbewerbungen der in diesem speziellen Belange qualifizierten Herren Bewerber Hindernisse entgegengestanden haben, deren Beseitigung nicht im Bereiche der Möglichkeit lag, anderseits aber die Eigenschaften des für das Amt gewählten Herrn Bewerbers derartige sind, welche die Besorgnis, dass sich derselbe dem Charakter und der Eigenart der dortigen Bevölkerung nicht anzupassen oder in die dortigen Verhältnisse nicht einzuleben vermöchte – als ausgeschlossen erscheinen lassen.
Der gewählte Herr Amtsnachfolger war durch eine Reihe von Jahren im politischen Dienste in Salzburg unter einer Bevölkerung, welche jener in Nordtirol und Vorarlberg in vielen Beziehungen verwandt ist und kennt Tirol und dessen Bevölkerung aus wiederholten und zum Teile längeren Besuchen.
Zudem bietet derselbe andererseits nach dem übereinstimmenden Urteile seiner bisherigen Herren Amtsvorstände die Gewähr reger und treuer Pflichterfüllung und freundlicher Amtsbetätigung.
Indem die gefertigte Hofkanzlei der Erwartung und dem Wunsche Ausdruck gibt, dass der von Seiner Durchlaucht berufene Amtsnachfolger, der Herr k.k. Ministerialsekretär Baron Leopold von Imhof, welcher demnächst in Vaduz einzutreffen gedenkt, sich recht bald des Vertrauens und der Zuneigung der Bevölkerung des Fürstentumes erfreuen möge und werde, zeichnet sich dieselbe mit der Versicherung der vorzüglichsten Hochachtung
Fürstlich Liechtenstein'sche Hofkanzlei
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