Aufnahmebeschluss des Reichsfürstenrats für Anton Florian von Liechtenstein, aber nicht für das Haus Liechtenstein.


Dictatum[1] Regenspurg[2], den 17. Januarii 1713.

Littera D2.[3]

Ihro römischen kayserlichen mayestät[4], unserm allergnädigsten herrn, ist ab den in beeden höheren Reichscollegiis[5] den 5. jüngst verwichenen monaths Decembris abgefaßten und allerhöchst deroselben gehorsambst eingesendeten gutachten in unterthänigkeit vorgetragen worden, welcher gestalten churfürsten und stände des Heyligen Römischen Reichs[6] wegen dero geheimben raths und obristen hofmeisters Anton Florian[7], des Heiligen Römischen Reichs fürsten und regirer des hauses Liechtenstein von Nicolspurg[8], herzog in Schlesien[9] zu Troppau[10] und Jagerndorf[11], rittern des Guldenen Vließes[12], introduction[13] zu siz und stimm in den Reichsfürstenrath sich erkläret, und solche beschlossen haben.

Wie ihro kayserliche mayestät nun dises umb so mehr zu besonderen gnädigsten dancknemigen gefallen gereichet, als dadurch neben allerhöchst deroselben churfürsten und stände hochbesagtes / fürsten von Liechtenstein, ihro dem Reich und gemeinen wesen trew geleistete und noch immer unermüedet fort leistende dienste, und erworbene statt- und vortreffliche merita[14] zu deroselben und ihres fürstlichen hauses ewigen nachruhm erkennet, und dahero auch die forderliche introduction beliebet.

Also haben allerhöchst ernante ihre kayserliche mayestät erwentes gutachten allergnädigst ratificirt[15] und dero würcklichen geheimben rath zu fürogehenden reichstag höchst ansehnlichsten principal commissario[16] und administratorn in Bayern, Maximilian Carl, des Heiligen Römischen Reichs fürsten zu Löwenstein-Wertheim[17], graff zu Rochefort[18] und Montaigu[19], souverainen prinzen zu Chassepierre[20], herrn zu Scharpfenegg[21], Preuberg[22], Kerpen[23], Caßelburg[24], Herbimont[25], Neufchateau[26], Weßeritz[27] und Schkupsch[28], etc., allergnädigst committiret[29] dem hochlöblichen / Churmainzischen Reichsdirectorio[30] solches hiermit zu eröfnen, damit dasselbe der sachen recht thun, beeden hochlöblichen höherern Collegiis dise kayserliche allergnädigste resolution[31] zu wissen machen, und zu mehreren befestigung allgemeiner hochachtung ob hochgemeldten fürstens, umb kayserlicher mayestät, das Römische Reich und gemeine wesen erworbener grossen verdienste die weitere gebühr zu vollziehung sothaner introduction fürdersamb beobachten wolle. Und verbleiben dieselbe dem hochlöblichen Churmainzischen Directorio mit freundlich geneigten willen wohl beygethan.

Signatum[32] Regenspurg, den 17. Januarii 1713.

Maximilian Carl fürst zu Löwenstein-Wertheim.

L.S.[33]

Das vorstehende abschrifft dem beym churfürstlichen Maynzischen / Reichsarchiv befindtlichen wahren originali nach vorgangener genawer collationirung[34] von worth zu worth gleichlauttendt befunden seye, wirdt unter dem der[...][...]bräuchigen churfürstlich maynzischen reichscirculi [...] hireit beurkundet.

Signatum Regenspurg, [...] Januarii 1713.[a]

Churfürstlich [...] canzeley

 


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[1]Diktiert.

[2]Regensburg, Stadt (D).

[3]Urkunde (Beilage) D2.

[4]Karl VI. Franz Josef Wenzel Balthasar Johann Anton Ignaz aus dem Haus Habsburg (1. Oktober 1685–20. Oktober 1740) war von 1711 bis 1740 Kaiser des Heiligen Römischen Reichs, Erzherzog von Österreich sowie Souverän der übrigen habsburgischen Erblande. Als Karl III. (ungarisch III. Károly) war er König von Ungarn und Kroatien, als Karl II. (tschechisch Karel II.) König von Böhmen, als Karl III. (spanisch Carlos III.) designierter König von Spanien sowie durch den Frieden von Utrecht von 1713 bis 1720 als Karl III. (italienisch Carlo III.) auch König von Sardinien. Vgl. Max Braubach, Karl VI.; in: Neue Deutsche Biographie (NDB) 11 (1977), S. 211–218.

[5] Der Reichsfürstenrat war seit der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts bis zum Ende des Heiligen Römischen Reichs 1806 die Bezeichnung für das Kollegium der geistlichen und weltlichen Reichsfürsten auf dem Reichstag. Vgl. Axel Gotthard, Das Alte Reich. 1495–1806. 4. durchgesehene und bibliographisch ergänzte Auflage. Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 2009, S. 21–22.

[6] Heiliges Römisches Reich war die offizielle Bezeichnung für den kaiserlichen Herrschaftsbereich vom Mittelalter bis zum Jahre 1806. Der Name des Reiches leitet sich vom Anspruch der mittelalterlichen Herrscher ab, die Tradition des antiken Römischen Reiches fortzusetzen und die Herrschaft als Gottes Heiligen Willen im christlichen Sinne zu legitimieren. Zur Unterscheidung vom 1871 gegründeten Deutschen Reich wird es auch als das Alte Reich bezeichnet. Vgl. Klaus Herbers, Helmut Neuhaus, Das Heilige Römische Reich – Schauplätze einer tausendjährigen Geschichte (843–1806). Böhlau-Verlag, Köln-Weimar 2005.

[7] Anton Florian von Liechtenstein (1656–1721) regierte als 5. Fürst von 1718 bis 1721. Vgl. Evelin Oberhammer, Anton Florian; in: NDB 14 (1985), S. 511–512; Gustav Wilhelm, Stammtafel des Fürstlichen Hauses von und zu Liechtenstein, Vaduz 1985, Tafel 6;Constant von Wurzbach, Biographisches Lexikon des Kaiserthums Österreich, Bd. 15, Leon – Lomeni, L. C. Zamarski, Wien 1866, S. 118–119 und Stammtafel II.

[8]Nikolsburg (Mikulov), Stadt und Herrschaft in Mähren, heute Tschechien.

[9] Die Herzogtümer in Schlesien waren Bestandteile der Böhmischen Krone. Heute gehören die meisten Gebiete der ehemaligen Herzogtümer zu Polen, ein kleinerer Teil zu Tschechien sowie der äußerste Westen zu Deutschland. 

[10]Troppau (Opava) war die Residenzstadt des ehemaligen Herzogtums Troppau (CZ), das zeitweise zu Mähren, ab 1621 zu Schlesien gehörte.

[11] Jägerndorf (Krnov) war die Residenzstadt des ehemaligen Herzogtums Jägerndorf (CZ).

[12]Der Orden vom Goldenen Vlies (Flüss) ist ein von Herzog Philipp III. von Burgund 1430 begründeter Ritterorden.

[13]Aufnahme.

[14]Verdienste (gute Werke).

[15]bestätigt.

[16]Ein Prinzipalkommissar war der offiziell beauftragte Vertreter des Kaisers auf den Reichstagen und anderen Versammlungen des Heiligen Römischen Reichs. Vgl. Barbara Stollberg-Rilinger, Des Kaisers alte Kleider: Verfassungsgeschichte und Symbolsprache des Alten Reichs, München 2012, S.255.

[17]Maximilian Karl Albrecht Fürst zu Löwenstein-Wertheim-Rochefort (1656–1718) war der erste Fürst aus dem Haus Löwenstein. Vgl. Karl-Heinz Zuber, Löwenstein-Wertheim-Rochefort, Maximilian Karl Fürst zu; in: NDB 15, Berlin 1987, S. 98–99. 

[18]Rochefort, Herrschaft und Ort in Wallonien (B).

[19]Scherpenheuvel-Zichem (franz.: Montaigu-Zichem), Stadt in Brabant (B).

[20]Florenville (Chassepierre), Herrschaft und Ort in Wallonien (B).

[21]Scharfeneck, Herrschaft im heutigen Rheinland-Pfalz (D).

[22] Breuberg, Herrschaft im heutigen Hessen (D).

[23]Kerpen, Herrschaft und Stadt im heutigen Nordrhein-Westfalen (D).

[24]Kasselburg, Herrschaft im heutigen Rheinland-Pfalz (D).

[25] Herbeumont (Herbimont), Herrschaft in Wallonien (B).

[26]Neufchâteau, Herrschaft und Stadt in Wallonien (B).

[27]Bezdružice (Weseritz), Herrschaft und Stadt in Böhmen (CZ).

[28]Skuteč (Skutsch), Herrschaft und Stadt in Böhmen (CZ).

[29]beauftragt.

[30]Das Reichsdirektorium unterstand dem Erzbischof von Mainz und leitete die Sitzungen des Reichstags im Heiligen Römischen Reich.

[31]Befehl.

[32]Unterzeichnet.

[33]Loco Sigilli: Ort des Siegels.

[34]Vergleich.

 


[a]Darunter ist über einer Libellschnur ein Siegel unter Papiertektur aufgedrückt.