Regierungskundmachung zum Zollvertrag
Kundmachung [der Regierung zum Zollvertrag][1] vom 31. Juli 1852 Auf allerhöchsten Befehl Seiner Durchlaucht unseres gnädigsten Landesherrn und in Vollziehung des mit der kaiserl. Österreichischen Regierung abgeschlossenen Zolleinigungs-Vertrages wird mit Bezug auf die Bestimmungen des hierüber erlassenen hochfürstlichen Kundmachungspatentes vom 24. Juli 1852 hiermit zur allgemeinen Kenntniss gebracht: - Die durch das Kundmachungspatent in Kraft tretenden Gesetze, Verordnungen und Tarife können von Jedermann bei den Ortsvorständen eingesehen und bei dem fürstlichen Oberamte gegen Vergütung der Gestehungskosten bezogen werden.
- Zur Einführung dieser Gesetze besteht im Sitze des fürstlich-liechtenstein’schen Oberamtes eine aus den Abgeordneten beider Regierungen zusammengesetzte Kommission.
Nach deren Auflösung geht die Verwaltung der gemeinsamen Zölle, Staatsmonopole, Verzehrungsssteuern und Verbrauchsangaben an die k. k. Kameral-Bezirksverwaltung Feldkirch über, unter deren Leitung die neu errichteten Zollämter Bendern und Balzers, so wie die im Fürstenthume Liechtenstein aufgestellte Finanzwache und die Tabakverschleisse stehen.
- Die für die Ämter Balzers und Bendern bestimmten Beamten, so wie die für das Fürstentum Liechtenstein bestimmten Beamten und Angestellten der Finanzwache sind bereits zur Treue und zum Gehorsam für Seine Durchlaucht den Fürsten von Liechtenstein verpflichtet und mit den Legitimationen als fürstlich-Lichtenstein’sche Regierungsorgane versehen. Sie werden in der Ausübung des Dienstes die fürstlich-Lichtenstein’schen Cocarde tragen und es ist ihnen von jedermann die schuldige Folge zu leisten. Insbesondere haben die Ortsvorstände ihnen in der Ausübung des Dienstes allen möglichen Vorschub angedeihen zu lassen.
- Das Fürstentum Liechtenstein bildet nunmehr einen Bestandteil des gemeinsamen Österreichisch-Liechtenstein’schen Zollgebietes.
- Die Gränze, welche das Fürstenthum von der Schweiz scheidet, bildet die Zoll-Linie.
- Die Zoll-Linie, welche bisher Liechtenstein von Vorarlberg trennt, wird mit 1. August 1852 aufgehoben und an diesem Tage tritt zwischen beiden Staatsgebieten der freie Verkehr ein.
- Zur Vollziehung des Zollverfahrens sind zwei Ämter bestellt, wovon eines zu Bendern die Befugnisse eines Nebenzollamtes II. Klasse, jenes zu Balzers die Befugnisse, welches der Zolltarif dem österreichischen Zollamte Gallmist als Nebenzollamt I. Klasse einräumte, besitzt.
- Als Zollstrassen, auf welchen allein, vorbehaltlich die in der Zollordnung festgesetzten Ausnahmen, Waaren aus dem Auslande über die Zoll=Linie gebracht werden dürfen, sind die bei Bendern, Mäls und die am Luziensteige einmündenden zu den kaiserlich-Österreichisch und fürstlich-Liechtenstein’schen Zollämtern führenden Strassen erklärt und werden als solche bezeichnet werden.
- Das Fürstenthum Liechtenstein liegt in seinem ganzen Umfange im Gränzbezirk des gemeinsamen Zollgebietes.
- Die für den Vorarlberger Gränzbezirk geltenden Bestimmungen haben nunmehr auch auf den Liechtenstein’schen Gränzbezirk Anwendung. Die Bestimmung der Controllämter und ihres Überwachungs-Bezirkes, sowie die Abänderungen des bisherigen Vorarlberg’schen Gränzbezirkes werden einer späteren Verlautbarung vorbehalten.
- Handeltreibende und jene Privatpersonen, welche Waarenlager besitzen und deren Vorräte ihren Bedarf auffallend überschreiten, müssen ihre Waarenvorräthe bei der im Orte befindlichen Abteilung der Finanzwache anmelden und haben sodann hierüber Verzeichnisse anzufertigen.
Bei der Anfertigung dieser Verzeichnisse werden ihnen die Finanz-Organe an die Hand gehen.
Den Besitzern solcher Waarenvorräthe steht die Wahl frei, dieselben ganz oder zum Theil ausser Land zu schaffen, d. h. in ein ausserhalb des gemeinschaftlichen Zollverbandes gelegenes Staatsgebiet auszuführen, oder zurückzubehalten.
Die Waaren, welche nicht ausser Land geschafft werden wollen, sind besonders zu verzeichnen.
Von den zurückbehaltenen Waaren sind der Tabak und das Schiesspulver an die Einführungskommission abzuliefern. Hierfür wird die Vergütung nach den von der Einführungskommission als angemessen erkannten Ablösungspreisen geleistet werden.
Von den zum weiteren Absatze bestimmten Spielkarten ist die Stämpelgebühr zu berichtigen, und die Karten sind zur Veranlassung der Stämpelung an die Kommission abzuführen.
Von den übrigen zurückbehaltenen Waaren ist die Zollgebühr zu entrichten.
Der Kommission ist das Recht eingeräumt, die Warenlager bis zu erfolgter Ausserlandschaffung, Ablieferung oder Verzollung der Vorräthe, unter Wache zu halten.
- Den bisherigen Tabakverschleissern wird eine angemessene Menge Schnupftabak zum Verschleisse während dem 1. August 1852, jedoch nur in Quantitäten bis zu 2 Loth für eine Person, frei belassen werden.
- An jedem Orte werden vom 1. August 1852 Trafiken zum Kleinverschleisse des neu eingeführten österreichischen Tabaks aufgestellt. Diesen allein steht künftig das Recht zum Tabakverkaufe zu.
- Die Wirthe, welche ausländischen Wein besitzen, haben die Vorräthe der Kommisiion bis 2. August 1852 anzumelden und zu versteuern.
- Für den Verschleiss von Liechtenstein’schen Weinen, sowie von anderen geistigen Getränken haben sich die Wirthe entweder abzufinden, oder die Verzehrungssteuer nach dem Tarife zu bezahlen. In dieser Beziehung wird der Liechtenstein’sche Wein dem Vorarberg’schen Landweine gleichgehalten. Zum Behufe der Abfindung haben die Wirthe ihre Vorräthe binnen 14 Tagen der k.k. Kameral-Bezirksverwaltung in Feldkirch im Wege der nächsten Finanzwach-Abtheilung mit dem Anbote, wie viel sie für die Monate August einschliesslich Oktober 1852 an Verzehrungsssteuer-Abfindung zu zahlen bereit sind, schriftlich bekannt zu geben.
- Die Zeitungen bleiben während der Monate August und September von der Stämpelabgabe befreit; vom Oktober 1852 angefangen unterliegen sie den in Oesterreich für den Bezug und die Stämpelung von Zeitungen bestehenden Vorschriften.
- Die Salzpreise werden dem Vertrage gemäss durch eine besondere Kundmachung geregelt werden.
- Die Liechtenstein’sche Weg- und Brückenmauth wird künftig bei den Aemtern Bendern und Balzers und bei der gegenwärtigen Mauthstation Schaanwald, bei allen dreien nur in der Richtung landeinwärts nach folgendem Tarife erhoben:
- für 1 Stück Zugvieh in der Bespannung 2 ½ kr. R.W. - für 1 Stück Zugvieh ausser der Bespannung und für jedes Stück schweres Triebvieh, als: Pferde, Ochsen, Stiere, Kühe, Junzen, Terzen[2], Maulthiere und Esel 1 ¼ kr. R.W. - für jedes Stück leichten Triebviehes, als: Kälber, Schafe, Ziegen, Borstenvieh ½ kr. R.W.
Vadutz, am 31. Juli 1852 Der Landesverweser: Johann Michael Menzinger m. p.
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[1]LI LA SgRV 1852/20. Druck. [2]Grimm, Wörterbuch: Terz: „bair.-östr. ochs, der als dreijährig verschnitten worden ist.
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