Karolina Lampert [-Schädler] an ihre Schwester Juliana Sele [-Schädler] über verloren gegangene Briefe, den Umzug aufs Land auf Grund der Gesundheitsprobleme von Sohn Julius Lampert, die Lage des Hauses neben Katharina Frommelt und Alexander Lampert , den Wunsch, ihre Schwester bei sich zu haben, die Eisenbahnfahrt nach Portland um eine deutsche Kirche zu besuchen, Alexander Lamperts Familie sowie über den Tod von Theresia Lampert und Kreszenz Sele


Handschriftliches Originalschreiben der Karolina Lampert [-Schädler], Troutdale (Oregon), an ihre Schwester Juliana Sele [-Schädler] und die übrigen Geschwister in Triesenberg

Troutdale 27 Februar 1893

Liebe, Theure Schwester!
Schon lange wollte ich dir schreiben, um zu
erfahren warum du nicht schreibst, aber
immer ist es geblieben. Ich habe deinen
lezten Brief bald vor einem Jahr erhalten
und dier auch gleich geantwortet, aber leider
keine Antwort mehr erhalten, vor allem
aber liebe Schwester glaube nicht, daß ich
euch alle vergessen habe. Ich bin mit
Julius seit lezten Sommer auf dem Lande
weil er nicht ganz gut fühlte, nahe bei
der Katharina, und Alexander, ich habe dort
ein Haus gebaut und wier haben im Sinn
hier zu bleiben, der Julius ist wieder
ganz gesund, es ist viel gesünder auf dem
Lande wie in der Stadt. Aber nun
möchte ich so gerne bald hören wie es
bei euch in der alten Heimath geht - und
täglich denke ich, und wünsche dich bei mir

zu haben, wier könten unsere wenigen
Jahre was wier noch zu leben haben, recht
schön haben. Was macht nun mein lieber
Bruder und seine Kinder, ich wünsche ihn so
oft hieher aufs Land, dan braucht er nicht
mehr in die Schweiz zu gehen auf dem
Lande ist Arbeit genug und zu essen hat
man hier auch genug, denn es wächst
hier alles ausgezeichnet, blos haben wier keine
Kirche hier, jedoch hoffen wier, daß es
bald auch eine gibt, ich gehe jeden
Monat einmahl nach Portland, es ist
20 Meilen von hier auf der Eisenbahn
in die Kirche und dan mache ich auch meine
anderen Geschäfte ab, ich habe meine 2 Häuser
vermiethet dort, eine Meile ist aber
nur 20 Minuten, folglich nimt es nicht
lange bis ich dort bin. Die Katharina ist
recht froh, daß ich hier bin wier sind
täglich beieinander und ihr Bruder auch
ich glaube seine Frau hätte es recht
gut hier er hat ein schönes Stück Land hier

 und 4 Kühe, auch Alexander ist gesund,
hat aber eine große Famili 7 Kinder.
Ich habe gehört, daß der Lehrer Lampert
lezten Sommer wieder draußen war.
Es wundert mich auch was für eine, der
Base Agatha ihr Thochterman wieder
geheirathet hat. Jezt liebe Schwester
schreibe mir recht viel, und alles was du
mir irgend mitheilen kanst, ich würde
dier viel mehr schreiben, von hier, aber
ich denke du hast nicht viel Intresse an
demselben, ich weiß wo deine Gedanken
am meisten weilen, ich hoffe jedoch, dass
sich dein Schmerz ein wenig gelindert hat,
wier wollen es nicht haben wie die
Heiden, die keine Hoffnung haben,
sondern wier wissen wo wier einst
unsere Lieblinge finden werden.
Was machen meine anderen Geschwister?
und alle meine Bekante, ich habe die
Hoffnung noch nicht aufgegeben, daß ich
euch alle noch einmal sehen werde

Jezt liebe Schwester schreibe mir
gleich, den ich warte mit schmerzen,
warum du mich so lange ohne
Nachricht ließest, hoffentlich wirst
du doch nicht krank sein, schreibe mir
was macht auch das Theresi Beck
und seine Kinder, und alle meine
lieben Freunde grüße mir alle;
heute am 5 März wo ich diesen
Brief schließe bin ich in Portland
ich war in der Kirche und besuche
meine lieben Freunde nächsten
Dienstag gehe ich wieder Heim.
Jezt viele grüße an Euch alle
meine Geschwisterte und Verwandte
besonders bist du gegrüßt
von Julius und mir Deiner dich
liebenden Schwester

Karolina Lampert

Meine Adresse
Troutdale Oregon
North-Americka

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