Karolina Lampert [-Schädler] an ihre Schwester Juliana Sele [-Schädler] über den Auswanderungswunsch der Schwester Theresia Eberle [-Schädler] und ihres Mannes Lorenz Eberle, den Überfluss an Getreide und die schönen Handwerkslöhne in den USA, die gesunkenen Kosten für die Überfahrt sowie den Turmbau für die katholische Kirche in Freeport (Illinois)


Handschriftliches Originalschreiben der Karolina Lampert [-Schädler], Freeport (Illinois), an ihre Schwester Juliana Sele [-Schädler] und die übrigen Geschwister in Triesenberg [1]   

01.02.1881, Freeport (Illinois)

Liebe, theure Geschwisterte!

Lezte Woche erhielt ich Dein mir
so werthes schreiben, u. es freut
mich recht, dass [2] ihr alle gesund
seid. Wier sind Gott sei Dank alle
gesund u. wohl u. es geht uns recht
gut, denke nur nicht liebe Schwester
dass ich Euch alle vergessen habe,
den wir sprechen täglich und seit dem
lezten Briefe bald stündlich von
Euch. Ich habe Dir im Dezember
geschrieben, Du wirst den Brief jezt
wohl haben verzeihe mir aber dass
ich Dich liebe Schwester so lange ohne
Nachricht liess, der Julius [Lampert] hat oft
gesagt: ach Mutter schreib doch [3]
der Tante, sonst denkt sie wir geben
gar nichts um sie. Es freut mich recht
dass die Schwester Theres [Theresia Eberle [-Schädler]] u. ihr Mann [Lorenz Eberle]  
auch auf den Gedanken gekommen sind
auch nach Amerika zu kommen, ich möchte
wünschen, dass noch mehrere von euch auf diesen
Gedanken kämen, den es ist doch leicht
zu denken, dass es in einem solchen
Lande wo so viele Millionen Viertel
Getreide übrig hat für Europa, keine
Noth ist, sondern alles im Über-
fluss, aber Arbeiten muss man auch,
ich schicke dir aus der Zeitung hierüber
ein Verzeichniss. [4] Wier haben hier ein
gutes, fruchtbares Jahr gehabt, Obst
ist mehr am Boden verfault, als [5]
gegessen werden konte. Ein
guter Handwerker hat auch einen schönen
Lohn von 2 bis 3 Thaler den Tag.
Wen Jemand nach Amerika komt sage [6]
Ihnen liebe Schwester, dass sie sich keine
neue Kleider kaufen, oder nicht mehr
als sie zur Reise brauchen, den hier ist
alles sehr billig. Die Reisekosten sind
auch viel billiger als wo wier nach Ame-
rika sind. Julius nimt jezt erst noch Unter-
richt bei dem Herrn Pfarrer, er ist aber
immer mit sich noch nicht recht einig was
er werden will, er hat es leztes Jahr
wieder aufgegeben, u. diesen Winter
hat er wieder angefangen, er thut nichts
lieberes als schöne Bücher lesen.
Die Theres [Theresia Lampert] geht immer in die Schule.
Wier haben eine schöne Kirche hier
aber noch keinen Thurm darauf u. dieses
Frühjahr soll auch nun dieser vollendet
werden er soll bald 6000 Thaler kosten,
u. unser Priester muss es bei den Katho-
licken Kollektiren wovon viele 100 Thaler
50 oder mindestens 25 Thaler geben da kanst [7]
Du leicht denken, dass es hier noch gute
Katholicken hat. Der Joseph Gassner
hat dem Julius auch geschrieben er
will unsere Pfothografie haben
wier wollen uns noch Abnehmen
lassen, ehe ich schreibe, den ich will
ihm unsere Bilder schiken, ich werde
Dir im nächsten Briefe auch eins schicken.
Von unseren Verwandten
ist noch der Xaver Beck hier mein
nächster Nachbar, übrigens habe ich
gute Nachbarn. Liebe Schwester
schreibe mir recht bald u. viel
wohin reisen den die Triesner
in welchen Staat od. Stadt. Sei auch
so gut u. schicke mir mein Kommunion-
bild u. dem Julius der Taufschein
herein, wenn jemand hieher komt.
Grüsse mir alle meine Verwandte
Veter u. Basen Geschwisterte

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[1] LI LA PA 188/018. Brief in Kurrentschrift.
[2] Ursprüngliche Fassung: „daẞ“. Das Eszett wird im Folgenden zu „ss“ umgewandelt.
[3] Seitenwechsel.
[4] Liegt nicht mehr bei.
[5] Durchstreichungen.
[6] Seitenwechsel.
[7] Seitenwechsel.