Simon Büchel an Ulrich Öhri über die seit dessen Auswanderung angefallenen Angelegenheiten, die Heiratssachen und Todesfälle in Ruggell und Schellenberg sowie die Zerstörung der Burg Forstegg in Salez durch einen Brand


Handschriftliches Originalschreiben des Simon Büchel, Schellenberg, an Ulrich Öhri, Spencer (Nebraska) [1]

24.05.1894, Schellenberg

Lieber Ulrich!

Auf langes warten bekam ich endlich heute von dir ein
schreiben, dass [2] ja schon das zweite ist seitdem du in
Amerika bist. Wir alle hatten sehr grosse Freude als
wir den Brif lassen und darin sahen, dass der Andreas [Öhri]
Mutter [Katharina Öhri [-Öhri]] u [3] Amalia [Öhri [-Heeb]] glüglich u. gesund euch angetrofen
haben, besonders für die Mutter hatte ich selbst kummer,
welch eine Freude werdet ihr haben, ich möchte wünsche ich
könnte nur 14 Tage mit Euch verweilen. In der erste hatten
viele Leuhte geschipft besonders Eure Schwestern u Schwager
diese sagten ihr haben sie ums Geld geholt, ja sogar gingen
sie nach Vaduz u zu schauen ob alles forth sei oder nicht
u. ob man ihr alles mit Lasse [4], sie wissen aber [5] jetzt
noch nichts genaues. Ihr seith jetzt forth aber jetzt muss ich alles
mit ihnen ausmachen, ich werde aber schon gerüsst.
Neuigkeiten gibts in Ruggell nicht grade viele Lunzius Ritter [Joseph Leontius Ritter]
ist gestorben, Gebhart Math [Gebhard Matt] Student ist auch gestorben
dem Augustins Tonn der ältere Sohn ist auch gestorben
Auf Schellenberg ist Samson Wohlwend die letzte Woche gestorben
Sage dann zu Amalia Ich habe Ihrer Mutter [Anna Maria Heeb [-Heeb]] den 19 Mai
die Stickerei aufgerichten es habe presirt der Her Ohwegeser
habe Kristes Hauss gekaufft u will einzihen. Die Kameraden
den du nachfragest sind alle gesund auch der Jakob
er wird wahrscheinlich in Feldkirch ein Haus kaufen u
für sich anfangen (zwar Ohrishaus) ist im Handel.
Was uns anbelangt sind wir gotlob immer gesund u. Munter
ich habe ville arbeit seit der Jakob fort ist aber gleich gehts
Heute hatten mir zwei Bienen geschwärmt jetzt habe wider
13. Stück bin dis Jahr zufriden sage es dem Andreas [6]
Am letzten Montag hatten Paul Koch mit einer Tissnerin Namens
Agatha Frumel u. Maria Koch mit Maxmilian Mädinger Tirol
geheurateth ist also aus mit der Erbschaft. Mit der Photografie
ist es so ich werde nächste Zeit mit der ganzen Haushaltung
gehen und dan werde ich sogleich schicken. Aber sei so gut
u schicke mir die Eurigen den von Deiner Liben Mutter
u. fon Amalia habe ich noch keines welches ich fast am libsten
hätte. geht alle miteinander u. schicken mir das wär ein
Andenken. Lieber Ulrich wie gehts der Magdalena [Connot [-Öhri]] u der
Balbina [Marie Balbina Öhri [-Gstöhl]] ermahne sie auch sie sollen mit schreiben ich
werde auf jeden Brief antworten Ich habe es Dir schon
gesagt u habe es der Mutter u dem Andreas gesagt, aber
ich denke mir aus den Augen aus dem Sinn gleich glaube
ich nicht dass uns Eure Mutter vergessen kann
Mit dem Einzug den ich habe ist noch nicht fiel gegangen
einige bar Kreuzer sobald ich etwas habe werde ich es
in die Kassa thun wen ihr nicht schreibet wohin.
Dis Jahr ist ein sehr gutes Jahr vorhanden bisher
ich noch keines verlebt alles ist wunderbar schon.
Sage zur Amalia die seinige Mutter dei nicht mer
weinen und es gehe ganz guht. Heute haben wir
Fronleichnamsfest u ist schön Wetter. Das Schloss
Forsteck in Salez ist auch abgebrant etwa for 14 Tagen [7]
Nun jetzt will ich mein Schreiben schlissen
u. erwahrte von Dir ganz gewiss eine Baldige
Antwort

Achtungsvolst grüsst
Simon Büchel
Frau u Mutter

Dem Jakob kanst Du schreiben aber geschwind
er ist nur noch 2 Monat in Bregens nacher
weiss ich nicht wo er ist besser ist
Du werdest mir schreiben
u ich werde im die Briefe
zu schicken

Des Jakob Andresse ist Jak Meier Handelsschule Villa Libenstein Bregenz
Vorarlberg [8]

Ich glaube der Jakob hat geschwind
eine Sichere Andresse [9]  

Lasse uns alle Frendlich grüssen u sage zu inen sie sollen mir auch schreiben besonders
aber Du Ulrich ich werde inen alle Kleinikeit Schreiben. Lebet wohl, Lebet wohl u denck auch
an mich.
Ich lasse auch alle noch einmal grüssen besonders die Mutter [10]

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[1] LI LA PA 016/3/06/02.
[2] Ursprüngliche Fassung: „daẞ“. Das Eszett wird im Folgenden zu „ss“ umgewandelt.
[3] Durchgestrichen: „Balbina“. 
[4] Durchstreichung.
[5] Durchstreichung.
[6] Seitenwechsel.
[7] Über den Brand der Gastwirtschaft zum „Schloss Forstegg“ vgl. L.Vo., Nr. 16, 20.4.1894, S. 1 („Buchs, 10. April“).
[8] Dieser Satz nachträglich am Rand der 2. Seite hinzugefügt.
[9] Dieser Satz ebenfalls nachträglich am Rand der 2. Seite hinzugefügt.
[10] Dieser Absatz nachträglich am Rand der 1. Seite hinzugefügt.