Handschriftliches Originalschreiben der Karolina Büchel [Karolina Büchel [-Hasler]], Gamprin, an Onkel Ulrich Öhri und Tante Balbina [Marie Balbina Öhri [-Gstöhl]], Spencer (Nebraska) [1]
22.01.1928, Gamprin
Lieber Ongel und Tante!
habe Euer Schreiben mit grösster Freude gestern
erhalten, konnte kaum glauben, dass [2] Ihr schon
wieder an uns gedacht denn am 5. d .M. erhielten
wir Euere Weihnachts karte. Schon viele Jahre
sehnte ich mich nach einem Lebenszeichen von Euch.
Es wundert Euch scheints wegen der letzten Karte,
ja die war von mir, nicht lange nachdem Adolf von
Amerika zurück war, war er hier auf Besuch.
Wie begreiflich erzählte er von seinem
Aufenthalt in Amerika und
Euere und Ongels Adresse je auf eine Karte
ich legte sie beide in ein Buch und nachher gerieten
sie samt Adressen in Vergessenheit, bis kurz
vor Weihnachten dem Robert [Büchel], der alles
durchstöbert, das Buch mit den Karten in die
Hände kam. Habe Euch manchen falsch adressier-
ten [3]
Brief geschrieben. Die früheren Jahre wurde ich
viel von Eueren alten Bekannten gefragt
wie es Euch gehe es tat mir jedesmal leid
sagen zu müssen ich wisse es auch nicht, wir hätten
schon lange nichts mehr von Euch gehört.
Eigentlich war der Vater schuld, dass ich nie
keine Antwort bekam er gab mir an man
müsse nur Baker Boyd Co. [4] schreiben
Spencer nicht.
Werde dem Adolf den Brief besorgen,
muss aber zuerst dem Berti schreiben, habe auch
keine Adresse von ihm. Wir verkehren nie schriftlich
mit ihm, seit er ein eigenes Haus
hat, hat er nie mehr geschrieben.
Ihr schreibt da vom alt sein, habe auch schon
oft daran gedacht, dass Ihr nicht mehr jung
sein könnt, ist doch meine lb. Mutter
schon bald vierzig Jahre gestorben. Aber [5]
wir wünschen und hoffen, dass Euch noch recht vielle
gesunde und glückliche Jahre von Gott beschieden
sein mögen. Wir hoffen sogar dass wir Euch auch noch
einmal sehen werden oder denkt Ihr nicht auch
so, wenn man Geld genug hat ist so eine
Europareise [6] heutzutage kein Ding der
Unmöglichkeit mehr. Wagt es nur es wird Euch
gewiss nicht reuen. Ongel Andreas [Öhri] und Tante Mali [Amalia Öhri [-Heeb]]
komen ja auch wieder gesund und glücklich
hinein, sie waren auch nicht mehr zwanzig.
Winter bekommen wir heuer mehr als genug.
Seit Anfangs Dezember haben wir viel Schnee
und zeitweise blühende Fensterscheiben, habe
heute zweimal heizen müssen, so kalt ist es
Das Wetter wird sich aber doch bald wenden, wenn
es dann gar bös ist kommt [7] auf einmal der
Föhn. In unserer Gegend herscht zur Zeit die
Grippe, das Wetter war eben sehr ungesund immer
grosse Kälte und vielzeit Nebel. Wir haben sie
schon über standen [8]
Heute war Tante Kresenz bei uns mit dem
Brief von Euch sie habe ihn vorgestern bekommen
Letzten Sonntag sandte ich auch an Ongels
eine Antwort. Sie schrieben auch, dass der
Rudolf wieder zurück gehe. Ihr werdet sehen
der geht in die Falle, wir wussten schon vor
Weihnachten davon, Luis Öhris Frau brachte
die Rede davon unter die Leute wegen nichts
(müsse) wüde es nicht so angelegen sein
ihn in ihre Nähe zubringen.
Werde die Grüsse an unsere daheim ausrichten
der Vater sagte am letzten Sonntag sie werden
Euch kommende Woche einen Brief schreiben.
Heute brachten die Kinder ihre Noten am besten
lernt Mari [Maria Schöb [-Büchel]] das neben mir, es hat lauter sehr
gut. Pia [Büchel] hat aht sehr gut und u fünf lobenswert
Robert hat fünf sehr gut u. acht lobenswert.
Mari brachte noch einen roten Apfel vom Lehrer
als Belohnung. Ihr hättet sehen sollen wie gut
er ihm schmeckte.
Ich will nun schliessen es ist schon
bald ein Uhr, das Licht braucht man
eben nicht mehr zusparen wie früher
So lebt denn alle wohl und seit
herzlich gegrüsst von uns allen
Euere ergebenste Nichte
Karolina
Die herzlichsten Grüsse an Ongels
und Tante Lenas [Magalena Connot [-Öhri]] von uns allen
______________
[1] LI LA PA 016/3/05/02.
[2] Ursprüngliche Fassung: „daẞ“. Das Eszett wird im Folgenden zu „ss“ umgewandelt.
[3] Seitenwechsel.
[4] In lateinischer Schrift.
[5] Seitenwechsel.
[6] In lateinischer Schrift.
[7] Durchstreichung.
[8] Seitenwechsel.