Das "Liechtensteiner Volksblatt" gedenkt des Namenstages von Fürstin Elsa


Artikel im "Liechtensteiner Volksblatt" [1]

21.11.1935

Elisabeth

Es ist der 19. November. Ich stehe vor dem Gemälde Hans Holbeins des Älteren. Im Hintergrunde die Wartburg, in Stil und Form der Ausdruck der hohen Bildung und der feinen Gesittung, deren Wahrzeichen sie ja zu jener Zeit immer gewesen. Jede Bewegung voll Hoheit, schreitet die thüringische Fürstin [Elisabeth] von einst herunter von der Terrasse der Burg, die Not zu stillen. Ein Mägdlein mit siechem Körper streckt der hohen Frau bittend die Hände entgegen, der Glanz seines Gesichtes verrät, dass ihm geholfen wird, dass seine Not gelindert und sein Hunger gestillt und ihm Gesundheit gegeben ward. Und der Alte, aus dessen hohlen Augen das Fieber leuchtet und dessen Zunge am Gaumen klebt ob all der Hitze, die seinen zermürbten Körper durchglüht, eben erhält er aus der Fürstin Hand den Labetrunk. - Überall Erbarmen, Liebe und Segen, wo der Fuss der hohen Frau sich hinsetzt. So wars am thüringischen Hofe im Jahre 1227, namentlich als Landgraf Ludwig, der fürstliche Gemahl, im Kreuzzug gefallen. Landgräfin Elisabeth linderte Not und pflegte Kranke: jeder Dienst der Liebe war ihr Bedürfnis.

Ganz versunken in die Geschichte und in das Leben der hohen Frau von damals, stieg ein anderes Bild lebenswahr vor mir auf. Im Hintergrunde ein fürstliches Schloss, ein Sitz der Wohltätigkeit und Liebe, aus dem eine hohe Frau wie vor etwas mehr als 700 Jahren in Thüringischen Landen zu Tal schreitet. Es ist unsere allverehrte Fürstin, Ihre Durchlaucht Fürstin Elisabeth. Sie will die Not lindern, sie will Tränen stillen. Ist es da verwunderlich, wenn ein Volk ihrer an diesem Tage besonders gedenkt, wie einst dort der Landgräfin von Thüringen! Auch unserer Fürstin gedenkt ein Volk an diesem Tage mit viel Liebe und Anhänglichkeit und mit dem Wunsche, dass die hohe Frau ihm an der Seite des fürstlichen Gemahls [Franz I.] noch lange Jahre erhalten bleiben möge.

Wenn Hans Holbein noch lebte, so dachte ich mir, er würde wieder zu Pinsel und Palette greifen und ein Bild der Innigkeit und Verbundenheit einer fürstlichen Frau mit einem Volke auf die Leinwand bringen, ein still Gebet, über dem der Dank eines Volkes ausgegossen lebt.

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[1] L.Vo., Nr. 137, 21.11.1935, S. 1.