Protokoll der öffentlichen Landtagssitzung, gez. Landtagspräsident Anton Frommelt [1]
30.9.1931
Zu Punkt 3.) Notstandsprogramm
Präsident: Ich ersuche den Reg.Chef [Josef Hoop], das Programm den Abg. zur Kenntnis zu bringen:
Reg.Chef: Wir haben bei der letzten Landtagssitzung [2] die Behandlung dieses Punktes unter Berufung auf die laufende Initiative auf Aufhebung der Alkoholsteuer verschoben. [3] Wir haben damals gemeint, dass die Initiative etwas schneller zustandekommt, als sie zustandezukommen den Anschein hat. Um die Sache aber nicht zu verzögern, haben wir geglaubt, dieses Programm heute dennoch zu behandeln, immerhin mit der Einschränkung, dass soferne die Alkoholsteuer ausfällt, auch eine entsprechende Reduktion der Notstandsarbeiten Platz zu greifen hat. Es ist begreiflich, dass bei einem Ausfall von 70'-80'000 Franken auch diese Ausgaben verhältnismässig gekürzt werden müssten. Leider ist eine Verkürzung nicht möglich beim Kanal, dessen Bau im Dezember letzten Jahres beschlossen worden ist, sondern die Abkürzung müssten bei den Notstandsarbeiten im Oberlande erfolgen. Hoffen wir, dass das nicht notwendig wird.
Es wird sodann vom Regierungschef der bezügliche Beschluss verlesen, d.h. das Arbeitsprogramm für den kommenden Herbst und Winter etz. verlesen.
Reg.Chef: Das Programm ist im Einvernehmen mit dem Arbeiterverband ausgearbeitet worden. Ich empfehle Ihnen die Annahme dieses Programmes und Gewährung des erforderlichen Kredites. Wir ersuchen weiter um die Ermächtigung, die Arbeitsnachweisstelle einzuführen und für die Einrichtung, die aus Landesmitteln besorgt werden soll, den entsprechenden Credit, maximal 5000 [Franken] zu bewilligen. Ich habe zur Vorsicht diesen Betrag genommen, obwohl es aller Voraussicht möglich sein wird, die Tätigkeit der Arbeitsnachweisstelle auf einen nur beschränkten Zeitraum des Jahres zu beschränken. Im Sommer hindurch wäre die Arbeitsnachweisstelle in der Regel nicht beschäftigt, auf keinen Fall dauernd, etwas anderes wird es im Frühjahr, wenn die liechtensteinischen Saisonarbeiter in der Schweiz unterzukommen suchen. Da wird es Aufgabe dieser Arbeitsnachweisstelle sein, in enger Zusammenarbeit mit den schweizerischern Arbeitsämtern in Fühlung zu treten, in dem Sinne wie bei der Konferenz in Bern ins Auge gefasst wurde. Ferner müsste die Arbeitsnachweisstelle in enge Zusammenarbeit mit den schweizerischen Unternehmern treten. Die Stelle hätte also eine möglichst grosse Anzahl Arbeiter in der Schweiz unterzubringen. Im Winter wird die Arbeitsnachweisstelle dadurch Arbeit bekommen, dass die inländischen Arbeitskräfte herbeiströmen und da und dort Arbeit wollen und da wäre es Aufgabe der Arbeitsnachweisstelle zu prüfen, im Einvernehmen mit der Ortsvorstehung, ob die Arbeiter auf diese oder jene Arbeitsstelle zu geben wären u.s.w. Es würde also eine ständige Stelle nicht geben, sondern gewissermassen eine Saisonstelle, das ist im Grossen und Ganzen, was ich hierüber zu sagen hätte. Nimmt jemand der Herren Stellung zur Sache?
[Bernhard] Risch: Ist bei den Notstandsarbeiten eine Höhe nicht in Aussicht gestellt, wenn die eine oder andere Gemeinde vielleicht sollte ausserordentliche Arbeiten machen, die andere weniger.
Reg.Chef: Eine obere Höhe ist nicht in Aussicht gestellt und ich glaube, dass wird en Wünschen der Gemeinde so ziemlich in weitestem Umfange entgegenkommen können. Es wird die Abgeordneten interessieren, was die einzelnen Gemeinden in dieser Hinsicht vorhaben. Wir haben uns von den einzelnen Gemeinden ihre Vorschläge geben lassen.
(Reg.Chef Dr. Hoop gibt sodann an Hand der Akten bekannt, was die einzelnen Gemeinden auszuführen beabsichtigen).
F. [Ferdinand] Risch: Bei Gebäulichkeiten, wenn die Gemeinde etwas bauen würde, würde dann nur für Arbeitslöhne u. zw. der Maurer, Gipser, Zimmerleute etz. 30 % gegeben, nicht aber für Kalk, Ziegel u.s.w.
Reg.Chef: Es ist vielleicht generell etwas schwer zu sagen, es wird sich fragen, ob es sich um Notstandsarbeit handelt oder um Arbeiten, die die Gemeinde in Anbetracht ihrer aufsteigenden Linie zu machen beabsichtigt. Wenn die Gemeinde etwas Grösseres baut, wird sie vielleicht sowieso um Subventionierung einkommen.
Präs: Wer ist dafür, dass für die Beschaffung der Arbeitsnachweisstelle der notwendige Kredit gewährt wird?
Ergebnis: einstimmig [4]
Fr. [Friedrich] Walser: Wir haben über die Hauptsache noch nicht abgestimmt, über die Fr. 470'000.
Präsident: Wer dafür ist, dass dieser Kredit im Sinne der Ausführungen gegeben werde, mag dies durch Handerhebung kungeben:
Ergebnis: einstimmig
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[1] LI LA LTP 1931/193.
[2] Siehe Punkt 2. (Arbeitslosenversicherungsgesetz) des Protokolls der öffentlichen Landtagssitzung vom 1. September 1931 (LI LA LTP 1931/169).
[3] Zur Initiative betreffend die Abschaffung der Alkoholsteuer siehe insbesondere die Regierungsakte LI LA RF 122/259. Die genannte Initiative kam mangels der notwendigen Unterschriften nicht zustande (Rechenschaftsbericht der Regierung an den Landtag für das Jahr 1931, S. 36).
[4] Mit der Leitung des Arbeitsamtes wurde Landweibel Gebhard Walser aus Schaanwald betraut.