Protokoll der öffentlichen Landtagssitzung vom 2. und 3.3.1937, gez. Anton Frommelt, Wendelin Beck und Johann Georg Hasler [1]
3.3.1937
7. Subventionierung der Schülereinheitskleidung
Reg.Chef [Josef Hoop]: Im Rahmen unseres Wirtschaftsprogrammes haben wir neben verschiedenen Massnahmen, die bereits beschlossen worden sind, auch solche zur Arbeitsbeschaffung für die Schneider des Landes. Für über 1 Million ist aus dem Auslande eingeführt worden, darin steckt eine ungeheure Menge von Arbeit, die wir von Ausländern besorgen lassen. Wir müssen trachten, diesem Übelstande abzuhelfen und die Einfuhr von Fertigfabrikaten möglichst hintanzuhalten. Die Verfertigung der einzelnen Konfektionsartikel soll möglichst Liechtensteinern übertragen werden. Ein Schritt in dieser Richtung schien mir die Einführung einer einheitlichen Schülerkleidung zu sein, so dass allmählich die liechtensteinischen Schüler eine einheitliche Kleidung bekommen, die 1. gut und solid und 2. billig und 3. hygienisch sein soll. Sie soll auch als gewisse nationale Kleidung gelten, wenn man es so nennen darf. Sie soll zu einer Landeskleidung werden. Durch Grosseinkauf, durch Massenanfertigung etz. dürfte mit einer Verbilligung der Kleider zu rechnen sein gegenüber dem heutigen Zustand. Es ist auch berücksichtigt, dass allmählich die Schüler in die Lage versetzt werden, diese Kleider für ihre kleineren Geschwister selber zu nähen, soweit es die Mädchenkleidung betrifft. Wir haben diesen Gedanken verschiedentlich mit den interessierten Personenverbänden besprochen. [2] Überall hat man die Sache nur begrüsst und auch die FK. [Finanzkommission] hat gefunden, dass es ein unterstützungswertes Unterfangen sei. [3] Von privater Seite sind Frs. 8000.- zur Verfügung gestellt worden. [4] Immerhin reicht dies nicht aus, um mit einem Schlage die Einführung dieser Kleidung bei allen Schülern durchzuführen. 1.) sind letztes Jahr anlässlich der Firmung viele neue Kleider angeschafft worden und 2. ist der Preis für die Knabenkleider ziemlich hoch. Die Schneidermeister haben in Verhandlungen dargetan, dass sie für ein Knabenkostüm Fr. 14 verlangen. Anfänglich glaubte man, es mit Fr. 9 machen zu können. Diese Forderung der Schneidermeister hat eine Verteuerung mit sich gebracht, die von den Eltern der Kinder im allgemeinen nicht gebilligt und akzeptiert wird. Wir haben deswegen, um den Gedanken doch zum Durchbruch zu verhelfen, in der FK. beschlossen, dem Landtage eine Subvention an die Einführung der einheitlichen Schülerkleidung zu beantragen. Ähnlich, wie wir heute für die Schreinermeister eine Subvention ausgeschüttet haben, [5] so soll auch für die Schneidermeister eine Subvention von Frs. 5000.- zur allgemein verbilligten Abgabe der Schülerkleidung verwendet werden. Hievon sollen Fr. 1000.- für die allgemeine Verbilligung der Kleidung Verwendung finden und die restlichen Fr. 4000.- sollen zur verbilligten Abgabe der Schülerkleidung an Bedürftige verwendet werden. In ganz besonders berücksichtigungswürdigen Fällen könnte evtl. diese ganz verbilligt oder geschenkweise abgegeben werden. Ich möchte noch betonen, dass die ganze Schneidermeisterschaft und die Schneiderinnen des Landes diese Massnahme ausserordentlich begrüssen. Auch die Lehrerschaft hat sich in der letzen Konferenz mit Ausnahme von 2 Lehrpersonen für diese Massnahme ausgesprochen und der Gedanke ist auf sehr guten Boden gefallen. [6] Auch die FK. beantragt einstimmig die Gewährung dieses Kredites.
Dr. [Otto] Schädler: Wie ich hörte, hat die Regierung eine Anfrage an die Eltern der Schüler diesbezüglich ergehen lassen und mich würde das Ergebnis dieser Umfrage interessieren.
Reg.Chef: Es sind 353 für die Einheitskleidung, eine grosse Zahl hat sich bereit erklärt, später diese anzuschaffen. Die Zahl hat nicht die Höhe erreicht, was ich anfänglich erwartet habe. Das war auch der Grund, warum ich neuerdings an die Schneidermeister herangetreten bin wegen einer Verbilligung des Macherlohnes und nach Mittel gesucht habe, diese Kleidung zu verbilligen. Wenn wir die Kleider etwas billiger abgeben können, wird auch das Interesse grösser werden. [7] Wenn einmal durch eine verbilligte Abgabe die Kleidung eingeführt ist, bin ich überzeugt, dass das Gewerbe trachten wird, diese Arbeit im Lande zu behalten. Dann kommt auch der Zeitpunkt, wo ohne staatliche Subvention hoffentlich die Sache im Lande gemacht wird. Es ist auch beabsichtigt, soweit zu kommen, dass diese Kleidung zur Gänze in Liechtenstein fabriziert werden, vom Faden weg bis zum fertigen Kleid. Dadurch wird alle Arbeit, die wir bisher luxuriös vom Auslande haben leisten lassen, im Lande geleistet. Mit guten Worten bringen wir das sonst nicht fertig, hier muss mit Subventionen nachgeholfen werden.
Beck W. [Wendelin]: Mir ist der Gedanke zu Ohren gekommen und ich habe mir gedacht, dass das nicht statthaft sei. Die Angaben des Herrn Reg.Chefs, dass jährlich viele Tausende von Franken ins Ausland rollen, hat mich anders gestimmt. Wir müssen hier einen Versuch machen und dürfen heute nicht mehr länger zusehen, wie das gute Geld ins Ausland geht, während unsere Arbeitslosigkeit im Lande von Jahr zu Jahr grösser wird.
Reg.Chef: Ich habe die Meinung, wenn man diese Arbeiten zur freien Konkurrenz ausschreiben würde, so würde man viel billiger wegkommen. Wir müssen aber einer Unterbietung Vorschub leisten. Es sollen alle Schneidermeister und Schneiderinnen des Landes mit Arbeit beteilt werden.
[Ludwig] Ospelt: Ich möchte anfragen, ob diese vorgesehene Schülerkleidung einer Tracht gleichkommen soll.
Reg.Chef: Die Ausstattung wäre nach einem Kommissionsbeschluss vom 30.12.36, [8] an welchem der Schneidermeisterverband, der Verband der Verkehrsvereine, die Lehrerschaft, die Lehrschwestern, die Gewerbegenossenschaft, Emil Ospelt von Schaan, der mir anfänglich bei den Vorarbeiten zu Rate stand, nicht einer Tracht gleichzustellen, sondern es soll eine alltägliche Kleidung sein, die hygienisch gut und sonst solid ist.
Präsident [Anton Frommelt]: Ich glaube auch, dass es nicht im Interesse des Landtages sein soll, sich um diese Detailfragen zu erkundigen. Für ihn handelt es sich um die Frage, ob ein Kredit von Fr. 5000.- zur Verfügung gestellt wird oder nicht. Die Fr. 1000.- sollen also zur allgemeinen Verbilligung beitragen und die Fr. 4000.- für bedürftige Kinder zur Verfügung gestellt werden.
Dr. Schädler: Ich möchte den Antrag der FK. unterstützen, nur in einer gewissen Hinsicht eine Änderung beantragen, dass diese Fr. 1000.- ebenfalls nur zur verbilligten Abgabe an Bedürftige verwendet werden. In erster Linie würde die Beschaffung für Bedürftige eine überaus schwere Belastung sein und dort, wo die Bedürftigkeit nicht vorliegt, ist keine Veranlassung vorhanden, dass eine andere Subvention ausgeschüttet wird. Sie soll nur dort ausgeschüttet werden, wo sie verlangt wird. Im übrigen ist es zu begrüssen, dass auch das Schneidergewerbe in gleichem Masse unterstützt wird und ich schliesse mich dem Antrage der FK. an mit dem Wunsche, dieser vorgesehener Kredit von Fr. 5000.- zur Gänze für die Beschaffung der Kleidung für die Bedürftigen zu verwenden.
Präsident: Die Überlegung der FK. war die gleiche, wie bei der Subvention für die Brautausstattungen. Dadurch, dass es billiger kommt, wird ein grösserer Posten Kleider bestellt werden. Wenn es sich einmal festgesessen hat, wird es sich erübrigen, weiter mit Landessubventionen nachzuhelfen. Nach meinem Dafürhalten wäre dem Schneidergewerbe geholfen, wenn die Fr. 1000.- zur allgemeinen Verbilligung Verwendung finden.
Es sind nun 2 Vorschläge da, der der FK. und der Dr. Schädlers. Stimmen wir zuerst über den FK. ab. Dieser wird mit 13 Stimmen angenommen.