Schreiben des Arbeitsamts, gez. Gebhard Walser, an die Sektionsobmänner des Arbeiterverbandes [1]
24.6.1937
Wie die meisten von Ihnen bereits wissen, kann das hiesige Arbeitsamt sofort vorläufig 12 Backsteinmaurer und 2 Gipser nach Lindau und Umgebung platzieren und ist die Arbeitsbewilligung in Ordnung. Die Arbeitsgelegenheit sei auf mehrere Monate bis in den Herbst hinein. In Lindau wird bei 10 stündiger Arbeitszeit für Maurer 77 Pfennig, für Gipser 85 Pfennig Stundenlohn und in Lindenberg für Maurer 73 Pfennig für die Stunde bezahlt. Nun besteht die beste Aussicht, dass die Maurer nicht aufgetrieben werden können, was dann wohl ein schlechtes Licht auf jene werfen würde, die immer rufen, man sorge zu wenig, dass unsere Arbeiter im Auslande Arbeit und Verdienst finden können. Es ist klar, dass die ganze Deutschlandsaktion hinfällig wird, [2] wenn Liechtenstein nicht mehr im Stande ist, 12 Backsteinmaurer dorthin zur Verfügung zu stellen. Bereits sind schon Stimmen laut welche sagen, ja wenn die Sache so steht, soll mit den Notstandsarbeiten zurückgehalten und aus den überschüssigen Landeseinnahmen zum Teil an der Landesschuld abgezahlt werden.
Wir ersuchen daher nochmals dringend, alles daran zu setzen, dass vorläufig die erste Partie Maurer prompt gestellt werden kann. Es ist dies bestimmt im Interesse der liechtensteinischen Arbeiterschaft.
Das Arbeitsamt möchte vorschlagen, dass der Ausschuss des Arbeiterverbandes Vorschläge macht, welche Maurer für diese Aktion in Frage kommen könnten und würde dann das Arbeitsamt diese Maurer für die Übernahme dieser Posten in Lindau und Umgebung einladen mit dem Hinweis, dass sie bis auf Weiteres bei der Zuteilung von Notstandsarbeiten nicht mehr berücksichtigt würden.
Bezüglich des Hereinnehmens des überschüssigen Verdienstes wird sich dies über die Devisenzentrale regeln lassen, ein Berufsarbeiter aus dem Unterlande hat dies letztes Jahr auch auf diesem Wege geregelt erhalten. Nach unsern Erkundigungen arbeiten auch aus Vorarlberg und Österreich mehrere hundert solcher Bauarbeiter in Deutschland, die das Geld auch auf diesem Wege hereinbringen und muss die Verdienstmöglichkeit schliesslich dort nicht so schlecht sein, denn gerade Knecht und Mägde gehen nach der Frankenabwertung lieber nach Deutschland als nach Liechtenstein, da sie dort mehr verdienen, als hier, was uns doch zu denken geben sollte, besonders nachdem die Mark seit der Abwertung des Frankens diesem gegenüber einen hohen Kurs hat.
Wir appellieren daher nochmals an Sie mit dem Ersuchen, alles zu unternehmen, um den Auftrag ausführen zu können, damit der liechtensteinischen Arbeiterschaft kein Fiasko entsteht.
Ihren Bericht möchten wir möglichst bis Freitag Mittag besitzen.
Hochachtungsvoll
Liechtensteinisches Arbeitsamt Vaduz:
Abschriften ergehen auch an die Gemeindevorstehungen Vaduz, Triesenberg, Triesen, Balzers, Schaan, Gamprin u. Ruggell.
Die Gemeindevorstehungen werden gebeten, auch das Möglichste zu tun, dass diese Partie aufgebracht werden kann.
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[1] LI LA RF 170/337/003. Das Schreiben ging auch an die Regierung zur Kenntnisnahme.
[2] Die Regierung bemühte sich seit Sommer 1936 darum, einer grösseren Zahl von Bauarbeitern Saisonarbeitsstellen in Süddeutschland zu verschaffen (LI LA RF 163/286/002/001, 002, 006).