Schreiben des Eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartements an Regierungschef Josef Hoop, gez. Bundesrat Rudolf Minger [1]
17.5.1939, Bern
Herr Regierungspräsident,
Wir beehren uns, den Empfang Ihres Schreibens vom 29. April zu bestätigen, womit Sie uns um Auskunft über die bestehenden Bestimmungen betreffend die kriegsvorsorgliche Vorratshaltung ersuchten. [2] Wir kommen hiermit Ihrem Wunsche gerne nach und bringen Ihnen folgendes zur Kenntnis:
Die gesetzliche Grundlage für die kriegsvorsorglichen Vorbereitungen des Bundes bildet das Bundesgesetz vom 1. April 1938 über die Sicherstellung der Landesversorgung mit lebenswichtigen Gütern. [3] Dieses Gesetz sieht in Artikel 3 vor, dass der Bundesrat in unsicheren Zeiten Massnahmen zur Anlegung und Vermehrung von Vorräten treffen kann. Die allgemeinen Ausführungsbestimmungen zu diesem Gesetz sind in der bundesrätlichen Verordnung I vom 30. Dezember 1938 geordnet.
In Ausführung des genannten Bundesgesetzes hat der Bundesrat ausserdem eine Reihe von Beschlüssen über die Anlegung von Mindestvorräten an bestimmten lebenswichtigen Gütern gefasst. Es betrifft dies Benzin, Reis, Kaffee, Zucker, Speiseöle und Speisefette sowie Rohstoffe und Halbfabrikate zu deren Herstellung, ferner Futterhafer und Futtergerste sowie Koks und Braunkohlenbriketts für Hausbrandzwecke. [4]
Die jeweils getroffene Regelung beruht im Prinzip darauf, dass die betreffenden Importeure, falls sie inskünftig Anspruch auf die Zuteilung von Einfuhrkontingenten erheben wollen, mit dem Eidg. Volkswirtschaftsdepartement einen Lagerhaltungsvertrag abschliessen müssen. Wir gestatten uns, Ihnen die Texte des erwähnten Bundesgesetzes und der Vollzugserlasse sowie einige Vertragsmuster [5] zu übersenden.
Im weitern hat das Eidg. Volkswirtschaftsdepartement letzten Monat einen Aufruf an das Schweizervolk über die Anlegung von Lebensmittelvorräten in den Haushaltungen erlassen, wovon wir ebenfalls ein Exemplar beilegen. [6]
Sofern Sie nach Kenntnisnahme der vorliegenden kurzen Hinweise noch weitere Aufklärungen wünschen, stehen wir selbstverständlich gerne zu Ihrer Verfügung. [7]
Genehmigen Sie, Herr Regierungspräsident, die Versicherung unserer vorzüglichsten Hochachtung.
Beilagen [8]
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[1] LI LA RF 191/136/004.
[2] Regierungschef Josef Hoop ersuchte das Eidgenössische Volkswirtschaftsdepartement um Auskunft, ob in der Schweiz Bestimmungen über die Vorratshaltung durch Geschäftsleute, Private usw. für den Fall eines kriegerischen Konfliktes erlassen worden seien (LI LA RF 191/136/001).
[3] LI LA RF 191/136/006.
[4] LI LA RF 191/136/007-013.
[5] LI LA RF 191/136/016-019.
[6] LI LA RF 191/136/014-015.
[7] Siehe das Antwortschreiben der Regierung an das Eidgenössische Volkswirtschaftsdepartement vom 23. Mai 1939, in welchem die Regierung für Liechtenstein die Durchführung einer gleichen Aktion hinsichtlich der kriegsvorsorglichen Vorratshaltung ankündigte (LI LA RF 191/136/005).
[8] Siehe FN 3-6.