Gedächtnisprotokoll, gez. Eduard Batliner, Direktor der Sparkasse [1]
23.7.1943
Gedächtnisprotokoll
über die Unterredungen beim englischen und amerikanischen Konsulat in Zürich vom Freitag den 23. Juli 1943 betreffs Streichung meines Namens auf der Schwarzen Liste.
Britisches Konsulat, vormittags 11 Uhr bei Herrn Vicekonsul Walker.
Der Gefertigte erkundigte sich über die Gründe, die dazu und zwar noch ohne vorherige Befragung geführt haben, ihn auf die Schwarze Liste zu setzen. [2] Walker erklärte, dass ich nur deshalb auf die Schwarze Liste gesetzt worden sei, weil ich als Verwaltungsrat der Press– und Stanzwerk Aktiengesellschaft, Eschen, die als eine Gründung des Herrn Emil Bührle, Zürich, angesehen werde, aufscheine. Herr Emil Bührle sei schon seit längster Zeit auf der Schwarzen Liste und deshalb musste auch seine liechtensteinische Firma auf die Schwarze Liste gesetzt werden, betonte Herr Walker. Ich bestritt, dass die Press– und Stanzwerke A.G. Eschen von Herrn Emil Bührle gegründet wurde, die Beziehungen des Herrn E. Bührle zur Presta in Eschen kämen davon her, dass Herr E. Bührle die von der Presta in Eschen angefertigten Artikel übernehme, erwähnte ich. Die Presta liefere nur in die Schweiz u. zw. nur Hülsen und keine mit Pulver gefüllten Gegenstände und ins Ausland werden überhaupt keine Waren versandt, behauptete ich. Herr Walker sagte, dass dies schon richtig sein könne, aber Herr E. Bührle beliefert von Zürich aus das Ausland und damit die Feinde der Alliierten. Herr E. Bührle habe mit der Presta schon etwas zu tun, das beweise, dass er bei der Eröffnung des Werkes in Eschen in Anwesenheit des Fürsten, der fürstl. Regierung etc. den Werdegang über die Gründung der Firma bis zum Eröffnungstage schilderte. Da diese Feier von einer liechtenst. Zeitung geschildert wurde, [3] ist anzunehmen, dass Herr E. Bührle mit dem Werk etwas eng verbunden ist, erklärte Herr Walker. Ich betonte, dass Herr E. Bührle auch die Schweizer Armee bediene und so könnte es sein, dass dafür die Waren von der Presta verwendet werden. Wiederholt stand ich auf dem Standpunkt, dass die Presta nur für die Schweiz und nicht für das Ausland liefere und es sei deshalb unverständlich, dass die Firma und ihre Verwaltungsräte auf die Schwarze Liste gesetzt worden seien. Walker erwiderte, dass ich von der Schwarzen Liste erst nach Ausscheiden aus dem Verwaltungsrat der Presta gestrichen werden könne. Ich wiederholte, dass ich dort ohne Zeichnungsberechtigung nur eine treuhänderische Stellung einnehme. Die Annahme des Mandates sei von mir nur im Interesse der Anstalt [4] und damit auch indirekt im Interesse des Landes erfolgt, weil ich mir damit den bankmässigen Verkehr des Unternehmens sichern konnte und dies sei das Bestreben einer jeden Bank. Welche Folgen entstehen, wenn ich nicht aus dem Verwaltungsrat ausscheide, fragte ich. Walker erklärte, dass er mir persönlich raten würde, aus dem Verwaltungsrat auszutreten, wodurch der Streichung nichts mehr im Wege stehe, sonst könnten in England und Amerika meine Interessen Schaden leiden. Ich ersuchte nochmals, überprüfen zu wollen, ob aufgrund meiner rein treuhänderischen Funktionen bei der Presta eine Streichung auf der Schwarzen Liste ohne Ausscheiden aus dem Verwaltungsrat möglich wäre und darauf wurde mir versichert, allerdings ohne irgendwelche Hoffnungen zu geben, den Fall erneut studieren zu wollen und mir dann Bescheid zukommen zu lassen.
Amerikanisches Konsulat, nachmittags 1/2 3 Uhr bei Herrn Konsul [Robert T.] Cowan.
Die Unterredung spielte sich im grossen und ganzen im gleichen Rahmen wie vormittags beim englischen Konsulat ab. Die Gründe, warum ich auf die Schwarze Liste gesetzt worden bin, sind dieselben, wie sie vom englischen Konsul dargelegt wurden. Auch dem amerikanischen Konsul wiederholte ich, das die Press– und Stanzwerk A.G. in Eschen nicht über die Grenze, sondern nur nach der Schweiz u. zw. an die Werkzeugmaschinenfabrik Oerlikon Bührle & Co., Zürich, ihre Ware absetze. Dazu meinte Herr Konsul Cowan, dass die Presta an die Firma E. Bührle, weil sie auf der Schwarzen Liste figuriere, keine Waren liefern dürfe, da die Firma E. Bührle die Waren sofort den Achsenländern übergebe. Falls die Presta die Lieferungen an die Firma E. Bührle einstelle, so könne die Press– und Stanzwerk A.G. und ihre Verwaltungsräte auf der Schwarzen Liste gestrichen werden. Der amerikanische Konsul wusste genau, dass ich Direktor der Liechtensteinischen Landesbank bin und deshalb wiederholte ich ihm gegenüber die Gründe, die mich bewogen haben, das Mandat eines nichtzeichnungsberechtigten Verwaltungsratsmitgliedes bei der Presta anzunehmen. Ich gab Herrn Konsul Cowan zu verstehen, dass am Platze Zürich sicherlich alle Grossbanken mit der Firma E. Bührle in Geschäftsverbindung stehen, wodurch den betreffenden Banken keine Unannehmlichkeiten in den Weg gelegt werden. Es sei, um den Bankverkehr mit der Press– und Stanzwerk A.G., Eschen, zu sichern, nur im Interesse [der Anstalt] und des Landes gelegen gewesen, den Verwaltungsratsposten bei der Press– und Stanzwerk A.G. anzunehmen. Ich sei auf keine Art und Weise persönlich am Werk beteiligt und derartige treuhänderische Funktionen werden auch von Leitern der Schweizer Banken ausgeübt, betonte ich. Konsul Cowan entgegnete, dass er dies wohl begreife, dass aber das Konsulat von England und Amerika bestimmte Weisungen und Vorschriften habe, welche es befolgen müsse. Er rate mir persönlich, den Verwaltungsratsposten möglichst sofort und nicht zu spät niederzulegen. Dann stellte ich an den Konsul Cowan die konkrete Frage, ob die Liechtensteinische Landesbank für den Fall, dass ich nicht aus dem Verwaltungsrate der Presta ausscheide, auch auf die Schwarze Liste gesetzt werde. Darauf antwortete Cowan mit einem Nein. Für die Liechtensteinische Landesbank könnten aber in der Hinsicht Schwierigkeiten aufscheinen, dass für ihre Geschäftsabwicklungen in England und Amerika, speziell aber in der Erteilung von Licenzen Erschwerungen entstehen. Ich wiederholte meine Bitte, aufgrund meiner erteilten Aufklärungen, mich von der Schwarzen Liste zu streichen. Darauf wurde erneut erwidert, dass eine nochmalige Prüfung wohl aussichtslos erscheine, schon aus dem Grunde, weil die Press– und Stanzwerk A.G. als Neugründung für Kriegsmateriallieferungen anzusprechen sei. Bei derartigen Neugründungen kommen jeweils sämtliche Verwaltungsräte der Firma und auch der Firmaname selber auf die Schwarze Liste. Ich erklärte immer wieder, dass die Presta nur nach der Schweiz liefere und dass sie im Interesse des Landes Liechtenstein, weil sie ein grosser Teil der liechtenst. Arbeiter beschäftige, gegründet worden sei. In der Nachkriegszeit, vielleicht schon früher, werde die Presta auf Friedensmaterial umgestellt. Ohne aus dem Verwaltungsrat zurückzutreten, könne man mich leider nicht streichen, betonte Cowan und damit war die Besprechung zu Ende.
Gefertigt: