Referat, gehalten am Lehrerkurs im September 1955, vermutlich um 1962 aktualisiert, nicht gez. [1]
September 1955
Die liechtensteinische Industrie
(Referat, gehalten am Lehrerkurse September 1955)
Es ist allgemein bekannt, dass die Industrie in Liechtenstein verhältnismässig spät Eingang gefunden hat und es gilt von ihren Anfängen bis heute, dass die Betriebe mehrheitlich von Ausländern gegründet wurden. Die Gründe für diese Tatsachen sind mannigfach:
1. Ein grosser Teil der Industriebetriebe hat sich im 19. Jahrhundert durch Erweiterung von Gewerbebetrieben gebildet.
In Liechtenstein war aber das Gewerbe noch vor hundert und auch vor 50 Jahren schwach ausgebildet und auf jene Zweige des Kleingewerbes beschränkt, die mit dem unmittelbaren Verbrauch und der Landwirtschaft in Zusammenhang stehen.
Wer ein wenig Familiengeschichte betriebt, wird sich immer wieder wundern, in wie vielen Fällen der erste Einwanderer nach Liechtenstein ein Handwerksmann war, der eben deshalb in unser Land kam, weil Mangel an gelernten Handwerkern herrschte.
In dem Berichte, den Landvogt [Josef] Schuppler [2] 1915 [1815] an Fürst Johannes I. über die wirtschaftlichen Verhältnisse des Landes schreibt, stellt er fest, dass das Handwerk schlecht vertreten sei, es fehle die richtige Lehrzeit und das Wandern. Er bemerkt noch, dass viele Liechtensteiner als Maurer oder Zimmerleute im Frühjahr in die Schweiz, nach Schwaben oder Frankreich gehen oder (die sogenannten Schwabengänger) als Knechte oder Hirten nach Schwaben, um im Spätherbst wieder zurückzukehren.
Denken wir z.B. daran, dass der junge Josef Rheinberger, als er um 1850 in Feldkirch wohnte, an Samstagen meist in Gesellschaft des "Vaduzer Fleischboten" heimkam, der Fleisch und andere Waren auf einem kleinen, mit einem Esel bespannten Wagen ins Land führte, denken wir, wie wenig lang es her ist, dass der "Bot-Nigg" Handelswaren aus Feldkirch brachte, von denen man sich heute nicht mehr vorstellen kann, dass sie nicht auch im kleinsten Dorf gehandelt werden.
Die gewerbliche Grundlage zur Entwicklung einer Industrie fehlte also in unserem Lande so gut wie ganz.
2. Unser Land war von einer unvorstellbaren Kapitalsarmut.
Es war üblich, Geldgeber im Bündnerland zu suchen, wenn dringend auch nur eine kleinere Summe benötigt wurde, eine Praxis, die nicht nur der liechtensteinische Bauer übte, sondern die Grafen von Hohenems schon reichlich benützten (siehe ihre Schuldenregelung anno 1700). Zu hohen Zinsen und Vermittlergebühren kam nur spärliches Geld ins Land.
Denken wir doch daran, dass die Sparkasse erst 1861 gegründet wurde und dass sie vom Landeskasseverwalter im Nebenamt (!) geführt wurde. Die Summe der Einlagen betrug 1863 erst 15'000 Gulden!
Das erste, auf Grund der Verfassung von 1862 aufgestellte Landesbudget [3] stellte sich einschliesslich der Militärkosten auf 39'000 Gulden.
Die Kapitalsarmut machte also die Gründung von liechtensteinischen Industriebetrieben so gut wie unmöglich.
3. Die geographisch-politische Lage des Landes hinderte lange Zeit das wirtschaftliche Aufsteigen.
Liechtenstein gehörte seit 1815 dem Deutschen Bund an. 1933 [1833] hatten fast alle der deutschen Bundesstaaten den Deutschen Zollverein gegründet, eine Währungs- und Wirtschaftseinheit. Österreich schloss sich nicht an und Liechtenstein war mit keinem der grossen Wirtschaftsgebilde, weder mit den Staaten des Zollvereines noch mit Österreich wirtschaftlich verbunden. Es betrieb seine kleinen Zollämter vielmehr wie vor Jahrhunderten, zu einer Zeit, als die ersten Eisenbahnen fuhren und man die Notwendigkeit grösserer Zusammenhänge erkannt hatte.
Erst der Zolleinigungsvertrag mit Österreich vom Jahre 1852 [4] schuf neue Verhältnisse.
Es ist bezeichnend, dass erst nach dem Zollanschluss Interessenten für Industriegründungen ins Land kamen, wenn auch wohl beim Zollanschluss die Hauptvorteile bei Österreich lagen, dass nun Hauptlieferant der gewerblichen, industriellen und auch der meisten landwirtschaftlichen Produkte wird, während Liechtenstein sein Vieh und den Wein (die damals fast einzigen Ausfuhrerzeugnisse) weiterhin zum Grossteil nach der Schweiz verkaufte.
In dem Kommissionsberichte, den Landrichter [Markus] Kessler für den Landtag zum Zwecke von Verhandlungen über Änderung der Zollvertragsbestimmungen verfasst, lesen wir: "Die Gewerbe im Lande haben durch die Zolleinigung nicht viel gewonnen. Die liechtensteinischen Gewerbe waren von jeher unbedeutend. Es herrscht wenig Unternehmergeist im Lande, auch fehlen die zum Betriebe grösserer Geschäfte nötigen Kapitalien." Allerdings kann dann in diesem Berichte weiter festgestellt werden: "Bis zum Jahre 1852, wo der erste Zollvertrag mit Österreich abgeschlossen wurde, hatte Liechtenstein keine Industrie. Seitdem hat sich die Lage etwas geändert. Unter dem Zollschutz sind drei namhafte mechanische Baumwollwebereien entstanden."
Wir sehen: Erst der Anschluss an ein grösseres Wirtschaftsgebiet schafft die Möglichkeit der Entwicklung grösserer Betriebe.
4. "Der fehlende Unternehmergeist"
Die späte, zaghafte Entwicklung des Gewerbes, die wir schon erwähnten, der späte Anschluss an ein grösseres Zollgebiet und die auch nachher recht langsam sich vollziehende wirtschaftliche Entwicklung lassen diese Bemerkung des (aus Schwaben stammenden) Landrichters und Landtagsabgeordneten als berechtigt erscheinen.
Was aber sind die Gründe des "fehlenden Unternehmergeistes" des Liechtensteiners von damals?
Man kann die Bemerkung nicht nur damit abtun, dass man feststellt, es habe einfach das grössere Wirtschaftsgebiet gefehlt, Liechtenstein sei ein Zwerggebilde zwischen der schon 1848 geeinten Schweiz und dem grossen Österreich gewesen. Die Gründe liegen bestimmt tiefer.
Liechtenstein hatte damals überhaupt keinen "bürgerlichen Mittelstand", es fehlen die sogenannten Patrizierfamilien wie schon Poeschel [5] bedauernd in seinem Werke über die Kunstdenkmäler Liechtensteins feststellt. Das liegt nicht nur daran, dass wir keine Stadt haben. Vergleichen wir doch nur unsere Verhältnisse mit den Bündner ländlichen Patrizierfamilien.
Liechtenstein war lange, zu lange recht eigentlich "Untertanenland". Mag die Institution der Landamänner im 19. Jahrhundert wirklich verwaltungsmässig wie in der Rechtspflege veraltet gewesen sein, eines hatte sie noch für sich: Die Selbstverantwortlichkeit des Bürgers war in dieser Einrichtung verkörpert. Die Abschaffung 1808 brachte eigentlich die Allmacht der Verwaltung. Der Landvogt war ein Beamter der Herrschaft, er war aber auch zugleich (nach heutigen Begriffen) Regierungschef und in wichtigeren Dingen Vorsteher der Gemeinden, denn auch die Gemeinden hatten recht eigentlich in ihrer Verwaltung die Aufgabe, die Aufträge der Behörden auszuführen und sonst kaum etwas für sich zu tun. Es scheint doch bezeichnend, dass sich auch nach dem Gemeindegesetz von 1864 die Gemeinden nur langsam daran gewöhnen konnten, selbst zu entscheiden.
Und was bis in die kleinsten Gemeinden hinaus wirkte, das ging auch am Geiste des Bürgers nicht spurlos vorbei. Er war "Untertan" und das heisst geistig eben, dass ihm der Geist der Selbständigkeit, aus dem jedes Unternehmertum wächst, verkümmert war.
Dazu kam noch, dass die Sicherung des Landes gegen Rhein und Rüfen gerade damals die schwache wirtschaftliche Kraft des Volkes voll beanspruchte.
Geschichtliche Entwicklung
Die ehemalige Ziegelei Nendeln, entstanden wohl in der Zeit der Hohenemser Grafen, war Besitz der Herrschaft bis zum Verkaufe 1870. Eingestellt wurde sie im Ersten Weltkrieg.
Es mag sein, dass die Lehmgrube dieser Ziegelei der Anlass war, dass der Eschener Bürger Albert Schädler, gewissermassen ein Rückwanderer, der das Töpferhandwerk erlernt hatte, 1836 mit der Fabrikation für Töpferwaren begann. Der Betrieb gedieh und wuchs zu einer Ofenfabrik aus, somit zum ersten eigentlichen Fabrikbetrieb des Landes. Kessler schreibt im erwähnten Berichte: "Die Ofenfabrik Nendeln scheint dem freien Verkehr mit Vorarlberg einen grossen Teil ihres Gedeihens zu verdanken." Dass der Betrieb der Vorläufer der heutigen keramischen Werkstätten, die seit fast 30 Jahren auf Kunstkeramik umgestellt sind.
Somit ist immerhin der erste eigentliche Fabrikbetrieb Liechtensteins von einem Liechtensteiner gegründet.
Mit dieser Ausnahme beruht aber die Industrie Liechtensteins bis 1934 ausschliesslich auf der Textilindustrie.
Der Anlass zur Etablierung von Textilunternehmungen in Liechtenstein war zu suchen 1.) im Vorhandensein von Wasserkraft, mit der die Maschinen betrieben wurden, 2.) in der Hoffnung von Schweizer Unternehmern, von hier aus für das österreichische Wirtschaftsgebiet Absatz zu finden, 3.) in der Hoffnung, in einem industriell noch nicht erschlossenen Lande billige Arbeitskräfte zu finden.
Sowohl bei den Vaduzer Betrieben als auch bei der Triesner Fabrik war die Erwerbung von Wasserrechten bzw. Mühlen die Grundbedingung zur Betriebsaufnahme.
1861 wurde im Mühleholz eine Färberei eröffnet, aber bald wieder aufgegeben, 1863 von Franz Anton Kircht[h]aler die Konzession für eine Weberei in Triesen erworben, die Fabrik wurde erbaut, brannte aber 1866 nieder. Die Gründer verfügten nicht über die Kapitalien zum Wiederaufbau und zur Weiterführung. Die Firma Enderlin und Jenny (jetzt Fritz und Kaspar Jenny in Ziegelbrücke) errichtete den Neubau und übernahm den Betrieb. Die Triesner Weberei ist somit das älteste Grossunternehmen in Liechtenstein, das Bestand hatte.
Zur gleichen Zeit (Mitte der 60er Jahre) wurden in Vaduz zwei Webereien, ebenfalls mit Wasserrechten, begründet. Die Besitzer wechselten sehr häufig. In Erinnnerung geblieben ist der Name Rosenthal und man hört noch gelegentlich von den beiden Fabriken (die Gebäude der "unteren" und der "oberen" Fabrik bestehen noch und dienen auch heute Fabriksunternehmungen) als den Rosenthal-Fabriken sprechen. Während des Ersten Weltkrieges wurden sie wegen Rohstoffmangels stillgelegt und der Betrieb wurde nicht wieder aufgenommen.
1891 wurde die Spinnerei Spoerry eröffnet und 1904 erfolgte die Zusammenlegung der Vaduzer und Triesner Fabrik in das eine Unternehmen "Jenny, Spoerry & Cie".
1874 beschäftigte der Triesner Betrieb 125 Arbeitskräfte, die beiden Mühleholzer Webereien ebensoviel. Die 250 Arbeiter verdienten 54'000 Gulden Jahr, der Jahreslohn war also etwa 200 Gulden.
Rühmend erwähnt Landrichter Kessler: "Die Arbeiter, welche diese grosse Summe verdienen, sind meistens Liechtensteiner, die noch den grossen sittlich-ökonomischen Vorteil geniessen, dass sie zu Hause wohnen und sich verköstigen können. Die hier verwertete Arbeitskraft würde ohne Fabrikindustrie grösstenteil brachliegen." Er verteidigt dann die Industrie gegen den Vorwurf, dass für die Arbeiter sittliche und physische Nachteile verbunden sind, und fährt fort: "Die hohen Arbeitslöhne, welche verdient werden, haben auch den Wohlstand gehoben. Man lebt und kleidet sich besser."
Nach der Mitte des vorigen Jahrhunderts wurde wie im st.gallischen und vorarlbergischen Rheintal auch in Liechtenstein die Stickereiindustrie heimisch. Die Arbeiterzahl wurde, da Heimarbeit, nicht erfasst, aber die Zahl der Maschinen. 1897 waren rund 100, im Jahre 1909 rund 200 und 1918 noch 100 Stickmaschinen gezählt.
Bekanntlich wurde die Stickerei hauptsächlich im Unterland, später auch etwas in Triesenberg und Triesen betrieben. Das Unternehmen Jakob Batliner in Eschen war mit 25 Maschinen schon eine Stickereifabrik.
Sogleich nach dem Ersten Weltkriege kam die grosse Krise und noch in den Zwanzigerjahren verschwand diese Industrie ganz aus dem Lande. Sie kam auch nicht mehr auf, obwohl im Kanton St. Gallen und in Vorarlberg wieder gute Zeiten für diese Beschäftigung gekommen sind.
Der Arbeiterstand in der liechtensteinischen Industrie betrug
1884 Fabrikarbeiter 475, mit Stickern etwa 600,
1908 Fabrikarbeiter 650, mit Stickern etwa 850,
1912 Fabrikarbeiter 745, mit Stickern etwa 950.
Und nach dem Ersten Weltkrieg kam der Zusammenbruch der liechtensteinsichen Industrie. Die Mühleholzer Webereien wurden nicht wieder eröffnet und bis 1921 konnten auch die Betriebe Jenny, Spoerry & Cie, die 1910 gegen 500 Arbeiter beschäftigten, nicht wieder in Betrieb gesetzt werden. Dazu der Ausfall der Beschäftigung in der Stickerei!
Es war damals ein Glück, dass die Firma Jenny Spoerry auf vollen Touren lief und durch mehr als ein Jahrzehnt eigentlich zum Träger der liechtensteinischen Industrie wurde.
Es muss beachtet werden, dass es im Wesen der Textilindustrie liegt, mehr weibliche als männliche Arbeitskräfte zu beschäftigen. Von den 745 im Jahre 1912 in den Fabrikbetrieben Beschäftigten waren 470 weibliche und nur 275 männliche Arbeitskräfte. Die Industrie bot noch keine volle Lösung der Unterbringung freiwerdender männlicher Arbeitskräfte.
Schon vor dem Ersten Weltkriege, als noch die volle Freizügigkeit der Arbeitsaufnahme bestand, suchten viele Liechtensteiner Arbeit im Auslande, vor allem als Bauarbeiter oder sie liessen sich dort überhaupt nieder. Auch die Auswanderung nach Amerika war bedeutender als heute.
Ein wesentlicher Teil der etwa 1700 in der Schweiz lebenden Liechtensteiner und der etwa 700 in Österreich lebenden Landsleute ist schon vor dem Ersten Weltkriege ausgewandert.
Die zweite Welle kam durch den Zusammenbruch der Industrie im Ersten Weltkriege. Die ältere Generation unserer Bauarbeiter kennt diese Zeiten aus eigener Erfahrung. Das schweizerische Gesetz vom Jahre 1931, eine Folge der Wirtschaftskrise, stoppte diese Möglichkeit fast ganz, denn es regelte Aufenthalt und Arbeitsannahme von Ausländern sehr streng. Die Auswirkungen dieser Bestimmungen verschärften übrigens die Wirtschaftskrise in den Dreissigerjahren in unserem Lande noch mehr. 1938 begann die Möglichkeit Arbeit in Deutschland aufzunehmen und 1941 begann die Grenzgängerei nach Vorarlberg, die 1943 mit etwa 500 liechtensteinischen Grenzgängern nach Vorarlberg den Höhepunkt erreicht hatte.
Die Konsequenzen der Zeit darniederliegender oder zu wenig vorhandener Industrie seien hier nur etwa ausführlicher besprochen, weil daraus mit zwingender Notwendigkeit erkannt werden kann, was heute wäre, wenn nicht 1945 unsere Industrie ausgebaut worden wäre:
Arbeitsannahme im Auslande (besonders als Bauarbeiter und ungelernte Kräfte in der Schweiz) und, soweit als möglich Auswanderung. Die immense Vergrösserung der Bevölkerungszahl würde das Problem noch ungleich schwieriger gestalten als noch vor dreissig oder vierzig Jahren.
Zwischen den beiden Weltkriegen
Wie erwähnt, waren die beiden Betriebe der Firma Jenny, Spoerry & Cien ach ihrer Wiederöffnung durch lange Zeit die beiden einzigen grösseren Industrieunternehmungen.
Als kleinere Betriebe entstanden etwa 1930 die Bettfedernfabrik Hanauer & Schmidt und 1932 die Lackfabrik Schekolin AG. Der erste grössere Betrieb, der in dieser Zwischenzeit eröffnet wurde, ist die Zahnfabrik Ramco AG in Schaan, die 1934 ins Land kam.
Die Jutefabrik Eschen (von der die Presta die Gebäude übernahm) entsprach in ihrem Betriebe nicht den in sie gesetzten Erwartungen und musste nach wenigen Jahren und nachdem ein Brand eingetreten war, die Fabrikation einstellen.
Erfreulicherweise entwickelten sich in dieser Zeit liechtensteinische Betriebe zu eigentlichen Industrieunternehmungen:
Die Firma Gebrüder Schädler ging 1930 auf die Erzeugung von Kunstkeramik über und ihr Aufstieg datiert von dieser Umstellung her, denn in den zwanziger Jahren war nur noch eine geringe Erzeugung von Ofenkacheln von der einstigen Ofenfabrik übrig geblieben.
Die Scana AG wurde 1936 gegründet und nahm ihre Produktion gleich fabrikmässig, wenn auch lange nicht im heutigen Umfange, auf. Sie beschäftigte in der ersten Zeit etwa 15 Arbeitskräfte.
Aus dem Schlossergewerbe (gegründet 1870), dem sich ein Installationsbetrieb anschloss, entwickelte sich die Firma Gustav Ospelt, Apparatebau. Der Beginn der Fabrikation von Herden und Kesseln im Jahre 1938 ist der eigentliche Übergang zum Fabrikbetrieb.
Fast zur gleichen Zeit ging die Umstellung des ehemaligen Garagebetriebes Hilti zur fabrikmässigen Produktion vor sich. Die Firma Maschinebau Hilti OHG ist 1941 gegründet.
Wir sehen, dass liechtensteinischer Unternehmungsgeist verhältnismässig bald nach dem Verfall der österreichischen Währung und damit des gesamten liechtensteinischen Sparkapitals sich aus eigener Kraft zu angesehenen Unternehmungen emporarbeiten. Alle vier Firmen haben sich seit dieser Zeit beträchtlich erweitert, haben Neubauten errichtet und stellen heute die eigentlichen liechtensteinischen Industriebetriebe dar.
Im 2. Weltkriege
Mit dem Ausbau der Firma Maschinenbau Hilti (die als erste Lehrlinge in der Metallbranche der Industrie ausbildete) und der Etablierung der Firma Press- und Stanzwerk AG kam die Metall- und Maschinenindustrie in unser Land, die heute fast zwei Drittel der Arbeitskräfte in der Industrie und den grössten Teil der Lehrverhältnisse innehat, soweit es die männlichen Kräfte betrifft.
Gerade in diesen beiden Tatsachen liegt der ungeheure Wert dieser Industriezweige: Sie beschäftigen vorwiegend männliche Arbeitskräfte, denen sie familienerhaltende Positionen bieten und sie bilden junge Berufsleute aus.
Nach dem Zweiten Weltkriege
Das nun abgelaufene Jahrzehnt seit dem Zweiten Weltkriege wird man einst in der Geschichte unseres Landes als die grosse Zeit der Industrialisierung bezeichnen, stieg doch die Zahl der Lohnempfänger (Arbeiter) von 1945 bis 1954 von 693 auf 1833 an, also auf das mehr als Zweieinhalbfache.
Es soll hervorgehoben werden, dass erst im Jahre 1946 der Arbeiterstand in unserer Industrie erreicht wurde, den sie schon vor dem Ersten Weltkriege innehatte.
Neugründungen dieses Jahrzehntes sind (zunächst die bedeutendsten):
1. Die Firma Contina AG, Büro- und Rechenmaschinenfabrik in Mauren
2. Die Gerätebau-Anstalt in Balzers
3. Die Firma Elastinwerk AG in Triesen
4. Die Firma Datex in Schaan
5. Die Neoliza AG, Zahnfabrik Vaduz
6. Die Patent- und Versuchsanstalt (Censor) in Vaduz
7. Die Firma IBA in Schaan
8. Textilia Ruggell.
Aus kleinen Anfängen wurde zum Industriebetrieb die Firma Präzisionsapparatebau AG Vaduz.
Eine Reihe liechtensteinischer Gewerbebetriebe wurde durch Vergrösserung dem Fabrikgesetz unterstellt, ohne den Charakter der gewerblichen Produktion verloren zu haben. Es sind dies:
1. Ferdi Frick, Bau- und Möbelschreinerei, Schaan
2. Simon Brunhart, Möbelschreinerei in Balzers
3. Christoph Frommelt, Schreinerei und Zimmerei, Schaan
4. Gebr. Roeckle, Sägewerk, Vaduz
5. Buch- und Verlagsdruckerei Vaduz
6. Erwin Ospelt, Garage, Vaduz
Zwei kleinere Neugründungen sollen noch erwähnt sein, weil sie von Anfang an in ihrer Produktion industriellen Charakter hatten und weil die Gründer Liechtensteiner sind:
1. E. Konrad, Schuhfabrik Schaan
2. Die Firma Meba AG Balzers
Ferner seien erwähnt:
1. Die Firma Rheintaler Mechanik, Vaduz
2. Das Etablissement Trisuna, Triesenberg
Eine Besonderheit der ersten Nachkriegsjahre war auch die Strickereiindustrie, zum Teil als Heimarbeit ausgeführt, zum Teil in eigenen Lokalen etabliert. Der Übergang der Produktion in Grossbetriebe und das Vordringen des Nylon-Strumpfes setzten, neben anderen Ursachen der Kleinproduktion in Liechtenstein sehr zu. Übriggeblieben ist nur das Unternehmen Siegfried Wanger in Schaan.
Wir erkennen eine Vielfalt von Neugründungen grösseren und kleineren Formates, ein Anwachsen liechtensteinischer Gewerbebetriebe neben Ausweitungen älterer Betriebe, im ganzen gesehen ein Anwachsen der industriellen Produktion, wie es in so kurzer Zeit wohl selten in einem Staate der Fall ist.
Der Anteil der Berufstätigen in Industriebetrieben im Verhältnis zu den Berufstätigen überhaupt liegt jetzt in Liechtenstein bereits über dem Schweizer Durchschnitt, dies, obwohl wir keine Städte haben, die naturgemäss auch zugleich Hauptorte der Industrie sind.
Fabriksstatistik
(Gemäss eidg. Fabrikzählung von September 1954, die nur die Lohnempfänger (Arbeiter) und nicht die Gehaltempfänger (Angestellten) erfasst)
| total | männl. | weibl. | total |
I. Nahrungs- und Genussmittel | total | 107 | 73 | 180 |
Elastin-Werk AG Triesen | | 90 | 21 | 111 |
Scana AG Schaan | | 17 | 52 | 69 |
| | | | |
II. Textilindustrie | total | 87 | 166 | 253 |
Jenny Spoerry Vaduz | | 35 | 70 | 105 |
Jenny Spoerry Triesen | | 47 | 80 | 127 |
Johler, Balzers | | - | 5 | 5 |
Weberei Eschen AG in Schaan | | 5 | 11 | 16 |
| | | | |
III. Bekleidung und Wäsche | total | 25 | 118 | 143 |
Datex AG Schaan | | 3 | 40 | 43 |
W. Marxer, Balzers | | 1 | 29 | 30 |
Siegfried Wanger, Schaan | | 3 | 18 | 21 |
Textilia Ruggell | | 14 | 23 | 37 |
E. Konrad, Schuhfabr. Schaan | | 4 | 8 | 12 |
| | | | |
IV. Ausrüstungsgegenstände | total | 5 | 6 | 11 |
Hanauer & Schmidt AG | | 5 | 2 | 7 |
Max Alexander, Schaan | | - | 4 | 4 |
| | | | |
V. Holzindustrie | total | 55 | 2 | 57 |
Gebr. Roeckle, Sägewerk | | 7 | - | 7 |
Polstermöbel-Etabl. | | 5 | 1 | 6 |
S. Brunhart, Balzers | | 12 | - | 12 |
Chr. Frommelt, Schaan | | 8 | - | 8 |
Ferd. Frick, Schaan | | 23 | 1 | 24 |
| | | | |
VII. Buchdruck (Buch- und Verlagsdr. Vaduz) | | 8 | 2 | 10 |
| | | | |
IX. Chem. Industrie | total | 16 | 5 | 21 |
Phafag AG Schaan | | 1 | 4 | 5 |
Schekolin AG Vaduz | | 15 | 1 | 16 |
| | | | |
X. Industrie der Steine u. Erden | total | 62 | 113 | 165 |
Gebr. Schädler, Keramik | | 24 | 15 | 39 |
Ramco AG Schaan | | 18 | 69 | 87 |
Neoliza AG Vaduz | | 7 | 25 | 32 |
Glasindustrie Vaduz | | 3 | 4 | 7 |
| | | | |
XI. Herstellung u. Bearbeitung von Metallen | total | 378 | 96 | 474 |
Press- und Stanzwerk AG | | 255 | 96 | 351 |
Meba AG Balzers | | 6 | - | 6 |
Gustav Ospelt, Werk Eschen | | 35 | - | 35 |
Gustav Ospelt, Werk Vaduz | | 73 | - | 73 |
Kraftwerke Schaan | | 9 | | 9 |
| | | | |
XII. Maschinen, Apparate, Instrumente | total | 321 | 193 | 514 |
Maschinenbau Hilti | | 88 | 6 | 94 |
Rheintaler Mechanik | | 7 | 2 | 9 |
Gerätebau-Anstalt | | 72 | 55 | 127 |
Trisuna, Triesenberg | | 7 | 48 | 55 |
Censor, Vaduz (Pat.- u. Versuchsanst.) | | 14 | 3 | 17 |
Präzisionsapparatebau AG | | 71 | 7 | 78 |
Contina AG | | 54 | 72 | 126 |
Erwin Ospelt, Garage | | 8 | - | 8 |
| | | | |
XV. Zentralanlagen für Kraft: LKW | | 5 | - | 5 |
Total Lohnempfänger in den Fabrikbetrieben | männlich | 1059 | ca. 58 % |
| weiblich | 774 | ca. 42 % |
| gesamt | 1833 | |
Lehrlinge Sept. 54: 83, davon 72 in Metall- und Maschinenindustrie
Lehrtöchter: 6, davon 3 in Metall- und Maschinenindustrie
Von den männlichen Arbeitskräften sind 66, also rund zwei Drittel, in der Metall- und Maschinenindustrie tätig.
Die Zahl der Arbeiter und Angestellten in den Industriebetrieben übersteigt die Zahl 2100.
Löhne und Gehälter
Zum ersten Male gibt der Jahresbericht der AHV für 1954 ein klares Bild über das Verhältnis des den Behörden fatierten [6] Einkommens der selbständig und unselbständig Erwerbenden. Es ergibt sich folgendes Bild:
AHV-Beiträge der selbständig Erwerbenden (= 4 %): Fr. 302'032.- = 26 %
AHV-Beiträge der unselbständig Erwerbend. (4 %): Fr. 847'938.- = 74 %
total Fr. 1'149'970.-
Die selbständig Erwerbenden bekennen somit Fr. 7'550'580.- Einkommen.
Das Einkommen der Unselbständigen von Fr. 21'198'450.- kann man gliedern:
Arbeiter und Angestellte der Industriebetriebe: Fr. 10'421'000.- (laut AHV),
Beamte und Angestellte des Staates (lt. Rg.-Bericht) Fr. 1'650'000.- (mit Löhnen),
folglich übrige Arbeiter und Angestellte des Baugewerbes, Handwerke, Handel und Verkehr, Banken, Büros usw., auch der Gemeinden Fr. 9'127'450.
Wir erkennen also:
1. Die Löhne und Gehälter der Industriebetriebe sind um mehr als eine Million Franken grösser als die aller sonstigen Privatbetriebe einschliesslich der Gemeinden.
2. Die Löhne und Gehälter der Industriebetriebe übertreffen das dem Staate einbekannte Einkommen aller selbständig Erwerbenden (Handel und Handwerke, alle Akademiker, die gesamte Landwirtschaft) um rund 3 Millionen oder 38 %!
3. Die Industrie ist also bereits zum grössten Arbeitgeber überhaupt geworden und durch ihre direkten und indirekten Leistungen zum wichtigsten wirtschaftlichen Faktor des Landes, was die obigen Zahlen beweisen.
Die Bedeutung der Industrie für die Wirtschaft des Landes liegt auf der Hand.
1. Rund 30 % der in unserem Lande berufstätigen Personen arbeitet in den Industriebetrieben; das ist mehr als die Summe der im Baugewerbe und allen Handwerken Tätigen, die an zweiter Stelle folgen, und um rund 60 % mehr als die Zahl der in der Landwirtschaft Beschäftigten.
Die Industrie ist gesamthaft zum grössten Arbeitgeber geworden.
Allein seit 1950 ist eine Steigerung der Arbeiterzahlen um 50 % eingetreten.
2. Das Wertvolle an der Entwicklung ist nicht nur in der absoluten Steigerung der Beschäftigten zu suchen, sondern im immer grösser werdenden Anteil der Männer. Wir haben gesehen, dass im Jahre 1912 nur etwas mehr als ein Drittel (37 %) Männer in den Fabriken beschäftigt waren. 1949 übertriftt erstmals die Zahl der Männer die der Frauen und heute sind 58 % Männer in Arbeit!
Die Erscheinung aus der Zeit des Überwiegens der Textilindustrie, dass die Tochter oder Frau einen zusätzlichen Verdienst ins Haus bringt, wird abgelöst von der Errungenschaft, dass immer mehr Männer den familienerhaltenden Lohn aus der Industriearbeit beziehen.
3. Die bekanntlich gerade in den nächsten Jahren so sehr ansteigende Zahl der Schulentlassenen gibt grosse Probleme zu lösen auf. Die Landwirtschaft ist ausserstande, eine irgendwie ins Gewicht fallende Steigerung der Beschäftigten vorzunehmen, die Handwerke sind in ihrer Gesamtheit in zwei Gruppen zu teilen: Die dem Baugewerbe verbundenen Berufe und vor allem das Baugewerbe selbst sind noch in der Lage, eine grössere Zahl von Arbeitern zu beschäftigen als bisher - wenn die Baukonjunktur anhält. Die übrigen Handwerkszweige sind gesamthaft gesehen, wenn auch unterschiedlich gesehen nach den einzelnen Berufen, eher im Rückgange begriffen.
Die Hauptzahl des Nachwuchses wird, sei es als gelernte oder ungelernte Kräfte, in der Industrie Verwendung finden. Ohne diese Möglichkeit würde es um unsere Jugend schlecht aussehen in ihren Zukunftsaussichten.
4. Eine besondere Frage ist die Möglichkeit der Berufserlernung. Bereits im Vorjahre war die Zahl der Lehrverhältnisse in den Industriebetrieben grösser als in allen Handwerken zusammen, heuer übertreffen bereits die industriellen Lehrverhältnisse die Zahl der Lernenden in den Handwerken und im Baugewerbe zusammengenommen.
Nur durch die Industrie war die Steigerung der Lehren (sowohl absolut als auch im Verhältnis zur Zahl der Schulentlassenen) in den letzten Jahren möglich. Die Zahlen sprechen für sich:
1939: 74 Lehrverhältnisse (die Metallindustrie hatte noch nicht Fiss gefasst)
1940: 107 Lehrverhältnisse
1949: 167 Lehrverhältnisse
1954: 231 Lehrverhältnisse
In 15 Jahren ist die Zahl der Lehrlinge und Lehrtöchter also mehr als verdreifacht!
Wie die Praxis zeigt, ist tüchtigen Leuten, vom diplomierten Ingenieur bis zum Angelernten, die Möglichkeit des Aufstieges in der Industrie gegeben.
5. Die Bedeutung der Industrie für unsere Handelsbilanz ist klar. Während wir fast alle Konsumgüter, vom Mehl zu unserem Brote bis zum Auto, importieren, ist es in wesentlichem Umfange fast nur die Industrie, die exportiert. Gegenwärtig werden für 15 Millionen Franken jährlich Industrieerzeugnisse ins Zollausland (also ohne die Schweiz) exportiert!
6. Die Industrie ist nicht nur die grösste Arbeitgeberin, deren Lohnzahlungen und soziale Leistungen für Handel und Gewerbe befruchtend sind, sie ist auch durch ihre Bautätigkeit und die Investitionen ein bedeutender Faktor des Gedeihens der Wirtschaft.
Die Staatsfinanzen (Steuern) und Staatsbetriebe (man bedenke die Umsatzsteigerung der liechtensteinischen Banken durch die Verbindung mit der Industrie und die Steigerung des Strombedarfes bei den LKW) profitieren von ihr.
Alle diese Vorteile sind Selbstverständlichkeiten, ebenso wie es selbstverständlich ist, dass wir als Land, das praktisch keine Rohstoffe besitzt und eine starke Steigerung der Bevölkerung erlebt, ungefähr dieselbe Lage hätten wie Italien: Arbeitslosigkeit im Lande, Notwendigkeit des Auswanderns und der Saisonarbeit im Auslande. Das müssen wir uns immer vor Augen halten.
Schon vor 80 Jahren stellt der Bericht der Kommission des Landtages fest: "Es ist ein feststehender Erfahrungssatz, dass die Länder, die sich heutigen Tages nur mit Landwirtschaft beschäftigen, hinter den Industriestaaten zurückbleiben und ein kümmerliches Dasein fristen."
Die liechtensteinischen Behörden haben aus dieser Erkenntnis immer die Industriegründungen gefördert. Dass die Weltwirtschaftslage und vor allem die Privatinitiative der Unternehmer die stärkeren Faktoren sind als jede behördliche Bemühung, hat der Gang durch die Geschichte unserer Industrie gezeigt: Nach dem Ersten Weltkriege fruchteten alle Bemühungen nichts, in der Wirtschaftskrise der Dreissigerjahre brachten sie nur geringen Erfolg. Dass aber die günstige Situation des letzten Jahrzehntes genutzt wurde, ist zum Teil wenigstens auf die Aufgeschlossenheit unserer liechtensteinischen Behörden zurückzuführen und der Dank insbesondere auch der Jugend gebührt ihnen hiefür voll.
Probleme, die sich aus der Industrialisierung ergeben
Immer wieder werden Probleme diskutiert, die sich aus der Tatsache der Industrialisierung unseres Landes ergeben. Einige sollen behandelt werden.
I. Die Überfremdung
Häufig wird darauf hingewiesen, dass sich gerade durch die Industrialisierung die Zahl der Ausländer ständig erhöhe. Der Prozentsatz der Ausländer sei dreimal so gross wie in der Schweiz.
Ende 1954 waren in Liechtenstein 907 Ausländer mit Niederlassungsbewilligung und 2006 Ausländer mit Aufenthaltsbewilligung, zusammen also 2913 Ausländer wohnhaft. Das sind genau 20 % der Bevölkerung.
Die Volkszählung 1950 ergibt ebenso genau diesen Prozentsatz. Es ist also die Zahl der Ausländer den letzten 4 Jahren anteilsmässig nicht gestiegen, obwohl die Zahl der Fabrikarbeiter von 1200 auf 1835 anstieg.
Der Prozentsatz erscheint sehr hoch gegenüber den 6 % Ausländern, die in der Schweiz wohnen. Es ist aber zu bedenken:
1. Jeder Kleinstaat hat einen grösseren Ausländeranteil als ein grösserer Staat.
2. Es besteht aber vor allem ein wesentlicher Unterschied in der Einbürgerungspraxis. Es muss als Unrecht bezeichnet werden, dass es in Liechtenstein noch niedergelassene Ausländer gibt, deren Vorfahren zur Zeit der ersten Industriegründungen ins Land kamen und die sich nur nicht einbürgern konnten, weil sie die Zehntausenden Franken nicht hatten, die dazu nötig sind. In der Schweiz wären diese Personen, die hauptsächlich Österreicher oder Deutsche sind, und deren Familien schon in der zweiten, dritten oder gar vierten Generation ihre Arbeitskraft unserem Lande zur Verfügung stellen, längst um eine gewisse billige Verwaltungsgebühr eingebürgert. Sie würden also nicht mehr als Ausländer aufscheinen. Dies betrifft mindestens ein Drittel der bei uns als Ausländer geltenden Personen. Sie haben in der Schweiz kein anderes Recht auf Arbeitsannahme als kämen sie aus ihrem Heimatstaat, ihre Kinder können z.B. unmöglich eine Lehrstelle in der Schweiz erhalten, als sogenannte Drittausländer.
3. Es ist gerechterweise zu bekennen, dass sich im Auslande ungefähr ebensoviele Liechtensteiner befinden wie Ausländer bei uns. In der Schweiz sind es z.B. etwa 1700 Liechtensteiner, während rund 1050 Schweizer in Liechtenstein wohnen.
Neben diesen Fragen allgemeiner Art ein paar Gedanken zum speziellen Thema "Ausländer und Industrie".
Wir haben in der Geschichte unserer Industrie gesehen, dass die meisten unserer Firmen mit ausländischem Kapital und vor allem von Ausländern aufgebaut wurden. Vergleichen wir mit der Schweiz: Wie viele Schweizer Firmen und ganze Branchen der Industrie sind von Ausländern gegründet. Wie oft steht am Anfang der Geschichte eines Industriebetriebes ein Ausländer, und gar oft ist es ein politischer Flüchtling gewesen, dem die Schweiz Asyl gewährte. Seien es die Hugenotten aus Frankreich oder die deutschen Republikaner von 1848, wie haben sie doch geholfen, durch ihr Können und ihre Ausbildung neues Leben in die Schweizer Wirtschaft zu bringen.
Der Aufbau unserer Metallindustrie ohne fremde Techniker, Meister und Facharbeiter wäre einfach unmöglich gewesen. Sie sind es, die mit den Unternehmern und Forschern diesen Industriezweig einführten, sie bilden unsere Lehrlinge und Anlernkräfte aus. Es wird noch Jahrzehnte brauchen, bis wir auch nur einen Teil der führenden Positionen (denken wir an die Forscher und Konstrukteure) durch Liechtensteiner ausfüllen könnten und ganz wird es nie möglich sein.
Meister wird auch der beste Lehrling nicht in einigen wenigen ... [7], dazu braucht es viel Begabung und Auslanderfahrung, zum Konstrukteur werden aus der verhältnismässig doch nur geringen Zahl unseres Nachwuchses nur wenige aufzusteigen in der Lage sein. Es hat erst dann einen Sinn, mit Berechtigung davon zu sprechen, dass Liechtensteiner in führende technische Positionen unserer Industrie gehören, wenn solche ausgebildete Männer mit Erfahrung vorhanden sind und dann setzen sich die Könner unter ihnen von selbst durch.
Ausbildung und Weiterbildung allein sind die Lösungsmöglichkeiten, nicht Aufstellung von Forderungen von aussen. Wäre es z.B. nicht denkbar, dass der Arbeiterverband wie in anderen Staaten die Arbeiterkammern oder Gewerkschaften Ausbildungskurse für Angelernte und Anzulernende veranstaltet. Es wäre ein schönes, positives Arbeitsgebiet.
Es gibt auch ausländische Arbeitskräfte in unserem Lande, die nicht mehr als eine Berufslehre hatten, als sie zu uns kamen, und im Laufe der Jahre in eine gehobene Position kamen. Sie hatten eben den Vorsprung, zu einer Zeit in unser Land gekommen zu sein, als die gelernten Arbeiter z.B. der Metallindustrie bei uns überhaupt so gut wie ganz fehlten.
Kein Unternehmer und keine ausländische Arbeitskraft wird es verargen, wenn das Arbeitsamt und die Fremdenpolizei verlangt, dass für eine Arbeitsbewilligung die Ausbildung nachzuweisen ist, und wenn diese Stellen darüber wachen, dass nicht Ausländer in Vorgesetztenpositionen gelangen, die ein Mehr an Ausbildung und Erfahrung nachweisen können als im Betrieb tätige liechtensteinische Kräfte. Das Gefühl, dass Liechtensteiner mit gleichem Können und gleichem Einsatzwillen hintangestellt werden, dagegen wäre unsere Arbeiterschaft mit Recht besonders empfindlich, und kein Unternehmer würde auf Dauer solche Fehler begehen.
Wir müssen dankbar sein, dass uns vor allem durch Nichtliechtensteiner, allein in den letzten zehn Jahren, viele Hunderte von Arbeits- und Ausbildungsgelegenheiten in der Industrie geschaffen wurden. Wenn die Fabriken auch nicht aus einer romantischen Liebe zu unserem Lande gebaut und eröffnet wurden, sondern aus kaufmännischen Erwägungen, so müssen wir den Männern, die unsere Leute, Junge und Alte, in die Arbeit einführten, aus reinen Anstandsgründe[n] dankbar sein. Gerne erkennt der Referent persönlich die viele Mühe an, die in den Betrieben für unsere Lehrlinge aufgewendet wird.
Fassen wir zusammen: Die sogenannte Überfremdung war nötig, wenn der wirtschaftliche Aufstieg kommen sollte. Man kann nicht das eine entgegenehmen und das andere nicht. Dass Grenzen gezogen werden müssen, sieht jedermann ein.
II. Die "Störung des wirtschaftlichen Gleichgewichtes"
Im Zusammenhange mit dem Worte von der Überindustrialisierung hört man gelegentlich die Bemerkung, die Begünstigung der Gründung von Industriebetrieben habe es z.B. der Landwirtschaft unmöglich gemacht, geeignete Kräfte zu finden. Es sei anzustreben, dass zwischen den drei grossen Bereichen der Industrie, der Landwirtschaft und des Gewerbes ein gewisses Gleichgewicht aufrechterhalten werde. Gewiss wäre das schön, aber die Entwicklung der Wirtschaft kümmert sich nicht um solche "Idealfälle". Wir leben in dem westeuropäischen System der freien Wirtschaft und damit der freien Berufswahl und Arbeitsplatzwahl. Und diese Freiheit ist nicht ohne Nachteile, besonders für unsere Landwirtschaft mit ihren Kleinbetrieben, die nicht in der Lage ist, mit den Löhnen der Industrie Schritt zu halten, aber sie ist auch zum Nachteile für das Kleingewerbe.
Wo sind die familienerhaltenden Existenzen, die unsere Landwirtschaft oder etwa die Gewerbe der Schmiede, Küfer, Wagner oder Schneider und Schuhmacher bieten können? Von 1952 bis 1962 steigt die Zahl der schulentlassenen männlichen Jugend von 95 auf etwa 160 im Jahre an. Wer ist nicht in der Lage, dieses Problem zu lösen, wenn nicht in der Hauptsache unsere Industrie? Sie wird Ausbildungs- und Arbeitsplätze für mehr als die Hälfte dieser Jugendlichen bieten.
Der Staat ist, auch wenn er es wollte, gar nicht der Lage, ein solches Gleichgewicht zu erhalten oder besser gesagt herbeizuführen, denn es war ja gar nie vorhanden. Noch vor 30 Jahren überwog die Landwirtschaft weitaus und heute kennt jedermann die Opfer, die sie zu bringen hat. Der Staat kann nichts tun, als dem Schwächeren zu helfen.
Die Überindustrialisierung
Das Wort wird besonders auch in den Kreisen der Industrie, und zwar mit Besorgnis, gebraucht. Die bestehenden Industriebetriebe fürchten bei immer neuen Bewilligungen nicht nur eine Lohnkonkurrenz auf dem Arbeitsmarkt, sondern sie sehen sich vor allem in ihrer Entwicklungsmöglichkeit gehemmt. Unser kleines Land verfügt über eine beschränkte Zahl von Arbeitskräften und kann weder Grossbetriebe hereinnehmen, noch eine wahllos grosse Zahl von Betrieben bewilligen. Dazu würde überdies auch nicht die Möglichkeit bestehen, weil das eidgenössische Bundesamt für Industrie, Gewerbe und Arbeit ein Mitspracherecht hat: die liechtensteinische Industrie muss sich an die Gegebenheiten der schweizerischen Handelsverträge halten, weil wir im gleichen Zollgebiet leben.
Wir können nicht in die Zukunft sehen. So wäre einerseits eine zu grosse Zurückhaltung in den Bewilligungen mit der Gefahr verbunden, dass bei einer Krise es bald eine grössere Zahl von Arbeitslosen gäbe, andererseits wäre eine wahllose Bewilligungspraxis bestimmt eine ungerechtfertigte Benachteiligung bestehender Betriebe und ihrer grossen Investitionen.
Auch hier gibt es kein gültiges Rezept. Der seinerzeitige Auftrag des Landtages an die Regierung, jeden Fall eines Ansuchens auf Betriebseröffnung gründlich auf die Art der Produktion und die finanzielle Kraft des Gesuchswerbers zu prüfen, gibt gewisse Richtlinien.
Stärker als alle behördlichen Massnahmen ist hier auf das Auf und Ab, die so oft unberechenbare und unwägbare Entwicklung der Konjunktur, auf die wir als Kleinstaat überhaupt keinen Einfluss haben.
Auch innerhalb der Branchen und Betriebe vollziehen sich stets Änderungen. So ist z.B. die Arbeiterzahl eines einheimischen Betriebes innerhalb eines Jahres von 90 auf etwa 180 gestiegen.
Bisher hat sich der Mittelweg bewährt, der von den Behörden eingeschlagen wurde: Keine wahllose Bewilligung, aber auch keine ängstliche Zurückhaltung. Wer aber die Schwierigkeiten kennt, die unsere Industrie in der Gewinnung verlässlicher Arbeitskräfte hat und die Zahl der Grenzgänger beobachtet, wird erkennen, dass wir uns schnell gegen die Grenze unserer Aufnahmefähigkeit bewegen.
Übrigens ist die freie Wirtschaft auch hierin ein Regulator, denn die Geldgeber erkundigen sich vor der Etablierung um die Verhältnisse auf dem Arbeitsmarkt.
Zusammenfassung
Die Industrialisierung unseres Landes ist ein wirtschaftlicher Gewinn, der schon jetzt zu einer Hebung des Lebensstandardes geführt hat, wie er vor zwanzig Jahren nicht für möglich gehalten worden wäre.
Die Zukunftsaussichten unserer Jugend sind um vieles besser geworden.
Diese Feststellungen sind Selbstverständlichkeiten, von jedermann erkannt. Das beispiellose Tempo der Industrialisierung wirft neue Probleme auf, die noch nicht klar genug erkannt werden, und nicht immer gibt es eine Antwort auf das Wohin, auf die geistige[n] Zukunftsfragen.
Liechtenstein war durch seine ganze Geschichte Bauernland. Der Bauer ist in seiner Arbeit in steter Verbindung mit der Natur und täglich erlebt er das Werden und Vergehen. Sein Blick ist auf Gott gerichtet, seine Weltanschauung konservativ.
Der Industriearbeiter schafft nicht mit am Werke der Natur, er sieht das Menschengeschaffene allein; die Verbindung von seiner Arbeit zu den ewigen Gesetzen des Werdens und Vergehens fehlt. Er sieht vor sich das Fortschreiten der technischen Entwicklung. Er ist geneigt, sich mit einem gewissen Stolz als fortschrittlich zu bekennen.
In unserer Generation erfolgt die Gestaltwerdung des Arbeiterstandes in unserem Lande. Noch der liechtensteinische Gewerbler der Jahrhundertwende war halb Bauer. Der Industriearbeiter ist es nicht mehr, kann es nicht mehr sein. Er kann nicht zu Tagen oder Wochen aus dem Rhythmus seiner Arbeit heraustreten, wenn andere Arbeit ihn ruft. Er kann sich nicht teilen in der Arbeitswoche, die ganz dem Betrieb gehört, gehören muss. Die Bauernarbeit ist schon weitgehend und wird noch weiter mechanisiert - sie wird zur Arbeit einer geringeren Zahl von Menschen, die wieder ihrerseits ganz dieser Arbeit verschrieben sind. Das Wort ist ungewohnt, aber die Entwicklung geht doch in die Richtung der Farmarbeit des Landwirtes, der rationalisiert, kalkuliert und für die fehlende Arbeitskraft die Maschine einsetzt, wo immer es nur geht.
Der Bauer ist heimatverbunden wie kein anderer Stand und viele unserer Vorfahren, die als Bauern arbeiteten, kamen in ihrem Leben nur auf ein paar Tage ausser die Grenzen unseres kleinen Landes. Noch der Gewerbetreibende, der für die Menschen seines Dorfes schafft, ist im ganzen Lebenswerk ein Mann der Heimat.
Anders der Industriearbeiter: Die Maschine, an der er arbeitet, kommt von irgendwoher, seine Arbeit geht irgendwohin in die weite Welt, er weiss selbst nicht in welches Land und zu welchen Menschen. Seine Maschine, sein Arbeitsprodukt, die Arbeitsteilung der Arbeit in der Fabrik, das Lohnsystem wie das Sozialsystem, sie tragen das Kennzeichen des Internationalismus.
Nur das Leben ausserhalb der Arbeit, im Dorfe, in der Familie ist von der Heimat mitgeprägt.
Der Bauer sieht von seiner Arbeit Natur und Heimat, der Bauarbeiter sieht doch noch vom Bau hinaus ins Land und der Gewerbetreibende arbeitet oft unter dem Dach, unter dem auch seine Familie lebt. Der Industriearbeiter teilt sein Leben in zwei Teile und zwischen Arbeit und Natur, Arbeit und Heimat und Arbeit und Familie gibt es so gut wie keine Zusammenhänge.
Es entscheidet sich geistig viel in unserer Generation!
Wird es der Kirche, der Schule, den Behörden, allen am Gemeinschaftsleben unserer Heimat Schaffenden gelingen, den neuen Stand des Arbeiters in unseren Fabrikbetrieben immer wieder zur Selbstbesinnung zu rufen auf das Geborgensein unter höherem Schutz, auf das Unterstelltsein unter ewige Gesetze, auf das Glück, sich der Werte der Heimat bewusst zu bleiben?
Oder wird der neue Stand des Arbeiters, verlassen wie er es einst vor hundert Jahren in den werdenden grossen Industriestaaten war, sich dem Materialismus verschreiben, die Maschine gleichsam vergötzen, wird er nur auf den sehen, der ihm materielle Versprechungen macht?
Geht der Weg des in unserer Generation in Liechtenstein im Entstehen begriffenen Standes des Fabrikarbeiters, der nur von reiner Hände Arbeit lebt, zum heimatverbundenen Menschen, der auf sein Können und seine Leistung mit Recht stolz ist, der beruflich und bildungsmässig aufwärts strebt, oder geht die Entwicklung zum internationalen, sich im Klassen- und Gewerkschaftsdenken isolierenden "vierten Stand", zum wurzellos werdenden Proletarier?
Vielleicht erscheint Ihnen diese Formulierung etwas zugespitzt, aber der Arbeiter unserer Tage steht irgendwie am Scheidewege, mehr als die Öffentlichkeit, die Presse und die Parteien es wissen und wahrhaben wollen.
Der Staat (und das sind in unserem kleinen Lande doch wir alle) hat als Wohlfahrtstaat gerade gegenüber dem Arbeiterstande grosse Pflichten und einige seien noch aufgezei[g]t:
Das Recht auf den Arbeitsplatz, welcher der Leistung entspricht, ist ein grundsätzliches und hier ist das richtige Mass zwischen einheimischer und ausländischer Arbeitskraft immer wieder und in jedem Einzelfall zu finden, ohne Kleinlichkeit in grundsätzlichen Fragen und ohne übertriebene Angst vor der Überfremdung, aber doch mit der Wahrung des menschlichen Rechtes des Einheimischen. Arbeitsamt und Fremdenpolizei sind die zuständigen Stellen.
Die Frage der Erwerbung des Bürgerrechtes wäre gerade auch für jene Arbeiterfamilien, die schon seit Generationen ihr Bestes, die Arbeitskraft, dem Lande geben, irgendwann einmal zu revidieren. Die Gemeinden sollten in dieser Frage vorangehen.
Die Steuergerechtigkeit ist gerade den Arbeitern gegenüber ein dringendes Gebot geworden und eine Revision des Steuergesetzes [8] steht bevor. Ein kleines Beispiel soll die Lage klarmachen:
Nehmen wir einen Arbeiter an, der Fr. 6000.- Vermögen versteuert und ein Jahreseinkommen von Fr. 6000.- und der 3 unversorgte Kinder hat. Dieser Arbeiter versteuert an Steuertotale in den liechtensteinischen Gemeinden mit 200 % Zuschlag Fr. 216,15 (es gibt auch Gemeinden mit 220 % Zuschlag, in Buchs Fr. 106,50. Es ist also unbestreitbare Tatsache, dass in unserem sogenannten Steuerparadies die unteren Erwerbsklassen benachteiligt sind. Der Landtag hat für die Auszahlung von Familienbeihilfe für Ehepaare ein Existenzminimum von Fr. 4000.-, für jedes unversorgte Kind von Fr. 800.- angesetzt. So wird einerseits festgesetzt, dass manche Arbeiterfamilie unter dem Existenzminimum steht, andererseits kommt derselbe Arbeiter bei der Besteuerung sogar in die Progression! Das ist ein Widersinn.
Die Förderung der Berufsausbildung und beruflichen Weiterbildung geschieht durch den Staat in anerkennenswerter und weitsichtiger Weise. Die Weiterbildung in unserem Lande selbst sollte durch Gestaltung von Kursen verschiedener Art noch verstärkt werden, doch ist dies in erster Linie Arbeit der Arbeitnehmerverbände, nicht des Staates.
Die Frage der Reform des Krankenkassewesens ist auch offen.
Wir erkennen, dass unser Land durch die Industrialisierung in den letzten zehn Jahren eine wirtschaftliche Umwälzung mitgemacht haben, eine Entwicklung, in der wir mitten drin stehen.
Es handelt sich nicht nur um rein wirtschaftliche Probleme, sondern ebenso um soziale und geistige Fragen, um Fragen der gesamten Gemeinschaft, um echte Fragen der Heimat.
In diesem Sinne mag auch dieses Referat in den Rahmen unseres Lehrerkurses über Heimatkunde hineingestellt sein.
Was können aber wir Lehrer tun, die wir nicht direkt mit diesen Fragen zu tun haben, die wir "nur" an der Jugend arbeiten?
Ich meine, es geht um Folgendes:
1. Wir haben die Pflicht, die Jugend in ernster Arbeit vorzubereiten, dass sie den Anforderungen, die jeder Stand heute in höherem Masse stellt, gewachsen sind. Unsere Wirtschaft ist nicht isoliert, sie steht im Wirtschaftsraum der Schweiz und speziell unsere Industrie in schwerem internationalen Konkurrenzkampf. Auch bei der stärksten Mechanisierung entscheidet der Mensch, sein Können und Wollen.
Der erste Anfang des Könnes liegt aber in der Schule. Wir wollen so arbeiten, dass wir keinen Vergleich der Leistungen zu scheuen haben.
2. Nicht nur das Können in den Schulfächern beizubringen ist unsere Aufgabe. Verlässliches und genaues Arbeiten ist der Schlüssel für die Brauchbarkeit eines Menschen in der Industrie. Der Lehrer leistet, wenn er dies immer vor Augen hat, eine grosse Erziehungsarbeit. Wir sehen gerade in diesem erzieherischen Tun noch weniger als im Beibringen von Lernstoff, ob unsere Arbeit von heute auf morgen Früchte trägt, aber wir erkennen doch, dass sie nicht vergebens sein kann. Wenn in der Schule junge Menschen acht oder neun Jahre mit Konsequenz - und auch mit Liebe und Geduld - zur ehrlichen Arbeit angehalten werden, ist dies ein Erziehungsdienst, der nicht im Leben verloren gehen kann.
3. Wir wollen schliesslich nicht vergessen, dass das Leben nicht nur Brot allein ist. Wir wollen auf die geistigen Werte unserer Arbeit immer Bedacht nehmen.
Die Liebe zur Heimat, die Achtung vor dem Nächsten und die Ehrfurcht vor dem Höchsten wollen wir in unsere Jugend senken, so gut wir es vermögen.