Der Landtag genehmigt die Pensionierung von Landestierarzt Ludwig Marxer und lehnt die Schaffung eines allgemeinen Pensionsgesetzes ab


Protokoll der öffentlichen Landtagssitzung, nicht gez. [1]

23.7.1936

9. Pensionsgesuch Landestierarzt Ludw. [Ludwig] Marxer

Präsident [Anton Frommelt] verliest die Unterlagen, wonach Herr fürstl. Rat [Ludwig] Marxer laut Aufstellung der Regierung eine Dienstzeit von 48 Jahren hinter sich hat, war nach den Bestimmungen des sistierten Pensionsgesetzes [2] zum Bezuge des vollen Gehaltes rechtfertigt. Der volle Gehalt des Herrn Landestierarztes beträgt Fr. 3000.-, abzüglich Krisenopfer [3] Fr. 2900.-.

Dr. [Otto] Schädler: Seit wann bezieht Marxer Fr. 3000?

Reg.Chef [Josef Hoop]: Das geht schon mehrere Jahre zurück. In früheren Jahren hat er schon mehr bezogen.

Wend. [Wendelin] Beck: Nachdem das Pensionsgesetz im Jahre 1923 [4] sistiert wurde, besteht für das Land keine Verpflichtung mehr, eine Pension zu bezahlen und ich betrachte es als ein grosse[s] Unrecht, wenn in der heutigen Zeit, wo Hunderte von Liechtensteinern von der Sparkasse bedroht werden, Pensionen bewilligt werden. Wenn der Landtag unseren Staatsbeamten ohne jede gesetzliche Grundlage Pensionen bewilligt, so hat er auch die Pflicht, jedem Liechtensteiner eine Pension zu bewilligen. Ich will nicht sagen, dass ich gegen die Pensionen bin, aber ich werde keiner Pension zustimmen, bis die Pensionsfrage in einer vom Volke angenommen Vorlage geregelt ist.

Präsident: Es ist Tatsache, dass kein gesetzlicher Zwang zur Pensionierung mehr besteht. Das Pensionsgesetz ist sistiert und durch ein anderes ersetzt worden. Doch darf man deswegen, weil ein Gesetz sistiert worden ist, nicht sagen, es ist ein Unrecht zu pensionieren. Ich möchte den Stiel umkehren und sagen, es ist ein Unrecht, ein Gesetz zu sistieren, in welchem nicht nur alte Rechte, sondern auch Pflichten enthalten waren. Nach meinem Dafürhalten war es kein korrektes Vorgehen, über alle einbezahlten Beträge einen Strich zu setzen. Es besteht für die Beamten ein Recht, denn sie wurden auch verpflichtet zur Einzahlung.

Wend. Beck: Mit dem Momente als das Gesetz sistiert worden ist, wurde den Beamten die Pflicht abgenommen, weitere Beiträge zu bezahlen.

Reg.Chef: verweist auf die Bestimmung im neuen Gesetze, wonach die Beamten zur weiteren Einzahlung der Pensionsbeiträge verpflichtet wurden.

Wend. Beck: glaubt, dass die Beamten die einbezahlten Beträge hätten zurückfordern oder die Stellung kündigen können.

[Peter] Büchel: Ich möchte auf ein Missverständnis hinweisen. Man hat wohl das Pensionsgesetz aufgehoben, nicht aber die Pensionen. Man hat bestimmt, dass der Landtag frei die Pension bestimme. Man hat auch die Beamten nicht vor die Wahl gestellt, die Beiträge zurückfordern zu können. Man hat die Pensionsbemessung in das freie Ermessen des Landtages gestellt. Die Pension bedeutet eigentlich einen Teil des Anstellungsverhältnisses. Ich würde es als ein grosses Unrecht ansehen, wenn ein Mann im Bewusstsein, ich bekomme einmal eine Pension, 40 Jahre lang Geld einbezahlt, beiseite gestellt und ihm erklärt würde, du hast deine Pflicht getan und du kannst nun gehen. Etwas Gerechtigkeit müssen wir walten lassen. Wenn wir die Pensionen abschaffen und in Zukunft nie mehr eine Pension ausschütten, dann wissen es die Beamten. Wir dürfen aber nicht die Beamten 30-40 Jahre im Dienst behalten, die Pensionsbeiträge einziehen und dann sagen, du bekommst nichts. Es ist natürlich populär, zu sagen, wir wollen die Pensionen abschaffen. Man kann darüber reden. Aber einen Beamten nicht pensionieren, mit dem man 40 oder noch mehr Jahre im Vertragsverhältnis gestanden ist, ist ein Unrecht. Ein Vertrag beinhaltet auch Rechte neben Verpflichtungen. Ich könnte es nicht begreifen, wenn man so leicht darüber hinweggehen würde. Momentan bestehen Verträge und es geht nicht an, dass man nur sagt, du bekommst nichts. Wenn der Staat schon einen Vertrag nicht mehr einhalten will, dann hört jedes Recht auf in einem Rechtsstaat.

Reg.Chef: Ich möchte vor allem die falsche Auffassung des Abg. Wend. Beck richtigstellen. Nach Art. 1 Abs. [4] des Gesetzes von 1922 über die zeitweilige Einstellung des Pensionsanspruches der Beamten mussten die Beamten weiterhin die Beiträge bezahlen. Weiterhin muss ich bemerken, dass der ganze Geist des damaligen Gesetzes der war, nur vorübergehend im Pensionswesen eine Änderung eintreten zu lassen, was auch die Präambel genügend beweist. Ausserdem hat der Fürst an die Sanktionierung dieses Gesetzes gewisse Vorbehalte gemacht und den dringendsten Wunsch ausgesprochen, dass das Unrecht raschestens wieder gut gemacht werde, das damals den Beamten geschehen ist. Wenn man bis jetzt sich gescheut hat, eine gesetzliche Regelung zu treffen, so darf dadurch nicht der Schluss gezogen werden, die Beamten haben keine Pension mehr zu Recht, müssen aber ihre Beiträge bezahlen. Im übrigen teile ich die Ansicht des Abg. Büchel.

[Ferdinand] Heidegger: Pensionen sind berechtigt. Das möchte ich verantworten den Beamten gegenüber, die jahrelang auf Büros für das Allgemeinwohl zum Segen und Gedeihen des Landes geschafft und gesorgt haben. Im gegenständlichen Falle ist es etwas anderes. Marxer musste nicht immer auf dem Büro sitzen und er hat noch einen Verdienst anderweitig gehabt. Eine Pension ist recht, mir aber kommt sie etwas hoch vor.

Dr. Schädler: Das neue Gesetz von 1922 hat dem Staate die Verpflichtung der Pensionierung gegenüber dem Beamten nicht abgenommen. Es wäre ein Unrecht, wenn dem einzelnen Beamten die Pension vorenthalten würde. Das Gesetz bestimmt, dass fallweise über die Höhe der Pension abgestimmt werden soll. Die Höhe der gegenständlichen Pension ist meines Erachtens gesondert zu behandeln von den übrigen Pensionierungen. Der Landestierarzt war eigentlich nur nebenberuflich Beamter und hauptberuflich war er einer der freien Berufe und seine amtlichen Funktionen haben ihn in der Ausübung seines freien Berufes in keiner Weise gehindert. Durch seinen Landestierarzttitel hat er einen praktischen Zuwachs erhalten und seine privaten Einnahmen mehren können. Es wäre ein Unrecht, wenn ihm die Pension ausgeschüttet würde wie einem Lehrer oder einem anderen Beamten. Ich glaube deshalb, dass dieser Fall, wie kein anderer, besonders behandelt werden muss. Ich bin nicht gegen eine Pensionierung, aber hier muss ein anderer Schlüssel angewendet werden. Die Pensionen sollen nicht abgeschafft werden, sie sollen vielmehr erweitert werden durch eine allgemeine Altersversorgung, wo jeder die gleichen Vorzüge erwarten kann. Es kann in der Zukunft nicht mehr sein, dass es nur eine Kategorie von Menschen gibt, die bevorzugt sind. Herr Reg.Chef hat erwähnt, dass die Pensionen nur zeitweilig sistiert seien. Die Zeit aber dauert an, bis der Landtag einen anderen Zustand schafft.

Präsident: Der Rechtsusus ist ganz kurze Zeit nach der Sistierung eingetreten bei der Pensionierung des Oberlehrer[s] Frommelt. Sobald wir abgehen von dem im sistierten Gesetze niedergelegten Modus, dann kommen wir auf Willkür. Dann ist jeder Fall eine unangenehme Sache. Es sind auch manchmal Vermögen vorhanden, bei dem ein Teil mehr ist als beim anderen das ganze Vermögen. Auch bei den Verdienstmöglichkeiten ist es so. Nach den bestehenden Gesetzen waren auch die Pensionseinzahlungen ungleich. Nach dem Grad der Einzahlung hat auch die Pensionsbemessung zu erfolgen. Sobald wir diese Basis verlassen, dass wir zwischen Einzahlung und Auszahlung kein Verhältnis mehr walten lassen, dann haben wir das Rechtsverhältnis durchbrochen.

Wend. Beck: Wenn im Staatshaushalt genügend Mittel vorhanden wären, dann würde ich jedem Beamten es von Herzen gönnen. Aus Triesenberg verpflichten sich heute Hundert schriftlich aufgrund des heutigen Lebensindexes, ohne irgendwelchen Pensionsanspruch um den Betrag von Fr. 6.- dem Staate zu dienen. Was die 40jährige Dienstzeit anbelangt, so muss gesagt werden, dass Arbeiterinnen der Fabrik Jenny & Spörry in Triesen von Triesenberg auch 40 Jahre Sommer und Winter früh von zu Hause weggehend gedient haben. Sie stehen heute auf der Strasse. Es sind ausgearbeitete Maschinen und auch diese Arbeiter sind existenzberechtigt wie jeder Beamter. Es kümmert sich aber niemand um sie.

Präsident: Der Ausdruck „Es kümmert sich niemand um sie" ist nicht zutreffend. Man braucht nur in die Liste der Unterstützungen Einblick zu nehmen. Dass viele der Triesenberger sich um Fr. 6.- verpflichten, das glaube ich, dass sie es unter den heutigen Umständen tun würden. Sie hätten es vor 10 Jahren aber nicht getan und sie würden es, sobald die Verhältnisse anders werden, auch nicht mehr tun. Das ist eine Überspannung und eine Ungerechtigkeit. Es kann auch ein Arbeiter mit Fr. 6.- nicht verzichten auf eine Altersversicherung. Es kommt auch darauf an, wie dem Staate gedient werden muss. Es gab auch eine Zeit, wo auch der Betrag von Fr. 6.- für die Beamten sehr wünschbar gewesen wäre. Wir haben vergessen, dass die Beamten um 2–3 Hühnereier ihren Jahresgehalt hinlegen mussten. Es gab auch für die Beamten auch keine glänzenden Zeiten. Heute bei der wirtschaftlichen Krisis ist der Fixbesoldete wieder der Glückliche, damals war[en] es der Bauer und der Arbeiter, die mindestens das Fünffache verdient haben. Der Beamte musste aber auch existieren. Er musste schmal durchgehen und er war überhaupt dem Hunger ausgeliefert, wenn nicht eigens und gute Leute ihm geholfen hätten. Die Beamten haben also auch schlechte Zeiten mitgemacht. Geht es dem Arbeiter und dem Bauer besser, wenn der Beamte schlechter gestellt ist? Ist mir geholfen, wenn es dem anderen so schlecht geht wie mir? Der Staat lässt auch heute dem Arbeite[r] zukommen, was er kann. Auch kann nicht behauptet werden, dass an Beamte überspannte Auszahlungen erfolgen. Die Gehälter unserer Beamten sind gegenüber denen der schweizerischen Beamten sehr bescheiden. Im Verhältnis zu dem erforderlichen Studium und zu der verantwortungsvollen Arbeit sind sie nicht zu hoch. Die Beamten mussten auch Geld für das Studium vorauslegen. Wir könnten heute die Stelle eines Reg.Chefs ausschreiben, ich bin überzeugt, dass es solche gäbe, die es für Fr. 600 im Jahr machen würden. Wir können die Stelle des Landestechniker[s] ausschreiben, das eine aber ist sicher, dass wir im Haushalt dann teurer kommen. Es muss auch Bedacht genommen werden auf die Fähigkeiten und die Leistungen der Beamten. Diese Verpflichtung mit den Fr. 6.- könnte nicht eingegangen werden.

Büchel: Es ist darauf hingewiesen worden, dass Arbeiter bereit wären, im Staatsdienst um Fr. 6 zu dienen. Wir alle kennen das Los der Arbeiterschaft und sind bestrebt, dasselbe zu erleichtern. Wenn wir aber nicht im grossen Worten hievon sprechen, so setzen wir voraus, dass die Arbeiter wissen, dass wir ihre Lage kennen und das Bestreben haben, ihre Notlage zu lindern. Es ist auch betont worden, dass der Landestierarzt Nutzen gehabt habe durch das staatliche Amt. Ich habe die gegenteilige Auffassung. Als er ernannt wurde, hatte er in Eschen eine schöne Landwirtschaft. Er wurde gezwungen, nach Vaduz zu kommen. Seine Landwirtschaft musste er veräussern. Er hat grossen Schaden erlitten. Wenn betont wird, dass sein Nebeneinkommen grösser war, so behaupte ich, dass das Gehalt sein Haupteinkommen war. Es ist landauf landab bekannt, dass er manchmal gar nichts berechnet hat und manchmal ganz niedrige Forderungen für seine Inanspruchnahme gestellt hat. Er hat sich viel geopfert und viel Arbeit umsonst geleistet.

Wend. Beck: Ich möchte noch zurückkommen auf die Äusserung des Herrn Landtagspräsidenten, dass es unverantwortlich wäre, wenn sich heute ein Arbeiter verpflichten würde, um Fr. 6 zu dienen. Ich möchte die Frage stellen, wer übernimmt heute die Verantwortung für die Familienväter, wenn sie nicht einmal Fr. 3 verdienen. Die Regierung hat es in der Hand feststellen zu lassen, wieviel ein Arbeiter verdient.

Präsident: Der Abg. Beck hätte besser die Frage stellen sollen, wer kann und muss die Notlage heute lindern, wenn nicht mehr verdient wird. Die Antwort muss lauten, dass zuerst die Gemeinde die Verantwortung trägt und dann kommt der Staat als Wohlfahrtsstaat. Weiter als die Mittel des Staates gehen, kann der Staat die Verantwortung nicht übernehmen. Wir übernehmen sie, soweit es die Mittel des Staates erlauben. Wer die grosse Verantwortung übernimmt, das müssen wir dem Herrgott überlassen. Ich möchte nicht vertrösten, aber sie werden keine Stelle finden, die die Verantwortung der Krise der heutigen Zeit übernehmen kann. Man hat gerade in Triesenberg getan, was möglich war, das wird nicht abgestritten werden können. Man hat Strassen gebaut, von denen sie selbst erklären, dass sie unverantwortlich seien, wenn sie nicht als Notstandsarbeiten gedacht werden. Man hat Subventionen am Berg ausgeschüttet, die weit über die im Lande hinausgehen. Man hat Leuten in Triesenberg im Unterstützungswesen in einer Art und Weise geholfen wie in keiner Gemeinde. Man hat auch seitens der Gemeinde dazu beigetragen, die Arbeitslosigkeit dort zu beheben. Wir müssen heute die Verhältnisse nehmen, wie sie sich geschichtlich entwickelt haben.

Dr. Schädler: Ich habe in meinen Ausführungen vorgeschlagen, dieses Pensionsgesuch Marxers gesondert zu behandeln. Nun widerspricht meiner Auffassung der Abg. Büchel damit, dass er sagt, Marxer habe durch seine Ernennung soviel Nachteile gehabt, dass er das Anrecht auf eine gleiche Behandlung habe und ausserdem habe er soviel Opfer bringen müssen, dass auch dadurch der Anspruch gerechtfertigt sei. Dabei ist zu sagen, dass die seinerzeitige Güterveräusserung keine notwendige Entwertung mit sich bringen musste. Mit dem Krieg können wir heute nicht mehr operieren oder, wenn wir das tun, dann müssen wir jeden Geschädigten im nachhinein entschädigen. Auf Grund des Rechtstitels gehört ihm eine Pension, aber, weil er ein Vertreter des freien Berufes war, gehört er nicht in die Kategorie der Lehrer und anderer Beamter hinein. Es ist mir auch aufgefallen, dass die ersten Jahre in Anrechnung kommen. Es ist das Wartegeld füglich als ein Geschenk anzusehen und dieses Geschenk kann nicht mehr in die Pensionszeit eingerechnet werden. Es ist sehr wertvoll im Interesse der anderen Pensionen, hier einen Sonderfall gelten zu lassen.

Reg.Chef: Es war schon in der Vorkriegszeit üblich, dass die Landesphysikusse ein Wartegeld hatten. Das Unrecht, 10 Jahre in die Pensionszahlung einzuberechnen, wenn man es so nennen will, ist schon 1914 geschehen. Ich darf daran erinnern, dass die damalige Landtagskommission bezw. Herr Dr. Albert Schädler den ausdrücklichen Antrag gestellt hat, das gerechte Ansuchen, die 10 Jahre einzuberechnen, zu berücksichtigen. Damals hat der Landestierarzt der Landtag dies eingerechnet. Wenn wir diese verbrieften Rechte der Beamten einfach annullieren, dann verlassen wir den Grundsatz eines Rechtstaates. Ich möchte wünschen, dass die Gesamtheit des Gehaltswesens von Grund auf geregelt werde. Ferner möchte ich noch zurückkommen auf die Äusserungen des Herrn Dr. Schädler, dass jeder Liechtensteiner das gleiche Anrecht auf eine Altersversorgung. Die Frage der Altersversicherung ist in Liechtenstein nicht neu. Wir haben sie sogar einlässlich geprüft, als in der Schweiz diese Frage zur Diskussion gestanden ist. Als dann in der Schweiz die Vorlage verworfen wurde, haben wir uns nicht mehr damit abgegeben, haben aber in aller Stille einen Fond geäuffnet, der auf Fr. 160'000 angewachsen ist. Im gegenwärtigen Zeitpunkte in allen Einzelheiten eine solche aufzubauen, ist unmöglich. Der eingeschlagene Weg der vorläufig Äuffnung dieses Fondes scheint mir der richtige zu sein. Überall, wo solche Versicherungen bestehen, sind auch die Renten sehr bescheiden. Wir in Liechtenstein stehen mit dem System der Unterstützungen hinter jenen Ländern nicht zurück. Dieses System ist das idealste und ist von anderen Staaten als das richtigste bezeichnet worden. Bei uns braucht keiner zu verhungern, keiner grosse Not zu leiden, es wird ihm bestmöglichst geholfen von Gemeinde, Land und Fürst.

[Franz Josef] Marxer glaubt, man sollte angesichts der vielen Verdienste und des hohen Alters sich nicht mehr lange um diese Pension streiten und sie voll gewähren, was er sehr empfehlen möchte.

Ferdi Risch bedauert sehr, dass man sich solange herumstreite um die Pension eines Mannes, der 48 Jahre in unserem Lande als Tierarzt tätig gewesen sei. Man könne nachfragen überall im Ober- und Unterlande, überall höre man von den bescheidenen Rechnungen des Landestierarztes im Gegensatz zu anderen Arztrechungen. Jeder Bauer habe Hochschätzung vor dem Landestierarzt Marxer. Es sei beschämend, dass man sich heute darum streiten müsse. Es hätten auch schon Pensionen ausgeschüttet werden müssen an Beamte, die man haben weg tun müssen vom Dienst.

Dr. Schädler: Ich komme zurück auf die Ausführungen des Herrn Reg.Chef, wo er sagt, das gegenwärtige System der individuellen Unterstützung sei das Beste. Ich muss feststellen, dass heute jeder Rechtstitel zur Unterstützung fehlt. Man muss bitten und betteln und das ist ein Bettelsystem. Die meisten wollen einen Rechtsanspruch. Ich bin dafür, jedem eine anständige Pension zu bewilligen, dann aber müssen seine persönlichen Anstrengungen auch anders sein.

Präsident: Das Bedauerlichste ist, dass sich heute jeder Beamter einen halben Tag im Landtage herumziehen lassen muss und ich finde, es ist nicht das Edelste, was wir hier tun.

Dr. Schädler: Ich unterstütze, dass das jedesmalige Markten um die Pension etwas Unangenehmes ist. Schaffen wir eine Grundlage auf einer neuen Basis mit einem möglichst breiten Rahmen, wo nicht nur eine Kategorie eingeschlossen ist. Für dieses Pendelsystem können wir nicht verantwortlich gemacht werden, es geht auf 1922 zurück.

Reg.Chef: Ich habe schon wiederholt angeregt, man möchte grundsätzlich einmal diese Frage prüfen. Es freut mich, dass der Abg. Dr. Schädler diese Auffassung vertritt. Ich bitte sehr zu überlegen, ob nicht mutig an diese Frage herangetreten werden soll.

Beck Wend.: Es besteht keine gesetzliche Grundlage. Wäre ein Gesetz geschaffen, so könnte ein jeder Beamter ansuchen. Ich habe zum vorneherein erklärt, dass ich auf Grund des heute sistierten Gesetzes keiner Pension zustimmen werde, bis nicht diese Materie in einem vom Volke angenommenen Gesetze geregelt ist. Die Einführung der Altersversicherung möchte ich unterstützen. Ich habe einmal eine Botschaft gelesen, wo es heisst, wir sind alle Liechtensteiner mit gleichen Pflichten und gleichen Rechten und wenn dieser Grundsatz kein leerer Begriff sein soll, so ist es Pflicht, nicht nur ein Pensionsgesetz für die Beamten, sondern eine Alters- und Hinterbliebenenversicherung einzuführen.

Präsident: verweist Abg. Beck Wend. auf die in seiner Abwesenheit gemachten Äusserungen des Herrn Reg.Chef. Es ist heute viel der Wunsch ausgesprochen worden, eine Pensionsregelung auf neuer Grundlage durchzuführen. Man hätte ein solches Gesetz gehabt, doch man hat es damals ohne äussere Notwendigkeit unter den Tisch gewischt. Ich habe die Meinung, dass der Landtag heute wohl kaum in der Lage ist, ein Pensionsgesetz auszuarbeiten, das durchgeht. Wenn dann das Volk mit einem Griff, ob es rechtlich zu verantworten ist, unter alle Rechtsverhältnisse einen Strich macht, dann haben wir auch wieder eine Rechtslage. Diese neue Rechtslage ist bald geschaffen und ich weiss, wie sie ausschauen wird. Ob das aber dem Rechtssinn, wie er da sein sollte und der historischen Entwicklung der Frage entspricht, das ist etwas für sich. Jedenfalls ist es sehr schwer, in diesen getrübten Verhältnissen ein Definitivum schaffen zu wollen. Ich habe diese Erwägungen nicht aus persönlichem Interesse gesagt, sie sind der Rechtslage entsprungen.

[Ludwig] Ospelt: Nachdem vom Landtag bei allen bisherigen Anwärtern die Pension glatt bewilligt worden ist, würde ich hier bei einem Mann, der ein halbes Jahrhundert dem Lande gedient hat, keine Ausnahme machen. Er hat nach der bisherigen Praxis und nach seinen Einzahlungen ein Recht darauf.

Büchel: Es ist ausgeführt worden, dass das heutige System ein Bettelsystem sei. Das ist eine irrige Auffassung. Ich glaube, jeder Bürger des Landes ist berechtigt, sich der Landesmittel teilhaftig zu machen. Zwischen einem Ansuchen und Betteln ist ein Unterschied. Wenn man die Sache richtig ansieht, so kann man doch nicht von einer Bettelei reden. Man soll doch nicht die in Not geratenen Leute noch verbittern und sagen, sie müssen betteln. Wer in Not geraten ist, der soll um einen Unterstützung ansuchen. Das ist keine Bettelei. Ich kann auch einen Privaten, der mich um meine Hilfe ansucht, nicht als Bettler ansehen. Wir haben eine moralische Pflicht, dort mit Unterstützungen einzuspringen, wo Not und Armut besteht. Ich habe mich jedes Mal im Landtage eingesetzt, wenn es galt, eine Summe für Notleidende auszusetzen. Wir haben die Pflicht zu helfen.

Ferdi Risch: ersucht um Abstimmung, da es schade um die Zeit sei.

Präsident lässt über die drei Anträge abstimmen:

1. Antrag der FK [Finanzkommission] auf Gewährung einer Pension von Fr. 3000 bezw. 2900, welcher mit 11 Stimmen angenommen wird.

2. Antrag Dr. Schädlers auf Gewährung einer reduzierten Pension und gleichzeitiger Schaffung eines auf breiterer Basis beruhenden Pensionsgesetzes, das alle Schichten des Volkes umfasst, welcher 3 Stimmen erhält und

3. Antrag Wend. Beck’s Sistierung der Pensionen, bis das Volk hierin entschieden hat und die Altersversicherung eingeführt ist. Diesem Antrag stimmt der Antragsteller zu.

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[1] LI LA LTP 1936/112.
[2] Gesetz vom 1.6.1922 über die zweitweilige Einstellung dee Pensionsanspruchs der Beamten, Angestellten, Diener, Landweibel und Lehrpersonen, LGBl. 1922 Nr. 23.
[3] Vgl. das Gesetz vom 26.2.1935 betreffend die Erhebung einer ausserordentlichen Krisenabgabe, LGBl. 1935 Nr. 4.  
[4] Siehe FN 2.