Stellungnahme der Steuerverwaltung zuhanden der Regierung, gez. Alexander Frick [1]
27.2.1937
Gesetz betreffend Beschränkungen bei Lohnpfändungen
Wir haben den Gesetzesentwurf für das Gesetz betr. Beschränkungen bei Lohnpfändungen [2] durchgesehen und sehen uns durch die Vorsprache verschiedener Steuerkassiere veranlasst, Ihnen Folgendes zu unterbreiten:
Etwa ein Drittel aller Steuerpflichtigen, so berichten die Steuerkassiere, verdienen heute ihre Steuern ab, das heisst, die Gemeinden geben Arbeit und ziehen dann von den Löhnen die geschuldeten Gemeinde- und Landessteuern ab. Die meisten Arbeiter haben gegen diesen Vorgang nichts einzuwenden. Einige aber haben schon protestiert, wenn ihnen z.B. der halbe Lohn zur Abdeckung der Steuern und der Gemeindeschuldigkeiten einbehalten wurde. Sie haben dann behauptet, dass das gegen das bestehende Gesetz sei.
Die Steuerkassiere fürchten nun, dass, wenn das geplante Gesetz in der vorliegenden Fassung angenommen werde, sie beim Einzug der Steuern auf beinahe unüberwindliche Widerstände stossen werden, indem sich die Arbeiter auf dieses Gesetz beziehen und den Abzug nicht dulden würden.
Der Gefertigte hat den Kassieren dann klar gemacht, dass das kommende Gesetz nur die Lohnpfändung beschränken werde, nicht aber die Lohnverrechnung! Wie z.B. ein Geschäftsmann, der seine Forderung an seine Arbeiter mit dessen Lohnforderung an ihn auch in Zukunft unbeschränkt verrechnen könne, so stehe dieses Recht selbstverständlich auch den Gemeinden zu.
Die Steuerkassiere sind aber mit diesen Erklärungen nicht befriedigt, da die Arbeiter sich sicher auf das Gesetz beziehen würden, nach welchem soundsoviele Franken monatlich "abzugsfrei" wären.
Da nun diese Lohnverrechnung heute tatsächlich sehr häufig vorkommt, wäre es auch nach unserem Erachten das Beste, wenn ein diesbezüglicher Passus in das Gesetz aufgenommen würde. Dieser Artikel könnte vielleicht lauten:
"Die Verrechnung der Löhne mit Gegenforderungen wird durch dieses Gesetz natürlich nicht berührt. Es steht insbesondere den Gemeinden und dem Lande das Recht zu, die öffentlich rechtlichen Forderungen mit Löhnen zu verrechnen."
Durch eine solche Bestimmung können viele unnötige Differenzen verhindert werden.
Die beste Lösung für uns wäre natürlich, wenn das Gesetz auf die Eintreibung öffentlich rechtlicher Forderungen überhaupt keine Anwendung finden würde, d.h., dass es hier im alten bliebe.
Der Stand der Steuereinzüger wird durch solche Gesetze naturgemäss immer schwieriger. Wie soll z.B. Triesen mit über 60'000.- sfr. Rückständen, die zu einem grossen Teil von Besitzlosen geschuldet werden, ohne Lohnpfändungen endlich reinen Tisch bekommen.
Wir bitten Sie sehr, vor Beschlussfassung über diese Vorlage dieser Frage näher zu treten.
Mit ausgezeichneter Hochachtung
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[1] LI LA RF 165/063/025. Vgl. das öffentliche Landtagsprotokoll vom 2. und 3.3.1937 (LI LA LTP 1937/039) sowie das Gesetz vom 17.4.1937 betreffend Beschränkungen bei Lohnpfändungen, LGBl. 1937 Nr. 5.
[2] Siehe das Initiativbegehren von Robert Negele auf Erlass eines Gesetzes betreffend Beschränkungen bei Lohnpfändungen vom 20.10.1936 (LI LA RF 165/063/001).