Protokoll der Konferenzsitzung des Landtags, gez. Anton Frommelt, Wendelin Beck und Johann Georg Hasler [1]
23.12.1937
2.) Vorrückung des Regierungskanzlisten von der 5. in die 4. Gehaltsklasse [2]
Derselben wird vom Landtage in Anbetracht der vermehrten Leistungen zugestimmt.
Ferd[inand] Heidegger beantragt, den Landeskassenbeamten Gabriel Negele besser zu besolden, da er ein tüchtiger Beamter sei.
Reg.Chef [Josef Hoop] und auch der Landtag ist der Meinung, dass diesem sonstwie entgegengekommen werden könne, ohne dass man die Einreihung in eine höhere Gehaltsklasse vornehme.
Beck Wend[elin]: bemerkt, dass er von Beamten oft schon misstrauisch angeschaut worden sei, indem er die Gehälte[r] hie und da einer Kritik unterzogen habe. Die Gehalte scheinen ihm aber nur im Vergleich zu den Löhnen der Arbeiter zu hoch vorgekommen. Nachdem nun das Land für das Gewerbe, die Arbeiter und die Bauernschaft durch erhebliche Subventionen entgegengekommen sei, erachte er eine entsprechende Gehaltsrerehlung [sic] für angebracht.
Präsident [Anton Frommelt] bemerkt, dass dies ein gutes Zeichen sei für das Empfinden des Volkes, dass man es nicht als etwas ungerechtes, sondern als etwas selbstverständliches betrachte.
Beck Wend[elin] erwähnt, dass er für das Gesetz im allgemeinen stimme, nur sollte von den Behörden etwas neutraler vorgegangen werden, so in der Besetzunge der Polizistenstellen und verschiedene Beamtungen seien ohne Ausschreibungen besetzt worden. Er sage das nicht aus politischer Leidenschaft, sondern vom demokratischen Standpunkte aus. Er rügt die Anstellungen ohne Ausschreibungen, so z.B. die Anstellung des Bauamtsschreibers, Nachtwächters, beim Lawenawerke und der Landeskasse.
Reg.Chef führt aus: Der Nachtwächter wurde angestellt, weil wir es für dringend gefunden haben. Überdies ist er beständig zur Last gefallen, weil er nicht recht gesund ist. Wenn er fix angestellt wird, werden wir die Stelle ausschreiben.
Beck Wende[elin]: Die Anstellung der Hilfspolizisten ist ganz von politischen Richtlinien erfolgt. Das trägt zur gegenseitigen Verständigung nicht bei. In Zukunft sollten ungehindert der politischen Überzeugung und auf Grund der Fähigkeiten die Anstellungen erfolgen.
[Franz Xaver] Hoop: Wenn Leute Demonstrationen machen, so kann das die Regierung doch nicht dulden und kann auch nicht Leute aus solchen Reihen nehmen. Man muss Polizisten haben, die noch zu einer Ordnung halten. Ein Polizist muss auch einen Charakter haben und verlässlich sein.
Beck Wend[elin]: Die Hilfspolizisten haben den Stempel der Sa [SA] erhalten, das ist nicht demokratisch.
Vogt Basil: Ich möchte den Abg. W. Beck unterstützen. Es sollte nicht so einseitig vorgegangen werden, das gibt im Volke Aberwillen.
Beck Wend[elin]: Es muss für einen Liechtensteiner ein beelendes Gefühl sein, wenn er sieht, wie man ihn zurückstellt. Der Fähigste soll genommen werden, sei er so oder so.
Reg.Chef bemerkt, dass die Akten der Anstellung der Polizisten jedermann zur Einsicht offen stehen. Sie seien nach ärztlichem Befund und auf Grund einer schriftlichen Prüfung ausgelesen worden. Diese sind die besten Schüler gewesen und es ist korrekt vorgangen worden. Was die Anstellung der Hilfspolizei betrifft, so muss gesagt werden, dass die Gegenrichtung dieser gerufen hat. Man hat den Rücktritt der Regierung gefordert und wenn es nicht geht, so schmeisse man sie hinaus. Man muss uns doch nicht für so blöd halten, dass wir zuschauen. Wir mussten Vorkehrungen treffen, die wir zur Aufrechterhaltung der Ruhe und Ordnung für angezeigt hielten. Gleichzeitig war auch die bewusste Sache in Triesen.
Hoop: Die Leute wurden so gemacht. Es sind in jeder Gemeinde 2-3, die sticheln, die anderen sind nur zum bellen.
Präsident: Im Interesse der allgemeinen Sicherheit ist gegen die Anstellung der Hilfspolizei nichts einzuwenden. Es hat sich im speziellen Falle als notwendig erwiesen. Wenn bei der Hilfspolizei die Hälfte der Leute so u[n]d die andere so politisch gesinnt wäre, was glaubt man, dass diese Leute bei [...] [3] diese Idee der Partei aus dem Kopfe brächten. In diesem Falle werden sie als Instrument der Partei beansprucht. Dann stehen die Leute in einem gewissen Zwiespalt ihrer selbst. Man ha[t] in diesem Falle anstatt einer Hilfspolizei 2 Gruppen, die einander selbst bekämpfen. Das Beste wäre, dass man im Volke so weit wäre, dass der Zwiepalt nicht mehr besteht. Eine andere Regierung hätte nicht um ein Haar anders gehandelt. Wenn wir auch nicht in allem eins sind, deswegen ist das Volk nicht gespalten. Mir persönlich würde es eine Behinderung erscheinen, wenn die Polizei als etwa Parteimässiges aufgefasst würde. Die Regierung amtet als Landesorgan. Diese Auffassung sollte man durchbringen im Volke, dass wäre ein grosser Strich unter das gemacht, was Zwist heisst. Auch bei der Vergebung der Landesarbeiten kann nicht die Partei ausschlaggebend sein.
Beck Wend[elin]: Ich möchte die Ausführungen des Präsidenten im grossen u. ganzen unterstreichen. Ich meine nicht, dass in den Polizisten Parteien vertreten sein sollen, es handelt sich mehr um Existenzen. Jeder Liechtensteiner sollte hier das gleiche Anrecht haben.
Reg.Chef: Wenn Sie, Herr Beck, Chef und Sie brauchen einen Mitarbeiter, wen stellen Sie an, den, der auf der Strasse vorbeimarschiert und sagt, "der ist nichts, der muss weg?" oder denjenigen, der sagt, "das ist recht"?
Beck W[endelin]: Eine gesunde Kritik muss sich jede Regierung gefallen lassen.
Präsident: Ich glaube, die Spitzen sind in der letzten Zeit gebrochen. Die Opposition hat eine Vernunft angenommen, die begrüssenswert ist. Der Gedanke aber, dass man Opposition ist, ist eine Trennung. Dadurch ist die Partei begründet. Es ist ein künstlicher Gegensatz zu dem Bestehenden. Im Grund genommen ist das Volk eins. Man bekämpft sich nicht wegen Weltanschauungen und Religion, sondern man bekämpft sich bei uns, weil man einen Gegensatz schaffen will und die Regierungsgeschäfte selbst in die Hand nehmen will. Ein gewisser Unterschied in den Auffassungen ist gut, um sich gegenseitig zu kontrollieren, aber deswegen muss man sich nicht einer Partei verschreiben. Man könnte heute noch ganz gut ohne Partei auskommen, wenn man wollte und wir hätten die gleiche Kontrolle. Dann würde man die Sache als Landessache anschauen.
Vogt Basil: Ich bin 9 Jahre Vorsteher gewesen in Balzers und ich bin nicht parteiisch gewesen und so könnte es auch in Lande sein.
Reg.Chef: Wo sind wir parteiisch? Wir lassen uns nicht Parteilichkeit vorwerfen.
Vogt Basil: Bei der Anstellung der Hilfspolizei hätte man sollen nicht die politische Parteizugehörigkeit berücksichtigen.
Präsident: Es besteht zum mindestens die erwähnte Gefahr. Und dies ist Begründung genug gewesen. Ei[n] grosser Prozentsatz wird Pflicht als Pflicht auffassen, aber es kann ein einziger eine furchtbare Sauerei anstellen. Die notwendige Vertrauensbasis muss unbedingt vorhanden sein. Je beruhigter das Parteiwesen würde, desto ruhiger könnten diese Fragen gelöst werden.
Beck W[endelin]: Es wäre zu begrüssen, wenn der heutige Zwiespalt aus der Welt geschafft würde. Wenn sich einer grundsätzlich einer Partei verschreibt, so ist das gefährlich. Ich habe es seinerzeit abgelehnt, am Berg eine politische Organisation zu schaffen. Solche Ereignisse geben Anstoss, dass der Zwiespalt noch grösser wird. Es sollte eine Einheit geschaffen werden.
Präsident: Im Landtage ist man im grossen und ganzen übereingekommen. Man merkt im Landtage ein ausgesprochenes Parteileben nicht. Wenn man hier die Gegensätze abgetan hat, diese Vernunft sollte man auch ins Volk bringen. Wenn auch das Parteileben nicht da wäre, wären doch die meisten der Abgeordneten hier. Wir wissen, das andere Bestrebungen da sind, die aus dem Parteileben leben.
Risch Ferdi[nand]: Ich möchte nur darauf verweisen, wie schön es ist u. wie sich schaffen lässt, wenn die Parteien nicht in den Vordergrund treten. So ist dies auch bei der Behandlung der Tunnelfrage der Fall. Diese sollte nicht, wie es schon vorgekommen ist, ins Politische gezogen werden. Es ist nichts leichter als das Tunnel über den Haufen zu werfen. Solche Fälle haben wir mehr.
Reg.Chef: Man hat in den letzten Monaten so nett zusammengearbeitet und auch dieses Gesetz, das eine heikle Materie ist, ist vernünftig behandelt worden. Es ist vielleicht eine Gelegenheit, dass man in Zukunft etwas friedlicher miteinander umgeht. Wir sind jederzeit bereit, Hand zu bi[e]ten, aber in dem Moment, wo man uns attackiert, haben wir uns zu wehren. Es liegt in Eurer Hand, zu machen, dass die politischen Gegensätze abflauen. Dann kommen wir zu einem Zustand, wo man nicht mehr frägt, ist der so oder so. Das aber kann man keiner Partei zumuten, dass man einem Leute auf den Buckel setzt, die das Interesse haben, das man alles sabotiert. Wir haben die Verantwortung zu tragen und wir kehren das vor, was [wir] für gut und vereinbar halten.
Risch Ferdi[nand] verweist auf die Drohungen, die gegen die Regierung ausgestreut worden seien. Sogar das Ultimatum sei gestellt worden. Auf das hin habe man müssen, wenn es einem auch unlieb gewesen sei, den Kredit bewilligen.
Reg.Chef: Es sind sich viele Leute noch nicht bewusst, was für einen Wert die Ruhe und Ordnung im Lande hat. Das spüren wir vor allem in unserem Lande. Es ist glücklicherweise bei uns eine Entwicklung, die ausserordentlich erfreulich ist, aber jeder Krawall oder jede Demonstration würde einen vollständigen Zerfall herbeiführen. Wir leben nur vom ausländischem Kapital und das will bei uns ein Staatsgebilde sehen, das gut und ruhig geführt wird. Ich sage nicht, dass ich der einzige bin, der das kann, aber es kann und soll alles auf dem normalen Wege gehen. Jedesmal wenn eine Schauermeldung hinausgeht, so klingelt das Telephon aus allen Ländern, was ist wieder los in Liechtenstein. Die Sparkasse mahnt auch zur Ruhe und dort kann sich jeder über den Wert einer ruhigen Entwicklung erkundigen.
Präsident: Diese Aussprache ist sehr wertvoll, weil sich jeder dabei seine Gedanken macht und diese Gedanken zu einer Fruchtbarkeit kommen. Aber wir müssen wieder zur Behandlung der Vorlage zurück.
Reg.Chef bemerkt, dass aus Beamtenkreisen die Pfändungsgebühren des Exekutor[s] Beck kritisiert worden sei. Er beziehe faktisch Fr. 5000. Der Landtag ist der Ansicht, dass er auch ausserordentliche Auslagen habe und es ein unliebsames Amt sei und deswegen soll am heutigen Zustand nichts geändert werden.
Reg.Chef bringt die Eingabe des Landrichters Dr. Thurnher um Gehaltserhöhung zur Sprache.
Der Gehalt wird vom Landtage in Anbetracht des besonderen Anstellungsverhältnisses und der ausgesprochenen Kündigung Dr. Thurnher's im verneinenden Fall mit Frs. 9000 festgesetz[t], wobei der Landtag auch den Wunsch ausspricht, dass weitere Erhöhungen nicht mehr gefordert werden sollten.
Präsident kommt auf die Festsetzung des Gehaltes des Reg.Chefs zu sprechen.
Der Landtag setzt den Gehalt des Reg.Chefs als oberstes Organ des Landes, das heute ein vollgerüttetes Mass von Arbeit und Sorgen zu bewältigen hat, mit Fr. 9000 und freier Wohnung fest. Ebenso soll dem Reg.Chef die Versicherungsmöglichkeit mit einem Gehaltsansatz der 1. Beamtenklasse, d.i. Fr. 5800.-, gewährt werden.
[Emil] Batliner beantragt, den Gehalt mit Fr. 10'000 festzusetzen, doch Reg.Chef Dr. Hoop verzichtet und bittet, davon Abstand zu nehmen, da er es so machen könne und andererseits sonst das ganze Gehaltsgesetz Gefahren entgegengehe. Desgeichen schlägt Reg.Chef Dr. Hoop das Anerbieten des Landtages zur Einreihung in eine noch höhere Gehaltsklasse für Versicherungszwecke ab.
Mittagspause
[Philipp] Elkuch erkundigt sich wegen des Gesuches der Monteure des Lawenawerkes, die ebenfalls die Wohltat der Versicherung wünschen.
Nach Kenntnisnahme des Gesuches ist der Landtag mehrheitlich der Meinung, dass es schwer sei, dem Gesuche in der gewünschten Form aus technischen Gründen und der Konsequenzen wegen zu entsprechen. Vielmehr glaubt der Landtag, dass für die Gesuchsteller durch die Einführung der Altersversicherung die Möglichkeit der Versicherung geschaffen werden soll, wo für dieselben, wie auch für die Wegmacher eine höhere Klasse geschaffen werden könne.
Reg.Chef bringt die Gehaltsfestsetzung des Reg.Chef-Stellvertreters zur Diskussion. Das Amt des Reg.Chef Stellvertreters dürfe als ein ständiges angesehen werden. Überall beim Bauamt und dem Markenwesen erheische es eine bewährte Kraft.
Der Landtag setzt den Gehalt des Reg.Chef-Stellvertreters mit Frs. 7800 fest. Die Entschädigung für die Wohnung soll nicht mehr im Budget aufscheinen. Desgleichen soll für den Reg.Chef-Stellvertreter im allgemeinen die Versicherungsmöglichkeit nach der ersten Gehaltsklasse gegeben sein. Im speziellen Falle sei diese Angelegenheit eine Verrechnungssache, nachdem der derzeitige Reg.Chef-Stellvertreter Präs. [Anton] Frommelt zugleich durch das Pensionsgesetz der Geistlichkeit zum normalen Ansatz pensioniert würde.
Sodann schreitet der Landtag zur ersten Lesung des Versicherungsgesetzes. Das Begehren der Beamtenschaft auf Erlass der 2½igen Nachzahlung wird abgewiesen mit der Begründung, dass der Versicherungskasse vermehrte Mittel zugeführt werden müssen und andererseits die Wohltat der Versicherung für die Beamten dieses Opfer wert sei.
Die Schulstrafen sollen wie bisher in den Versicherungsfonds gegeben werden.
Für die eventuellen Nachzahlungen der Beamten soll eine 30 monatige Frist gewährt werden. Für diese Zeit soll ein Zins der Nachzahlungen nicht erfolgen.
Die bisherige Aushilfe in der Regierungskanzlei, Anton Seger von Schaan, wird gem. einstimmigem Beschluss des Landtages ins Definitivum übernommen.
Ferner beschliesst der Landtag, dass für die gegenwärtig im Anstellungsverhältnisse mit dem Land stehenden Beamten und Angestellten und Lehrer von der ärztlichen Untersuchung für die Aufnahme in die Versicherungskasse Abstand genommen werde.