Der Landtag erwägt eine Ministeranklage gegen Alois Vogt


Protokoll der öffentlichen Landtagssitzung, ungez. [1]

6.9.1946

Präsident [David Strub]: Ich habe im Einvernehmen mit dem Vizepräsident Dr. [Alois] Ritter als ersten Punkt der heutigen Landtagsitzung die Angelegenheit Dr. Alois Vogt, alt Vize-Regierungschef, auf die Tagesordnung gebracht. Die Regierung hat über diesen Fall dem Landtag verschiedene Akten zur Weiterbehandlung übermittelt und ich werde hierüber kurz orientieren. Wird vorgelesen…

Zusammenstellung über den Akteninhalt siehe separates Blatt. [2]

Präsident: Also auf Grund der Verfassung hat der Landtag die Sache abzuklären, ob die Angelegenheit Dr. Alois Vogt weiter untersucht werden soll oder nicht. Ich möchte daher den Gegenstand zur Debatte stellen und ersuche die Herren, sich zu melden. Eventuelle Auskünfte können anhand der vorliegenden Akten erteilt werden.

Abg. Dr. Ritter: Der Landtag hat sich mit dieser Angelegenheit nur zu befassen, wenn ein Antrag auf Erhebung der Anklage vorliegt oder gestellt wird. Ich habe diese Akten durchgesehen und nach meiner Meinung auch gründlich geprüft im Zusammenhang mit der Verfassung und den Gesetzen. Nach Art. 62 der Verfassung könnte eine Ministeranklage nur gemacht werden, wenn die Verfassung selbst vorsätzlich oder grobfahrlässig verletzt worden wäre. [3] Beim Studium der Akten bin ich jedoch diesbez. zu einem absolut negativen Ergebnis gekommen. Ich finde keinen Tatbestand, der ein Gesetz verletzen würde, noch weniger einen Tatbestand, der die Verfassung verletzen würde. Auch aus der Verlesung dieser Akten habe ich, und gewiss auch alle anwesenden Herren den Eindruck bekommen, dass ein solcher Tatbestand nicht vorliegt und ich möchte deshalb den Antrag stellen, der Landtag wolle beschliessen, es sei kein Anlass vorhanden, eine Ministeranklage zu erheben.

Abg. [Franz Xaver] Hoop: Ich wäre schon der Ansicht, dass Dr. Vogt selbst das grösste Interesse daran hätte, wenn diese Angelegenheit auf eine Weise abgeklärt würde, damit auch das Volk von dem Ausgang der Verhandlungen überzeugt ist. Wenn nur der Landtag sagt, dass nichts weiter dabei ist und die Sache als abgetan betrachtet, so bleibt doch im Volk etwas sitzen.

Präsident: Meinerseits stört mich nur etwas an der kurzen Erledigung durch den Landtag und zwar folgendes: Wie im Amtsvermerk der Regierung niedergelegt ist, wurden die Unterlagen für diesen Fall, Fotokopien u.s.w. von Seiten der Schweizerischen Bundesanwaltschaft oder deren Organen der hiesigen Polizei übergeben. [4] Also sind die schweizerischen Behörden wie auch die Alliierten Besetzungsbehörden, von welchen genannte Unterlagen der Schweiz übergeben worden sein dürften, vom Inhalt dieser Akten orientiert. Ich bin der Ansicht, dass die Sache untersucht werden sollte. Es ist ja möglich, dass die Angelegenheit schon in einem Voruntersuch erledigt werden könnte.

Was nun die Aktion Rosl betrifft, ist den Akten zu entnehmen, dass ein Passformular und ein Heimatschein ausgefolgt worden ist. [5] Meinerseits bezweifle ich, dass ein Regierungsmitglied ohne weiteres ein Passformular ausfolgen darf. Wie wir gehört haben, ist nirgends ersichtlich, in wie weit die gesamte Regierung von dieser Sache orientiert worden ist. Ich weiss daher nicht, ob über diese Ausfolgung von Passformular und Heimatschein nur so kurz darüber hinweg gegangen werden kann.

Abg. H. [Heinrich Andreas] Brunhart: Ich stelle den Antrag, dass Dr. Vogt und Dr. [Josef] Hoop hierher vorgeladen werden, damit man sich über die Sache aussprechen kann.

Präsident: Ich glaube kaum, dass wir das Recht haben, als Untersuchungsbehörde aufzutreten.

Abg. H. Brunhart: Es hat aber jeder der Abgeordneten dann die Möglichkeit, sich bei den Herren persönlich zu erkundigen.

Abg. [Josef] Sele: Mir ist diese Sache neu, ich habe einigemale davon gehört, aber um was es sich handelt, habe ich nicht gewusst. Es ist doch eigentümlich, dass man über einen solchen Fall so rasch entscheiden können soll, denn ein genaues Bild von der ganzen Angelegenheit kann ich mir noch nicht machen. Es ist daher nicht mehr als recht, wenn die Herren vorgeladen werden, damit man auch ihren Standpunkt kennen lernt. Was nun Präsident Strub sagt, betr. Ausfolgung von einem Pass und Heimatschein, so möchte ich nur erwähnen, dass im Volk viel geredet worden ist wegen Ausstellung von Diplomatenpässen durch die Regierung Dr. Hoop. Wenn schon untersucht werden soll, so soll es nicht einseitig erfolgen, sondern auch in dieser Richtung vorgegangen werden. Ich pers. sehe hinter dieser ganzen Sache andere Hintergründe stehen. Man will die Briefmarkenangelegenheit unter den Tisch wischen, indem man etwas anderes breitschlägt. [6] Ich bin noch nicht klar im Bild über die ganze Angelegenheit und hoffe, dass ein Abgeordneter das Recht hat die Sache anzuschauen und zu überlegen, denn wie gesagt, erst heute morgen ist mir der Sachverhalt bekannt geworden.

Präsident: Hinsichtlich der Briefmarkensache glaube ich, dass kein Abgeordneter im Landtag ist, der diese Sache unter den Tisch wischen möchte, sondern es besteht das allgemeine Interesse, diese Sache ganz abzuklären. Ich möchte aber durchaus nicht haben, dass etwa der Eindruck aufkommen soll, dass die Sache politisch behandelt werde. Was nun die Akteneinsicht anbelangt, habe ich diese Dr. Ritter zur Verfügung gestellt mit Rücksicht darauf, dass er Jurist ist und zudem Fraktionsführer. Im übrigen steht es jedem Abgeordneten jederzeit frei, Akteneinsicht zu bekommen und zu verlangen. Ich möchte aber betonen, dass nicht ein Abgeordneter der Bürgerpartei etwas bis jetzt davon gesehen hat. Übrigens habe ich den Weg für viel zu kompliziert gefunden, dass jeder Abgeordnete die Unterlagen zur Einsicht bekommen hätte sollen, dies nur zur Klarstellung der Sachlage.

Abg. Dr. Ritter: Nehmen wir an, der Landtag würde beschliessen auf Erhebung der Ministeranklage. Es würde dem Landtag sicher schwer fallen, ein Gesetz zu bezeichnen, das verletzt worden wäre. Auf der anderen Seite konnte ich der Besprechung mit dem Staatsanwalt [Karl Eberle] vom Präsidenten und mir entnehmen, dass er mit diesem vorhandenen Material keine Anklage erheben könnte, das wird Herr Präsident gewiss bestätigen können.

Präsident: Ganz richtig, aber ergänzen möchte ich noch, dass nach den Äusserungen des Staatsanwaltes im Falle einer Anklageerhebung die Untersuchung weiter ausgedehnt werden müsste, was bisher nicht erfolgt ist, da nicht das Landgericht hierfür zuständig ist, sondern der Staatsgerichtshof in Betracht kommt.

Abg. [Florian] Kindle: Zu diesem Fall möchte ich noch fragen, ich habe gehört, dass in einer Parteiversammlung in einer Gemeinde bereits über diese Angelegenheit geredet wurde. Besteht nun die Möglichkeit, dass dort solche Akten vorliegen hätten können?

Präsident: Ausgeschlossen, solange ich die Akten in Händen habe, sind sie nicht in einer Parteiversammlung vorgelegen und vorher glaube ich kaum, dass diese Akten vorgelegt wurden.

Reg. Chef [Alexander Frick]: Sobald mir mitgeteilt wurde, dass Akten von Dr. Vogt vorhanden seien, habe ich solche sofort in eine Schublade eingeschlossen. Ich habe solche dann in die Regierungssitzung gebracht und noch im gleichen halben Tag sind die Akten an das Landgericht weitergegangen. Es wäre natürlich die Möglichkeit, dass mehrere Kopien vorhanden sind, aber ich bezweifle das.

Abg. H. Brunhart: Dieser Fall wurde bereits in einer Bürgerparteiversammlung besprochen. Einige Herren erwähnten dort, dass dieser Fall auszuschlagen sei.

Abg. [Eugen] Schädler: Ich bin von der ganzen Sache auch nicht informiert, ich habe gehört von der Einreisesperre in die Schweiz, aber den Grund kannte ich nicht. In den Bürgerparteiversammlungen, wo ich anwesend war, sind keine Akten vorgelegen, denn auch mir ist diese Sache ganz neu.

Abg. H. Brunhart: Es ist mir gesagt worden, dass Marzell Sele, Alois Negele und ein gewisser Frick in einer Bürgerparteiversammlung gesagt haben, dass diese Sache ausgeschöpft würde, ob es sich nun bei diesem Herrn Frick um den Regierungschef Alexander Frick gehandelt hat, weiss ich nicht.

Reg. Chef: Der Alexander Frick war es nicht, mein Vater [Alexander Frick] auch nicht und mein Cousin [Alexander Frick] auch nicht.

Abg. H. Brunhart: Der Fall ist aber behandelt worden.

Reg. Chef: Es ist schon lange vorher von diesem Fall geredet worden.

Abg. H. Brunhart: Man hat schon viel geredet. Vielleicht wird von Reg. Chef Frick später auch geredet.

Reg. Chef: Ich nehme es an, Gutes und Schlechtes.

Präsident: Meinerseits lege ich Wert darauf, dass diese Sache nicht verpolitisiert wird. Mich stört diese Passgeschichte am meisten. Wir müssen die Sache nicht nur vom rein innerpolitischen Standpunkt ansehen, sondern im Interesse des Landes auch von der ausserpolitischen Seite.

Abg. Dr. Ritter: Selbst wenn dieser Umstand, die Ausgabe von Passformularen und Heimatschein erwiesen würde, liesse sich die Frage erheben, welches Gesetz ist dadurch verletzt worden. Wollen wir die früheren Jahre betrachten, wo die Regierung gezwungen war, im Interesse des Landes mit den Machthabern im Norden sich gut zu stellen, damit wir nicht Gegenstand eines Angriffes würden, als schutzlos kleines Land. Wie ich höre, wird in der Schweiz besonderes Gewicht auf den Fall [Rudolf] Blaschke gelegt. [7] Dieser Fall hat aber die ganze Regierung beschäftigt und nicht nur Dr. A. Vogt. Meines Wissens ist der Beschluss auf Haftentlassung vom Regierungskollegium verfasst worden und der Staatsanwaltschaft mitgeteilt worden. Die Verhaftung des Blaschke wurde den Schweizerbehörden anfangs Dezember 1942 mitgeteilt, sie haben aber kein Auslieferungsbegehren gestellt. Auch die Schweiz hat die Praxis oft geübt, dass solche Leute ausgetauscht oder überstellt wurden, um nicht eine Verurteilung durchführen zu müssen. Dass sie die Auslieferung des Blaschke nicht verlangt haben, zeugt davon, dass sie damals auch kein Interesse gehabt haben, sich den Blaschke geben zu lassen. Hier bei uns war keine andere Möglichkeit vorhanden, als den Beschluss auf Haftentlassung, zu welchem es dann auch gekommen ist. Im übrigen kann uns gewiss Vize-Regierungschef [Ferdinand] Nigg hierüber noch nähere Auskunft erteilen.

Vize-Regierungschef Nigg: Betr. der Politik der alten Regierung ist zu erwähnen, dass durch ihre Gesamtdemission diese Frage erledigt sein dürfte. Der Fall Blaschke ist mir genau bekannt. In mündlichen Besprechungen hat Dr. Eberle bemängelt, dass Blaschke freigelassen wurde statt ausgeliefert. Die Schweizer haben jedoch gewusst, dass Blaschke 5 Wochen in Haft in Vaduz war, haben jedoch niemals ein Auslieferungsbegehren gestellt. Der Beschluss auf Haftentlassung ist von der Gesamtregierung gefasst worden und ich habe den Auftrag erhalten, die Haftentlassung zu beantragen. Es erfolgte später nie eine Reklamation, bis der a.o. Staatsanwalt die Frage aufwarf, dass wir gegen die schweizerischen Interessen gehandelt haben oder hätten. Niemals, trotz meiner guten Beziehungen zur Bundesanwaltschaft, niemals ist gesagt worden, dass sie den Blaschke gerne haben möchten oder gehabt hätten.

Präsident: Es ergibt sich die Frage, ob die Regierung ermächtigt ist, eine Freilassung auszusprechen, wenn das Obergericht beschliesst, die Sache dem Staatsanwalt mit dem Auftrag zu übergeben, die Sache vom Standpunkt der Notenfälschung aus zu behandeln. Auch auf die Anfrage aus der Schweiz, als über den Stand der Angelegenheit Blaschke Auskunft verlangt wurde, hätte unbedingt der wahre Sachverhalt mitgeteilt werden müssen. Es wurde jedoch trotz der bereits erfolgten Haftentlassung die Mitteilung gemacht, dass die Sache noch in Behandlung stehe.

Vize-Reg. Chef: In Zürich konnten sie lange keinen klaren Standpunkt vertreten, ob die Noten echt oder falsch seien.

Präsident: Mich stört nach wie vor die Ausfolgung der Passformulare. Ich möchte auf die Debatte von Abg. Sele zurückkommen, welcher erwähnte, dass auch Diplomatenpässe ausgefolgt wurden, nach meiner Ansicht hat es sich hierbei aber um unterschriebene Pässe gehandelt, nicht um leere Passformulare. Das ist der grosse Unterschied in der Ausfolgung der Pässe.

Abg. Kindle: Es ist erwähnt worden, dass die Regierung in früheren Jahren sehr grossen Wert darauf legen musste, dass unser Land vom Krieg u.s.w. unbehelligt bleibe. Dass die Herren in der schweren Zeit viel zugeben mussten, kann ich verstehen, es war nicht so einfach. Ich meinerseits habe die Auffassung, dass Dr. Hoop mit [Karl] Kriener sehr gut befreundet war, besser wie Dr. Vogt, dass dieser gewiss auch versch. Unterredungen mit Kriener gepflogen hat, dass von diesen Unterredungen nichts bekannt ist, dass von Dr. Hoop nie die Rede ist, das ist schon interessant, dass da nie etwas gegangen ist.

Reg. Chef: Wenn der Landtag der Regierung nicht traut, besteht die Möglichkeit, bei der Bundesanwaltschaft in Bern einen ev. Akt Dr. Hoop zu verlangen. Ich habe keinen Akt dazu und keinen weggetan. Ich stelle daher den Antrag, dass die Bundesanwaltschaft betr. dem Akt Dr. Hoop befragt wird.

Abg. Dr. Ritter: Ich möchte mich gegen diesen Antrag aussprechen. Wir würden damit einen weiteren Schritt in der Preisgabe der Souveränität tun, wenn wir uns diesbez. abhängig machen würden. Es fällt mir übrigens auf, dass Schweizerbehörden Akten nach Liechtenstein schicken, ich glaube im umgekehrten Fall nicht, dass Akten in ähnlichen Angelegenheiten nach der Schweiz gesandt würden. Ich würde mich daher nicht in ein Abhängigkeitsverhältnis der schweizerischen Bundesanwaltschaft begeben, sondern die Sache von uns aus erledigen.

Abg. H. Brunhart: Ich habe bereits den Antrag gestellt, dass beide Herren vorgeladen werden, damit wir ihre Ansicht hören und auch fragen können.

Präsident: Der Landtag ist nicht Untersuchungsbehörde.

Abg. Dr. Ritter: Der Antrag von Abg. H. Brunhart wäre gerechtfertigt, wenn der Landtag auf Erhebung der Ministeranklage dringen würde. Bisher ist aber die Ministeranklage nicht gemacht resp. verlangt worden. Wenn aber die Ministeranklage verlangt werden sollte, würde ich den Antrag von Abg. H. Brunhart unterstützen. Vorläufig möchte ich ersuchen, über die Eintretungsfrage des Landtages zur Anklage Stellung zu nehmen und abstimmen zu lassen über meinen zuerst erfolgten Antrag.

Präsident: Meinerseits wollte ich niemand mit den Akten überrumpeln. Ich habe die Sache mit Herr Dr. Ritter besprochen und war der Ansicht, dass das so das richtige sei. Wenn aber die Abgeordneten wünschen, die Sache vielleicht noch in der Fraktion zu besprechen, so habe ich nichts dagegen.

Abg. Dr. Ritter: Wenn die Akten zirkulieren, entstehen unnötige Breitläufigkeiten. Der Sachverhalt stammt von einem neutralen Juristen und ist instruktiv genug, sodass meines Erachtens ein besseres Bild durch Zirkulieren der Akten nicht erreicht würde.

Abg. Schädler: Ich würde mir das so vorstellen, dass sich die Abgeordneten jeder Fraktion zusammensetzen würden und die Sache besprechen würden. Ich bin auch nicht dafür, dass es in die breite Öffentlichkeit gebracht wird, sondern nur unter den Abgeordneten.

Abg. Kindle: Das kann ja über den Mittag gemacht werden. Die Herren sind ja in Vaduz, somit kann alles besprochen werden, sogar unter Zuzug von Dr. Vogt oder Dr. Hoop. Am Nachmittag kann dann über den Antrag von Dr. Ritter abgestimmt werden.

Abg. H. Brunhart: Bevor jedoch diese Sache nicht erledigt ist, soll auf keinen weiteren Punkt des Tagesordnung eingegangen werden.

Abg. Dr. Ritter: In diesem Fall bin ich der Ansicht, dass die Sitzung unterbrochen wird und am Nachmittag um 3 Uhr wieder fortgesetzt werden soll.

Präsident: Ich bin damit einverstanden.

1/4 12 Mittagspause. Fortsetzung der Sitzung um ½ 4 Uhr.

Präsident: Ich möchte hiermit die Nachmittagssitzung eröffnen.

Abg. Sele: Wenn es gestattet ist, möchte ich zuhanden der Regierung folgendes zur Kenntnis bringen: Schutzmann Josef Beck hat heute in Schaan erklärt, dass ich bereits am morgen vor der Landtagsitzung im Wirtshaus gewesen sei, ich verlange, dass der Mann von der Regierung einvernommen wird. Er erklärte, statt im Landtag zu sein, sei ich am herumsaufen. Diese Aussage hat er jedoch selber in einer Wirtschaft gemacht. Ich meinerseits möchte feststellen, dass ich vom Schriftführer des Landtages [8] die Mitteilung erhalten habe, ich möchte zu Nägele in die Landeskasse kommen, ich habe mir dann noch rasch Zigaretten in der Linde gekauft.

Abg. Dr. Ritter: Der Landtag kann sich das nicht gefallen lassen, dass über einen Abgeordneten während der Session Kritik geübt wird. Derartige Bemerkungen haben zu unterbleiben.

Abg. Sele: Emil Brunhart hat es pers. gehört, als Beck diese Angaben machte und hat es mir berichtet.

Abg. Dr. Ritter: Die Regierung wird daher ersucht, den Schutzmann Josef Beck einzuvernehmen, um die Sache abzuklären.

Präsident: Wir haben die Angelegenheit Dr. Vogt über Mittag besprochen und waren der Ansicht, dass es im Interesse des Landes wäre, wenn die ganze Sache weiter abgeklärt werden könnte. Möchte sich diesbez. noch jemand zu Wort melden, wenn nicht lasse ich über den Antrag von Dr. Ritter abstimmen, er lautet:

Der Landtag wolle beschliessen, dass keine Veranlassung zur Erhebung der Ministeranklage gegen Alt-Vize-Regierungschef Dr. A. Vogt bestehe.

Wer also dafür ist, dass diese Ministeranklage nicht erhoben wird, soll dies durch Handerheben bekannt geben.

7 sind dafür (Fraktion der Union)

Meinerseits möchte ich im Auftrag der Bürgerpartei folgende Erklärung abgeben:

Die Fraktion der Bürgerpartei hätte sehr gewünscht, dass die Angelegenheit Dr. Vogt im Interesse des Landes hätte weiter abgeklärt werden können. Nachdem nun aber durch das Abstimmungsergebnis (7 Stimmen der Union für den Antrag des Abg. Dr. Ritter) erwiesen ist, dass die für eine Weiterverfolgung der Angelegenheit notwendige Zweidrittel-Mehrheit nicht erreicht werden kann, erübrigt sich die Stellung eines Antrages auf Erhebung der Ministeranklage.

Somit betrachte ich die Angelegenheit als erledigt.

Vize-Reg.Chef: Ich möchte nur noch zur Kenntnis bringen, dass bereits am 28. Juli 1937 an das Deutsche Reichsministerium des Inneren in Berlin die Diplomatenpässe (Blanco-Pässe) Nr. 91–98 ausgegeben wurden, es handelt sich also hierbei um 8 Blanco-Diplomatenpässe.

Abg. Dr. Ritter: Die Angelegenheit Dr. Vogt wäre somit erledigt, der Landtag wird aber der Regierung diesbez. doch etwas mitteilen müssen.

Präsident: Die zweckmässige Formulierung stelle ich mir so vor, dass ich den Antrag von Dr. Ritter aufnehme und im Anhang die Erklärung der Bürgerpartei und schlussendlich, dass somit die Angelegenheit vom Landtag als erledigt betrachtet werde.

Abg. Dr. Ritter: Es muss aber ausdrücklich festgehalten werden, dass kein Gegenantrag gestellt worden ist.

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[1] LI LA LTP 1946/126.
[2] LI LA LTP 1946/138.
[3] Gemäss Art. 62 Bst. g der Verfassung (LGBl. 1921 Nr. 15) kann der Landtag gegen Regierungsmitglieder "wegen Verletzung der Verfassung oder sonstiger Gesetze" Anklage beim Staatsgerichtshof erheben.
[4] Die Akten zur Ministeranklage gegen Vogt sind nur bruchstückhaft erhalten (LI LA V 005/1945/0829, LI LA J 007/S 079/076, LI LA RF 238/194, LI LA LTA 1946/L26). Bei den erwähnten Fotokopien handelt es sich um Akten zur "Aktion Rosl" (vgl. dazu Anm. 5). Diese sind jedoch offenbar nicht erhalten geblieben.
[5] Zur "Aktion Rosl", in der ein deutscher Agent mit liechtensteinischen Papieren in die USA eingeschleust werden sollte, vgl. LI LA LTP 1946/138 (S. 3-6).
[6] Nach Kriegsende war vom Landtag eine Geschäftsprüfungskommission in Briefmarken- und Postmuseumsangelegenheit bestellt worden. Auslöser war der Verdacht, Hermann E. Sieger, der Kurator des Briefmarkenmuseums, habe im Juli 1945 in einem für das Museum bestimmten Paket private Vermögenswerte nach Liechtenstein gerettet (LI LA LTA 1946/L27, LI LA RF 246/028). Die Angelegenheit beschäftigte den Landtag wiederholt bis Ende 1951.
[7] Rudolf Blaschke war am 30.11.1942 in Schaan verhaftet worden, nachdem er gefälschte Pfundnoten im Wert von 100'000 Fr. nach Zürich gesandt hatte. Blaschke wurde am 30.12.1942 freigelassen und nach Deutschland ausgewiesen (LI LA LTP 1946/138 (S. 6-8), LI LA J 007/S 075/232, LI LA V 005/1942/1462, LI LA V 005/1945/1694, LI LA RF 214/312b).
[8] Florian Kindle oder Fidel Brunhart.