Der Landtag billigt mehrheitlich das Vorgehen von Regierungschef Josef Hoop in der Vogelsang- bzw. Spitzelaffäre


Protokoll der Konferenzsitzung des Landtags, gez. Wendelin Beck und Johann Georg Hasler [1]

12.2.1937

Präsident [Anton Frommelt] dankt für die Ausführungen des Herrn Reg.Chef [Josef Hoop] und stellt sie zur Diskussion.

Dr. [Otto] Schädler: Es ist mir leider nicht möglich, auf die Einzelheiten dieses langen Berichtes und den ganzen Zusammenhang einzugehen, aber immerhin drängt es mich, hier noch einige Worte zu sagen. Vor allem möchte ich vorausschicken, dass ich die Untersuchung und die Abklärung der Spitzelaffaire für eine lebenswichtige Aufgabe der Regierung halte. Es ist jedenfalls für mich als einen der nächsten Mitarbeiter des Baron von Vogelsang besonders schmerzlich, diese Erfahrungen über seine Verfehlungen und diese Aufdeckung seiner Person erleben zu müssen. Aber dennoch möchte ich zurückgreifen auf die erste Besprechung, die Dr. Vogt, Dr. Ritter und ich mit Herrn Reg.Chef seinerzeit hatten. Ich habe damals nach der ersten Veröffentlichung des ersten Dokumentes erklärt, wenn es sich herausstellt, dass Baron von Vogelsang tatsächlich ein Spitzel des Landes war und Verräterdienste ausgeübt hat, so ergeben sich für uns die nötigen Konsequenzen, d.h., er würde aus der Partei und der Redaktion ausgestossen werden. Nach der Vorlage der Dokumente aber können wir noch nicht die restlose Überzeugung haben, dass es nicht doch noch Fälschungen geben kann und wir müssen von uns aus die Untersuchung der Angelegenheit in die Finger nehmen. Weil wir in der Öffentlichkeit mitverdächtigt wurden, haben wir darauf hingewiesen, dass wir einvernommen werden möchten. Wir seien bereit, uns jeder Untersuchung zu unterziehen und vor allem unser Haus zur Untersuchung zur Verfügung zu stellen. Es ist dann im Laufe der folgenden Tage herausgekommen, dass Baron von Vogelsang eine verräterische Handlungsweise an unserem Lande ausgeübt hat und wir haben nicht verfehlt, diese auf das schärfste zu verurteilen und wir haben seine freiwillige Entlassung durchgeführt, obwohl er uns noch ehrenwörtlich versichert hatte, dass er keine Spitzeleien getrieben habe, am Samstag angenommen. Auf Grund seiner ehrenwörtlichen Versicherung mussten wir annehmen, dass es sich um eine Fälschung handeln könnte, obwohl Herr Reg.Chef sagte, dass die lückenlosen Beweise gegeben seien. Wir haben dann nach dieser Aussprache am Abend den Vogelsang wieder gesprochen, nachdem er von der Polizei freigegeben war, und haben uns neuerdings an ihn gerichtet, ob er nicht doch eine Dummheit gemacht habe. Meine Person und Dr. Vogt wurden in dieser Sache in einer Weise und Art erwähnt, dass wir eben mit der ganzen Verräterei mitschuldig wären. Wir haben damals aufgrund der damaligen Aktenlage um die Abgabe einer Erklärung ersucht, dass Dr. Vogt und ich mit der Verräterei nicht im Zusammenhange stünden. Diese Ehrenerklärung wurde uns nicht gegeben. Es wurde im weiteren Verlauf dann die Behauptung aufgestellt, ich hätte den Baron verheimlicht und ihm verboten, zur Regierung zu gehen. Das muss ich als Lüge bezeichnen. Es war sonntags um 9.15, als Polizist Eberle zu mir kam und nach dem Vogelsang frug. Ich sagte, ja er ist da, was wollen Sie. Er sagte, er möchte um 11 Uhr zur Regierung kommen. Ich sagte, ich werde ihm das sagen, aber das eine möge er dem Regierungschef sagen, entweder kommt Dr. Vogt oder ich mit ihm.

 

Was ich kritisieren möchte, ist das ganze Vorgehen. Der Herr Regierungschef sagte, er sei bereits seit Ende November im Besitze dieser ersten Dokumente. Dass man aber dann zusehen musste oder wollte bis zum 23. Jänner, dass die Sache einer Parteizeitung zur Veröffentlichung übergeben worden ist, während der Regierungsrat noch keine Kenntnis hatte, das verurteile ich. Erst an dem dem 23. Jänner folgenden Dienstag wurde das Regierungskollegium verständigt über die Sache. Der Herr Reg.Chef beruft sich darauf, dass nach Art. 94 der Verfassung diese Massnahme ohne weiters gangbar gewesen sei. Ich denke, wenn die Dokumente Ende November eintrafen und am 23.1. die erste Veröffentlichung stattfand, dass da keine arge Verzögerung hätte eintreten können. Es ist also die Veröffentlichung dieser Spionage in der Zeitung, ohne das Regierungskollegium zu benachrichtigen, nicht richtig gewesen. Es wurde weiters ohne Verständigung des Regierungskollegiums die schweizerische Depeschenagentur und damit alle Auslandszeitungen über die beschlagnahmten Akten informiert, währenddem das Reg.Kollegium am 10. Feber davon erfuhr. Dieser ganze Vorgang hat etwas Befremdendes an sich und richtet sich auch gegen die Verfassung und die Gesetze. Und zwar gegen Art. 78 der Verfassung. Auch im Ermächtigungsgesetz ist diese Einzelmassnahme des Reg.Chefs nicht vorgesehen. Wenn sich der Reg.Chef auf das Ermächtigungsgesetz beruft, so hätte das Regierungskollegium zuerst begrüsst werden müssen. Was das Exposé des Vogelsang anbelangt, so möchte ich erwähnen, dass mit diesem weder die Landesleitung noch irgend eine Person der Landesleitung etwas zu tun gehabt hat. Auch die Ausführungen, dass finanzielle Schwierigkeiten bestanden hätten, sind so ungeheuerlich und deplaziert, dass ich die Erklärung abgeben muss, dass weder vom Ausschuss noch der Landesleitung jemals eine Bitte um finanzielle Unterstützung an das Ausland gerichtet worden ist. Es ist der ganze Bericht ein Phantasiegebilde des Vogelsang und hat mit den tatsächlichen Verhältnissen nichts zu tun.

Reg.Chef: Ich möchte vorläufig auf das energischste die Vorwürfe zurückweisen, die Herr Dr. Schädler an meine Adresse gerichtet hat. Mein Vorgehen war durch und durch verfassungsmässig und ich weise jeden Vorwurf kategorisch zurück. Er zeugt von einer völligen Unkenntnis der liechtensteinischen Gesetzgebung und ich bitte, sich die Sache von einem Juristen prüfen zu lassen.

[Franz Xaver] Hoop: Ich kann unterstützen, dass der Herr Regierungschef nicht recht vorgegangen ist, denn er hätte sollen den Mann hinter Schloss und Riegel tun. Dass die Herren von der Landesleitung keine Ahnung gehabt hätten, das soll man noch den Studierten angeben. Mit einem gewöhnlichen Menschenverstande kann das nicht gefasst und geglaubt werden. Wenn man jahrelang miteinander verkehrt, so muss man doch etwa den Geist kennen und das ist der Fall gewesen. Und dann war den Herren um die Landesleitung doch auch bekannt, dass er soviele Reisen an den Bodensee gemacht hat, das muss doch aufgefallen sein, er ist ja nicht im Überfluss des Geldes geschwommen, dass er Vergnügungsfahrten und Reisen machen konnte. Wenn sie den Geist dieses Vogelsang gekannt haben und den mussten sie doch kennen, so war es ein Verbrechen gegen das Land, dass man das Büro und die Redaktion ihm überlassen worden ist. Man hat ihn schalten lassen und die Stampiglie konnte er gebrauchen, wie er wollte. Aber den Geist von ihm muss man doch gekannt haben und drum kann ich alles nicht verstehen.

Beck Wend[elin]: Ich glaube, ich gehe nicht zu weit, wenn ich die Auffassung vertrete, dass wohl jeder Liechtensteiner die Affaire verurteilt und zwar auf das schärfste. Aber auch der Vorgang der Aufdeckung der Spionage ist zu verurteilen. Der Herr Regierungschef hat die Dokumente an eine Parteizeitung weitergeleitet und er hat sich nicht überlegt, dass ein Verleumdungsfeldzug gegen die Herren Dr. Vogt und Dr. Schädler sich entspinnen werde. Der Herr Reg.Chef hätte sich bei der Einstellung dieser zwei Personen darüber klar sein müssen, dass die Ehre derselben schwer verletzt wird. Auch verurteile ich, dass dem Regierungskollegium keine Kenntnis vorher gegeben worden ist. Das Exposé Vogelsangs ist ein Phantasieprodukt, das Bild eines entlarvten Menschen. Die Vaterländische Union verurteilt auf das schärfste die Handlungsweise Vogelsangs und sie steht auf dem Boden der Demokratie und sie wird in alle Zukunft für die jetzigen Volksrechte weiterkämpfen.

Risch Ferd[inand]: Ich möchte den Herrn Dr. Schädler anfragen, warum er und Dr. Vogt den Vogelsang nicht zur Regierung gelassen haben und warum sie nicht zur Regierung gegangen sind, um sich hiefür zu rechtfertigen. Es muss den Herren bekannt sein, dass in ihren Reihen einzelne sind und dass ein der Redaktion der Union sehr nahestehender Herr vor einem halben Jahr erklärt hat, dass Vogelsang ein Gauner sei. Die Frau dieses Herrn steht der Redaktion noch näher als der betreffende Herr. Und nun will man sagen, man habe nichts gewusst. Ich muss den Abg. Hoop unterstützen. Die Gebildeten soll man für so blöd und dumm halten, uns Bauern und Arbeiter aber nicht, dass man nichts gewusst hat.

Dr. Schädler: Ich kann dem Vorredner die Frage sehr leicht beantworten. Er wünscht zu wissen, warum ich den Vogelsang nicht habe kommen lassen zur Regierung. Das ist unwahr, denn der Vogelsang hat von sich aus erklärt, dass er nicht zum Regierungschef gehen wolle und er hat auch von sich aus seine weitere Entscheidung getroffen, ohne dass ich den Versuch gemacht habe, ihn hiefür zu führen. Das habe ich ihm freigestellt. Dann möchte ich dem Vorredner sagen, dass es immer sehr leicht ist, den Charakter eines Menschen zu kennen, wenn er sich geoffenbart hat. Ich habe in der ganzen Zeit seines Umganges niemals die Auffassung haben können, dass er ein Verbrecher sei oder ein schlechter Mensch. Er hat seine Pnatasma gehabt, aber er hat sich mir gegenüber nie als ein schlechter Mensch geoffenbart.

Reg.Chef: Ich möchte noch auf folgendes zurückkommen. Ich hätte von Herrn Dr. Schädler erwartet, dass er mir, als Vogelsang erklärt hat, er gehe nicht zur Regierung, telephoniert hätte. Ich glaube, das wäre Aufgabe und Pflicht eines Abgeordneten gewesen. Ferner muss ich zurückkommen auf die Ausführungen des Abg. Wend. Beck, der sich auf Art. 78 der Verfassung beruft, dass die Geschäfte der Regierung kollegial seien. Grundsätzlich stimmt das, aber ich schreibe das nur der Unkenntnis der tatsächlichen Verhältnisse zu, wenn sie in meinen Massnahmen irgend etwas Ungesetzliches finden können. Die Vorbereitung ist eine ressortmässige, ich bereite jeden Fall vor und treffe die Massnahmen. Ich bediene die Presse, wie ich es für notwendig erachte und ich will, wenn ich es für angebracht halte. Ich betone nochmals, mit solch naiven Untersuchungsmethoden, wie sie gewünscht gewesen wären, habe ich mich nie befreunden können. Was hätte die Bevölkerung gesagt, wenn ich vielleicht Dr. Schädler, Vogelsang, Dr. Vogt und auch Wend. Beck hätte kommen und diskutieren lassen? Glauben Sie, dass am anderen Tage noch hätte etwas zur Eruierung vorgefunden werden können? Für so trottelhaft halte ich niemanden. Dann möchte ich noch, nachdem die Behandlung dieser Spitzelaffaire diesen Gang genommen hat, von einem Briefe des Vogelsang an Dr. Vogt Kenntnis geben, womit Vogelsang dem Dr. Vogt Abschriften der Devisenschiebungssache von Patres von Schellenberg gibt. Es wäre interessant zu wissen, wie Vogelsang in den Besitz dieser Korrespondenz gekommen ist und wer ihm diese vorgelegt hat. Hätte da nicht Dr. Vogt fragen müssen, wieso kommst Du in den Besitz dieser Sachen, was willst Du damit? Und wo hast Du die her?

Beck Wend.: Es wäre doch seit November für den Reg.Chef genügend Zeit vorhanden gewesen, die Akten verfassungsmässig zu behandeln. Ich glaube, wir haben das Recht, vom Regierungschef zu verlangen, das Interesse jeden einzelnen Bürger zu wahren. Das Interesse dieser zwei Männer ist nicht gewahrt worden. Dieser Lügenfeldzug [2] steht einzig da in der Geschichte Liechtensteins.

Vogt Basil: Ich erachte die Sache wegen dieser Abschriften als ein Weiberklatsch, wenn Dr. Vogt nicht befragt worden ist in der Sache.

Reg.Chef: Dr. Vogt gibt den Erhalt dieses Briefes mit den Abschriften zu. Es ist kein Weiberklatsch, sondern es ist echt.

Risch Ferdi: Ich muss noch einmal zurückkommen auf die Ausführungen Dr. Schädlers, dass er Vogelsang nie für einen schlechten Menschen gehalten habe. Es muss dem Dr. Schädler bekannt gewesen sein, dass er nicht nur ein schlechter, sondern ein unverschämt frecher Mensch gewesen ist. Er hat immer Unterstützungen gebettelt und sich auch vom Fürsten Unterstützungen geben lassen. Ausserdem hat ihm die Regierung in der Lotterie Arbeit verschafft und nachher fällt er so über sie her mit derartigen gemeinen Schreibereien. Solche Handlungsweise charakterisiert doch einen Menschen. Übrigens bin ich nicht befriedigt über die Auskunft Dr. Schädlers wegen Vogelsang, dass er nicht dafür gesorgt hat, dass Vogelsang zur Regierung gekommen ist. Meine Anfrage ist nicht beantwortet.

Dr. Schädler: Sowohl der Herr Reg.Chef als auch Risch sagen, dass es meine Aufgabe gewesen wäre, den Vogelsang durch die Polizei herbringen zu lassen. Nun ist die Sache damals nicht so einfach gewesen, als in dem Zeitpunkte, als der Baron sich weigerte, herzukommen, wir noch nicht an die absolute Schuld dieses Mannes glaubten. Wir waren erst überzeugt, dass er ein Verräter war, nachdem seine Hausdurchsuchung stattgefunden hatte und das Aktenmaterial durchgesichtet war. Erst mit diesem Momente hatten wir die absoluten Beweismittel. Am Sonntag war das für uns noch nicht der Fall. Wegen der Einwendung des Risch, es hätte müssen der Charakter des Vogelsang aufscheinen. Ja, das ist alles schön, wenn man das weiss. Ich habe damals nur das eine gewusst, dass er vom Fürsten 4 Monate lang Fr. 50, also Fr. 200 erhalten hat.

Präsident: Es ist Pflicht eines jeden Bürgers, auch der Polizei gegenüber ohne weiters einen Wunsch oder gar eine Amtshandlung zu unterstützen, anstatt zu sagen, zuerst will ich überzeugt sein. Wenn man einen Verbrecher fahndet und wir haben ihn, so hat er das gleiche Recht zu sagen, dass er unschuldig sei und davon überzeugt sei. Objektiv ist diese Entschuldigung keineswegs stichhaltig. Auch möchte ich noch das Gedächtnis unterstützen aus der ersten Zeit, wie diese Dinge aufgekommen sind. Ich erinnere nur an den Abschluss, wo ich Dr. Vogt und Dr. Schädler ausdrücklich aufmerksam gemacht habe, dass Vogelsang von Fürst und Regierung unterstützt worden ist, dafür aber beiden als Dank in die Hände spuckt. Ich halte es als ganz selbstverständlich, dass Vogelsang es war, der die Herren an einem Charfreitag zum Bischof zu gehen verhalten hat, um dort zu referieren. Das ist auch ein Zeichen, dass Denunziation schon in der Wurzel vorhanden war, aber noch nicht aufgeblüht hat. Nachdem die Sache aufgegangen ist, möchte ich an dieses Faktum noch kurz erinnern. Es ist eine alte Tatsache. Die Katze lässt das Mausen nicht. So ist der Mann gekommen und so ist er da gestanden von der ersten Minute und es braucht eine schwer-schwarze Brille, um nicht zu sehen, was hinter der Sache steht. Es ist schön, wenn man einen Freund nicht unterbringen lässt, aber andererseits darf die Objektivität Behörden gegenüber von subjektiven Dingen nicht eingestellt werden.

Reg.Chef: Ich möchte auch noch erwähnen und ergänzen, dass einem Mitglieder der Landesleitung in aller Offenheit und Bedeutung gesagt worden ist, Vogelsang ist ein Landesverräter und man möge abrücken von ihm. Alle Symptome, die unmöglich verborgen bleiben konnten, hätten Sie zu vermehrter Aufmerksamkeit veranlassen sollen.

Präsident: Es ist bei einer Verkehrsvereinsversammlung in dieser Angelegenheit gesprochen worden. Das Benehmen des Herrn Vogelsang bei den betreffenden Behörden und seine Ausführungen bei seinem Besuche in Stuttgart waren derart, dass sie den Ausdruck Verrat am Vaterlande verdient haben. Es ist von Dr. Vogt ohne weiters zur Kenntnis genommen worden ohne besonderen Widerspruch, ebenfalls im Bewusstsein dessen, was vorgegangen ist. Es ist gesagt worden, es wären nie ausländische Mittel für die Partei in Anspruch genommen worden. Aber bei dieser Verkehrswerbung wurde ein gewisses eingehoben für die Partei. Ich kann mir nicht vorstellen, dass man von deutschen Gästen 10 Ct. pro Nacht verlangt für Parteiinteressen.

Dr. Schädler: Ich möchte hier erwähnen, dass von Anfang an Reisedienst und Partei vollständig getrennt waren. Der Reisedienst sollte so arbeiten, wie es notwendig war. Dass er über die Bedürfnisse des Reisedienstes hinaus Gelder für die Heimatdienstzeitung zur Verfügung stellen sollte, so weit ist es nie gekommen. Der Reisedienst hat gleich von allem Anfang an einen persönlichen Anstrich bekommen, so dass sich die Partei nie um den Reisedienst gekümmert hat. Der Vogelsang & der Reisedienst und die Partei haben einander nie tangiert und es ist kein Rappen an die Partei geflossen.

[Peter] Büchel: Ich habe zuerst Stellung zu nehmen zu den Ausführungen gegen den Herrn Regierungschef, dass er nicht das Kollegium verständigt habe. Ich kann das nur als grosse Naivität bezeichnen, wenn die Ansicht vertreten wird, dass der Reg.Chef zuerst das Kollegium aufmerksam machen muss, anstatt sofort, wenn die Zeit einmal gekommen ist, zu handeln. Man könnte ebensogut verlangen, die Regierung müsse zuerst den Landtag einberufen, um sich die Ermächtigung geben zu lassen. Wenn ein Polizist einen Verbrecher habhaft machen will, dann verständigt er nicht zuerst alle Leute um denselben herum und das wäre in diesem Fall der Fall gewesen, wenn so gehandelt worden wäre, wie es verlangt worden ist. Wenn es in die Öffentlichkeit gekommen wäre, so wäre doch totsicher Vogelsang verständigt worden. Ich habe auch nichts gewusst und ich billige das Vorgehen des Herrn Reg.Chef voll und ganz. Mir kam es noch früh genug in die Zeitung. Dass man nie etwas geahnt hat und von allem, was Vogelsang gemacht hat, nichts gewusst hat, das kann man nicht glauben und ich möchte den Abg. Hoop unterstützen. Wir dummen Bauern verstehen so etwas nicht und können es nicht glauben. Wenn Dr. Vogt sagt, er habe der Sache wegen der Korrespondenz in der Devisenschiebungsaffaire der beiden Patres keine Bedeutung zugemessen, so ist das ein Zeugnis, wie es der Abg. Hoop ausgestellt hat. Ich habe einmal mit Vogelsang begegnet, habe ihn wohl begrüsst, aber geredet habe ich nie mit ihm, obwohl ich sonst mit allen Gegnern auf der Strasse, in der Wirtschaft und wo immer zu reden bereit bin. Dieser Mensch war in meinen Augen so einer, wie er sich entlarvt hat. Es ist ein Armutszeugnis für die Leute, die mit ihm verkehrt haben und sagen wollen, man habe ihn nicht als solchen gekannt. Er hat in der gemeinsten Art und Weise gegen die Regierung und den Landtag geschrieben, wie es den Leuten gepasst hat um ihn herum und sie haben ihn über alles erhoben. Er hat den Regierungschef im Schmutz herumgezogen und das hat den Leuten um ihn herum genügt, um dem Vogelsang das restlose und vollste Vertrauen entgegenzubringen. Mir hat das ganze Profil des Vogelsang von allem Anfang an nicht gepasst. Wenn ein solches Dokument zum Vorschein kommt, dann soll man doch nicht von Unschuld sprechen. Auch wäre Dr. Schädler verpflichtet gewesen, mindestens den Herrn Reg.Chef zu verständigen, Vogelsang kommt nicht und von mir aus hat der Reg.Chef freie Hand. Das wäre Pflicht nicht nur eines Bürgers, sondern in vermehrtem Masse eines Abgeordneten gewesen.

[Philipp] Elkuch: Aus den ganzen Ausführungen hat man den Eindruck, dass die beiden Herren Doktoren dem Vogelsang mehr geglaubt haben, als dem Herrn Reg.Chef. Dass ein Schatten des Verbrechens auf sie gefallen ist, kommt daher, weil sie damals die Leitung des Heimatdienstes inne hatten und die Stampiglie und die Kopfbögen des Heimatdienstes sind verwendet worden in diesen Spitzeleien.

Reg.Chef: Ich habe den beiden Herren Dr. Vogt und Dr. Schädler das erstemal erklärt, ich bin der erste, der den beiden Herren unumwunden eine Ehrenerklärung abgibt, wenn sich herausstellt, dass sie unschuldig sind. Im damaligen Zeitpunkte wäre es Sache der beiden Herren gewesen, ihre Unschuld zu beweisen. Der Stempel der Landesleitung schliesst nicht Personen in sich, die der Landesleitung ferne gestanden sind. Sie hätten die Aufgabe gehabt, hier zu beweisen, dass sie tatsächlich unschuldig seien und ich selber als Mensch habe die Herren Dr. Vogt und Dr. Schädler nicht für fähig gehalten. Ich habe damals ausserordentlich bedauert, dass die beiden Herren nicht von Vogelsang abgerückt sind, obwohl ich ihnen die Photokopien vorgehalten und ihnen gesagt habe, es ist tatsächlich so, wie ich ihnen gesagt habe, wir können es lückenlos nachweisen auf Wunsch sogar, wie das Schreiben aus der Hand des Vogelsang von hierweg und wieder den Weg ins Land gefunden hat. Ich habe noch mehr bedauert, als am Sonntag Vormittag Vogelsang weder allein, noch in Begleitung von Dr. Schädler oder Dr. Vogt gekommen ist. Das war der Zeitpunkt, wo ich mir Überlegungen gemacht habe. Wenn ein Schatten von Schuld auf die beiden Herren gekommen ist, so bin nicht ich schuld, sondern die Herren selber.

Hoop: Ich glaube, man dürfte bald aufhören. Wenn der Regierungschef so gehandelt hätte, wie die Herren wünschen, dann würde der Herr Regierungschef von seinem Platze weg gehören.

Risch Ferdi: Ich kann es nicht begreifen, dass man einem zum Lande hinaus hilft und nicht zur Verantwortung bringt. Seinerzeit haben die Leute den Verräter gerichtet und unsere Leute heute helfen dem Verräter.

Wend. Beck: Wenn Hoop meint, wenn der Herr Reg.Chef kein Recht habe, dann gehöre er weg. Dann wohlan, dann tun wir auch die Verfassung weg, wenn diese nicht mehr eingehalten wird. Wo geht das hin?

Reg.Chef: Ich betone nochmals, mein Vorgang war in vollster Übereinstimmung mit den Gesetzen und ich lasse mir nicht nachsagen, dass ich mich gegen die Gesetze verstossen habe. Das einzig Mögliche war durch dieses so geartete Vorgehen gegeben. Ich bedaure für die Herren, die sich in dieser Affaire gegen mich auflehnen, dass sie sich noch nicht dazu aufgeschwungen haben, den Fall so zu behandeln, wie er eigentlich in den Augen der Öffentlichkeit behandelt werden sollte. Wenn Sie mir beständig Vorwürfe über das formelle Vorgehen machen, aber über die ganze Sache und die Schweinereien so hinweg gehen wollen, so wird in der Öffentlichkeit immer tiefer der Verdacht hervorgerufen, dass Sie eben …

Hoop: Dr. Schädler trägt die Schuld, dass Vogelsang am Sonntag nicht gekommen ist, und dass er fort gekommen ist. Er hätte können berichten, dass Vogelsang nicht komme.

Dr. Schädler: Man will mit aller Gewalt ein Verbrechen konstruieren. So ist die Luft und ich muss sagen, ich stehe hier nicht als Angeklagter, ich klage vor allem an, dass ich nicht zur rechten Zeit einvernommen worden bin. Das ist nicht gemacht worden. Der Weg ist der Kürze nach gewählt worden. Man hat uns keine Gelegenheit gegeben, zu der Sache überhaupt Stellung zu nehmen. Wir sind aus eigener Veranlassung hergekommen, aber wir sind nicht einvernommen worden und wir hätten erwartet, dass soviel Rücksicht auf unsere persönliche Ehre genommen würde. In dem Moment, als wir uns überzeugen konnten und einen Beweis in der Hand hatten, dass Vogelsang ein Verräter ist, ergaben sich für uns sofort die Konsequenzen.

Reg.Chef: Das habe ich Samstag Vormittag gemacht. Sie widersprechen sich selber. Sie sagen, wenn Sie Beweise gehabt hätten, dann hätte man die Sache bereinigen können. Ich habe Ihnen ja am Samstag schon untrügliche Dokumente vorgelegt. Sie haben mir nicht geglaubt. Hätten Sie mir vorher geglaubt, nachdem Sie es mir nicht einmal am Samstag glauben konnten und wollten?

Präsident: Etwas verstehe ich nicht, dass man gegen die Behörde diesen Standpunkt eingenommen hat. Ich halte dafür, dass aus persönlicher subjektiver Auffassung als Vorstand der Partei hier ein Gefühl gross gewachsen ist, das nicht in Ordnung geht. Da ist etwas geschehen von einer Privatperson den Behörden gegenüber, das nicht mehr zu billigen ist. Entweder hat man eine Hehlerei gemacht und man hat mitgeholfen zum Fortkommen, oder aber man ist in einer Konfusion gewesen, wo man sich nicht mehr seines Handelns bewusst war. Dass man aber sagt, der Reg.Chef habe falsch gehandelt, das ist nicht gerecht.

Dr. Schädler: Die ganze Landesleitung ist des Verrates beschuldigt worden und dem hätte man ausweichen können, wenn der Herr Reg.Chef die Sache vorher abgeklärt hätte. Das wäre der Sinn der Einvernahme gewesen. Es hätte sich sicher herausstellen müssen, dass wir unschuldig sind und diese Unschuld können wir überall beweisen.

Präsident: De facto liegt dieses Exposé hier und das können wir nicht wegdiskutieren. Es handelt sich, objektiv hiezu Stellung zu nehmen und dieses Werturteil ist immer noch etwas subjektiv. Ich halte dafür, es ist etwas zuviel gesprochen worden. Ich habe die Freiheit der Aussprache walten lassen, weil sie gewährleistet ist, doch bedaure ich deren Verlauf.

Büchel: Man will Sie nicht zu Verbrechern stempeln, das liegt jedem Abgeordneten fern. Das ist aus der Verteidigung herausgewachsen. Sie haben sofort den Reg.Chef angegriffen und Herr Dr. Schädler muss sich bewusst sein, dass jedermann, auch wenn er noch so ehrenhaft dasteht, wenn er jahrelang mit einem Herrn verkehrt, der dann am Schluss von ihm selber als Verbrecher gestempelt werden muss, an seiner Ehre Schaden leidet. Das ist der ganz natürliche Gang der Dinge. Ich konnte mir nichts anderes vorstellen. Speziell die heutige Verteidigung spricht gegen gewisse Herren, das soll der Herr Dr. Schädler in Kauf nehmen, der mit einem Verbrecher in so intimer Weise jahrelang verkehrt hat.

Präsident: Ich glaube, die Sache nun doch zu Ende führen zu können und ich glaube, dass, nachdem von Herrn Reg.Chef der Antrag gestellt worden ist, sein Vorgehen zu billigen oder zu missbilligen, hiezu Stellung bezogen werden soll. Bisher hat sich ergeben, dass die Herren die der Union nahe stehen, sich gegen das Vorgehen des Reg.Chef aussprechen. Auf der anderen Seite ist dasselbe wiederholt gebilligt worden. In einem so heiklen Falle bestünden natürlich 10 Möglichkeiten, den Fall zu klären. Natürlich hätte von einem anderen auch anders gehandelt werden können. Der grosse Zug als solcher wird von der Mehrheit gebilligt und der Landtag hat nun Beschluss zu fassen, ob dieses Vorgehen des Herrn Reg.Chef in der grossen Linie gebilligt werde. Ich möchte sehr ersuchen, dass im allgemeinen Interesse, abgesehen von Kleinigkeiten, ein einstimmiger Beschluss gefasst wird, der das Vorgehen als solches im Interesse des Landes billigt.

Beck Wend.: Wir verurteilen auf das schärfste die Handlungsweise Vogelsangs. Wir verurteilen aber auch das Vorgehen in dem Sinn, dass man Liechtensteiner in Schmutz und Kot gezogen hat und das kann der Herr Regierungschef nicht verantworten. Ich würde den grössten Gegner nicht so brandmarken.

Präsident: Wenn die Akten als solche die Landesleitung des Heimatdienstes beinhalten, dann schreiben Sie doch diese Verknüpfung nicht einem Reg.Chef zu, der nichts anderes getan hat, als die Wahrheit der Akten zu sondieren und zu prüfen. In vielen Kreisen des Volkes ist gegen ihn der Vorwurf erhoben worden, dass er zu schonend vorgegangen sei. Ich bin überzeugt, die Verknüpfung der Personen mit dieser leidiglichen Tatsache ist nicht durch die Regierung, sondern durch die Akten selbst geschehen. Ich habe die Meinung, dass der Liechtensteiner aus der ganzen Verhandlung heraus den Strich darunter machen wird. Nicht die Regierung hat die Sache zusammengesucht, sondern die Akten haben diese Lage geschaffen. Ihre eigenen nahestehenden Leute haben Ihnen diese Suppe eingebrockt, aber sagen Sie doch nicht, dass ein anderer Schuld daran sei.

Beck Wend.: Warum nimmt der Reg.Chef die eigene Parteizeitung, um das zu veröffentlichen.

Reg.Chef: Ich habe gesagt, wenn ich die Polizei hingeschickt hätte, um alles zu beschlagnahmen und herüberzuschaffen am Freitag, so wäre das erste gewesen, dass politische Hitzköpfe um sie herum aufgeboten hätten, das lassen wir uns nicht gefallen, das ist ein Terrorakt etz.etz. Ich bin auch da für Ruhe und Ordnung eingetreten und deshalb habe ich dem Volke ein Dokument vor Augen gehalten. Diese Untersuchung war wirklich gerechtfertigt und war nicht ein parteipolitische Gewaltstreich. Ich muss dem Herrn Präsidenten danken für die Klarstellung in dem Sinn, dass die beiden Herrn den Vogelsang packen sollen, nicht aber uns, die wir einen Heimatdienststempel gefunden haben. Dieser hat Sie hineingeritten, diesen müssen Sie zur Rechenschaft ziehen. Ich habe den Wink hiezu gegeben, indem ich sagte, wenn Sie sich dagegen energisch wehren, dann wird an Ihrer Ehre nichts haften bleiben. Das wurde nicht getan.

Beck Joh[ann]: Ich möchte noch anfragen wegen dem Birkel. Es hat am Berg geheissen, es bestehe ein solcher nicht.

Präsident bestätigt das Existieren dieser Person, die sich im Gewissen über dieses Vorgehen und seine Mithilfe beunruhigt gefühlt haben dürfte.

[Peter] Büchel: Schon vor ein paar Jahren hat mir ein Deutscher, der mit Liechtenstein verbunden ist, erzählt, in Deutschland bestehe ein solcher Hass gegen Liechtenstein und man falle in Deutschland in einer solchen Art und Weise über Liechtenstein her, dass er sich verpflichtet fühle, es zu sagen und zu warnen. Ich habe ihm gesagt, wir stehen mit den deutschen Behörden in guten Einvernehmen. Man hat die letzten Jahre das ganze Land so denunziert, dass es ein Verbrechen ist. Jener Passus hat mich besonders berührt, dass man den Hasler verraten hat, weil er Beamter der Regierung war. Dass ein solcher Mensch nicht früher erkannt wird und an leitender Stelle belassen wird, das ist mir unerklärlich. Ich möchte ersuchen, dem Herrn Reg.Chef das vollste Vertrauen und die Billigung seiner Handlungsweise auszusprechen. Er hat nicht nur recht, sondern die Pflicht gehabt.

Präsident: Ich erachte die Diskussion über den Gegenstand als abgeschlossen und bringe zur Abstimmung, wer mit dem Vorgehen des Herrn Regierungschefs im Falle Vogelsang und der Behandlung dieses Falles einverstanden ist, möge dies mit Handerheben kundtun.

Alle Abgeordneten mit Enthaltung des Abg. Beck Wend. & Bas. Vogt billigen das Vorgehen des Reg.Chef. [Ferdinand] Heidegger und Dr. Schädler haben sich vor der Abstimmung entfernt. Dr. Schädler hat sich beim Präsidenten entschuldigt.

Reg.Chef: Ich danke hiefür.

______________

[1] LI LA LTP 1937/008.  
[2] Handschriftliche Einfügung: "Lügen".