Protokoll der öffentlichen Landtagssitzung, gez. Protokollführer Vinzenz Kaiser [1]
13.3.1929
Präsident [Anton] Frommelt eröffnet die Sitzung und begrüsst die zur heutigen Erbhuldigung erschienenen Abgeordneten.
Regierungschef Dr. [Josef] Hoop: An dem Tage, an welchem unser allverehrter Fürst Johann II. seinen Landeskindern entrissen wurde, hat Seine Durchlaucht Fürst Franz I. das ruhmreiche Erbe seiner Väter angetreten. Durch vier Wochen hindurch haben wir getrauert und nun ist die Zeit gekommen, um in Gemässheit der Verfassung und dem Drange unseres Herzens folgend die Erbhuldigung vorzunehmen. Franz I., der von der Vorsehung dazu bestimmt wurde, die Geschicke unserer Heimat zu leiten, steht im 77. Lebensjahre, ausgestattet mit höchsten Geistesgaben. Er wird sein Land weise, klug und stark regieren, er wird nach seinen eigenen Aussagen die Tradition seines Hochseligen Bruders fortsetzen. Seine Durchlaucht der regierende Fürst haben am Tag der Übernahme der Regierung folgendes Handschreiben an die Regierung gelangen lassen: [2]
"Gemäss Art. 3 und 13 der Verfassung [3] übernehme ich als Fürst Franz I. die Regierung des Fürstentums Liechtenstein. Gleichzeitig beurkunde ich, dass ich das Fürstentum in Gemässheit der Verfassung und der übrigen Gesetze regieren, seine Integrität erhalten und die landesfürstlichen Rechte unzertrennlich und in gleicher Weise beobachten werde. Franz."
Ergänzt haben seine Durchlaucht diese Erklärung durch einen Aufruf "An mein Volk in Liechtenstein" wie folgt: [4]
"Dem Allmächtigen hat es gefallen, meinen innigstgeliebten unvergesslichen Herrn Bruder, den regierenden Fürsten Johann II. aus diesem Leben in ein besseres Jenseits abzuberufen. Tief bewegt und erschüttert stehen ich, [mein Haus und ganz Liechtenstein an der Bahre des hohen] [5] Verblichenen, dem von der Vorsehung durch mehr als sieben Jahrzehnte die Leitung der Geschicke des Landes anvertraut war.
In jungen Jahren vor eine verantwortungsvolle Aufgabe gestellt hat der Fürst mit väterlicher Fürsorge und unbeirrbarem Gerechtigkeitssinn, stets nur auf das Wohl seines Landes und der Allgemeinheit bedacht, im Verein mit den verfassungsmässig berufenen Faktoren das Fürstentum aus allen Wirren und Gefahren, durch gute und böse Tage, zu einem ungeahnten wirtschaftlichen Aufschwung geführt und der Mitwelt ein leuchtendes Beispiel wahrer Herrschertugend und edelster Menschlichkeit gegeben.
Sein Werk soll uns Vermächtnis sein.
In schwerer Zeit trete ich der Verfassung und den Hausgesetzen gemäss die Regierung mit dem festen Willen an, in den Bahnen, die der hohe Verblichene vorgezeichnet hat, weiter schreitend das Erbe meiner Väter getreulich zu verwalten, die verfassungsmässigen Rechte und Freiheiten zu wahren und das Wohl des Landes und seiner Bewohner mit allen Kräften zu fördern. Mit Zuversicht zähle ich darauf, dass Regierung, Landtag und Volk mich in der Verwaltung dieses schweren Amtes jederzeit tatkräftig unterstützen werden.
Das walte Gott!
Franz
Schloss Feldsberg, am 12. Februar 1929."
Dem gegenüber wird heute das Volk von Liechtenstein durch seine Vertreter bekunden, stets treu zum Fürsten zu halten und den Schwur unverbrüchlicher Treue und tiefster Ergebenheit zu seinem Landesfürsten leisten.
Präsident Frommelt: Ich danke der hohen Regierung für ihre Worte. Ich sehe mich gleichfalls verpflichtet, mit einigen Worten die besondere Bedeutung des heutigen Tages zu erörtern. Es wäre Undank, gedächten wir nicht heute wieder in erster Linie desjenigen, den wir als Verblichenen betrauern. Ein jeder von uns trägt die Gesinnung im Herzen, ihn mit eigenen Händen auszugraben, ihm seine eigenen Lebensjahre zu geben, um ihn am Leben zu erhalten. Wir müssen aber die Umstände nehmen, wie sie sind. Ein altes Sprichwort sagt: "Der Fürst ist gestorben, es lebe der Fürst". In diesem Sinne wollen wir den heutigen Tag begehen.
Laut Verfassung verpflichtet sich der Fürst in Gemässheit der Verfassung zu regieren. Gleichfalls ist es nach Art. 51 unsere Pflicht, diese Erklärung zur Kenntnis zu nehmen und die Erbhuldigung zu leisten. Ich hege die Hoffnung, dass diese nicht allein hier, sondern zum gegebenen Zeitpunkte in der Öffentlichkeit vom Liechtensteiner Volke in Anwesenheit des Durchlauchtigsten Fürsten stattfinden könne. Der Grundgedanke des heutigen Tages drückt sich aus in der Stärke der Autorität. Es scheint dies ein gewisser Widerspruch des Zeitgeistes zu sein. Ich weiss, man macht uns da oder dort aus Unverständnis den Vorwurf, unsere Anhänglichkeit und Liebe zum Fürsten sei nur ein Gebot der Opportunität. Dem ist aber nicht so. Unser Land bildet eine Oase in der heutigen Welt. Unser Land war von der Vorsehung dazu ausersehen, während der schlechtesten Zeit der fallenden Kronen durchzuhalten. Der Juwel eines gütigen Menschen und Landesvaters war imstande, das Volk an sich zu ketten, und wir fühlen uns glücklich dabei.
Präsident Frommelt streift sodann kurz die geschichtliche Entwicklung des innigen Verhältnisses zwischen Fürst und Volk von Liechtenstein.
Unsere Verfassung sagt, dass unsere Rechte im Fürsten und im Volke verankert sind. Unser Recht & das Recht unseres Fürsten, diese sind verankert in Gott. Behalten wir diese Quelle und graben wir dieselbe nicht ab, wir geben uns damit ein solides Fundament, das ist auch der Grund, was uns verpflichtet einem Menschen gegenüber, wir fühlen nicht, weil es uns als opportun erscheint, wir haben dies als Prinzip. Es wäre einseitig, wollte man das Recht der Autorität allein dem höchsten Herrn und Herrscher zusprechen. Das Ausstrahlen dieses Rechtes ist im Volke selbst begründet. In der höchsten Anerkennung der Autorität möchte ich den heutigen Tag aufgefasst wissen. Wir wollen dem Prinzipe huldigen, nicht allein der Person als solche. Wir haben die grosse Genugtuung, dass unser neuer Landesfürst die Tradition seines hehren Vorgängers fortsetzen werde, diese Tradition wird auch ihm Vermächtnis sein. Das Volk von Liechtenstein wird engstens verbunden bleiben mit seinem Fürsten Franz I.
Wir tragen nicht umsonst den Namen dieser fürstlichen Familie, nicht umsonst führen wir das liechtensteinische Hauswappen. Gerade durch diese Bezeichnung sagen wir, dass Fürst und Volk eins sind und eins sein müssen. Die Entwicklung hätte nicht geschehen können ohne diese innige Verknüpfung.
In diesem Sinne wollen wir unserem Landesfürsten unsere Huldigung entgegenbringen, als Vertreter jenes Hauses, dem wir mit Gefühlen der Dankbarkeit und inniger Liebe verbunden sind, dann haben auch wir doppelt Grund, froh und dankbar in die Zukunft zu schauen.
Ich bitte die hohe Regierung, die Huldigung an den Fürsten in der Form eines Telegrammes oder einer besser ausgeführten Adresse zu vermitteln. Hier im Landtage bitte ich die einzelnen Herren Abgeordneten sich zu erheben und dem Landesfürsten die Huldigung darzubringen.
Gott erhalte unseren Fürsten Franz I. in seinen Rechten, in seiner Gesundheit, in seiner Weisheit und in seinem Verstande, in seiner väterlichen Liebe zum Volke.
Fürst Franz I. er lebe hoch (dreimal).
Regierungschef Dr. Hoop: Ich danke dem hohen Landtag für diese Kundgebung. Ich werde nicht verfehlen, dem regierenden Fürsten ausführlichen Bericht zu erstatten.
Sodann wird die Absendung folgenden Telegrammes beschlossen:
"Seiner Durchlaucht Fürsten Franz I. von und zu Liechtenstein, Wien I., Minoritenplatz 4.
Das Volk von Liechtenstein huldigt heute durch seine Vertreter in Landtag und Regierung Euerer Durchlaucht als regierenden Fürsten und Landesherrn und schwört unverbrüchliche Treue zu Fürst und Fürstenhaus. Indem wir zu Gott dem Allmächtigen um eine lange und segensreiche Regierungszeit beten, erbitten wir zugleich ehrfurchtsvoll fürstliche Huld und Wohlwollen für Euerer Durchlaucht treu ergebene Landeskinder.
Landtagspräsident Frommelt, Regierungschef Dr. Hoop." [6]