Die Schweiz teilt Liechtenstein mit, dass alle von der Schweiz abgeschlossenen Clearingabkommen auch in Liechtenstein Geltung haben


Note des Eidgenössischen Politischen Departements an die liechtensteinische Gesandtschaft in Bern [1]

12.1.1933, Bern

Der Fürstliche Liechtensteinischen Gesandtschaft beehrt sich das Eidgenössische Politische Departement auf Grund eines Bundesratsbeschlusses vom 30.v.M. Nachstehendes mitzuteilen.

Die Frage, ob die seit mehr denn Jahresfrist notwendig gewordenen Clearing-Abkommen gleich den Handels- und Zollverträgen gemäss den Bestimmungen des Zollanschlussvertrages vom 29. März 1923 [2] ebenfalls auf das Fürstentum Liechtenstein Anwendung zu finden haben, war für die schweizerischen Behörden stets jedem Zweifel enthoben. Das Departement erlaubt sich festzustellen, dass anlässlich der Clearing-Verträge mit Österreich und Ungarn auch von der liechtensteinischen Regierung der nämliche Standpunkt eingenommen worden ist. [3]

Nachdem nun inzwischen weitere Vereinbarungen auf dem erwähnten Gebiete zwischen der Schweiz und andern Staaten getroffen worden sind bzw. in nächster Zeit abgeschlossen werden sollen, liegt es im Interesse einer gleichmässigen Durchführung der Anwendung der Clearing-Verträge sowie der durch den Bundesbeschluss vom 23. Dez. 1931 verfügten Kontingentierungsmassnahmen [4], dass jegliche Möglichkeit eines Einbruchs in das zum Schutze der schweizerischen Wirtschaft geschaffene Clearings- und Kontingentierungssystem verhütet werde.

Das Departement zweifelt nicht daran, dass sich die fürstliche Regierung seiner Auffassung, wonach die Bestimmungen des Zollanschlussvertrages auch auf den vorliegenden Fall anwendbar sind, anzuschliessen vermag. Artikel 7 des genannten Vertrages sieht in der Tat vor, dass sämtliche von der Schweiz mit dritten Staaten abgeschlossenen Handels- und Zollverträge auch auf Liechtenstein Anwendung finden sollen. Was nun die Clearing-Verträge anbelangt, so lässt sich zweifelsohne sagen, dass diese Devisen-Abkommen in so engem Zusammenhange mit den Handelsvereinbarungen stehen, dass sie von diesen nicht losgelöst werden dürfen, denn die gleiche Überlegung, die zur Ausdehnung des Geltungsgebietes der schweizerischen Handels- und Zollverträge auf Liechtenstein führte, gilt auch für die Devisenabkommen.

Das Politische Departement beehrt sich somit der Fürstlichen Gesandtschaft zur Kenntnis zu bringen, dass gemäss dem Sinn und Wortlaut des Zollanschlussvertrages vom 29. März 1923 sämtliche vom Bundesrat und von der Schweizerischen Nationalbank geschlossenen Devisenabkommen sowie die schweizerischen Kontingentierungsmassnahmen nebst allen diesbezüglichen bundesrechtlichen Erlassen auf das Fürstentum Anwendung finden, wovon es bitten darf, die fürstliche Regierung in Kenntnis setzen zu wollen. [5]

Was die praktische Durchführung der einschlägigen Bestimmungen anbelangt, wird sich die Schweizerische Nationalbank gestatten, mit der liechtensteinischen Regierung in direkte Fühlung zu treten.

Das Departement möchte es nicht unterlassen, die Gesandtschaft zu ersuchen, die fürstliche Regierung schon jetzt des verbindlichsten Dankes zu versichern für die äusserst wertvolle Mithilfe, die sie in dieser, für das Wirtschaftsleben der Schweiz wie auch Liechtensteins so wichtigen Angelegenheit der Nationalbank gewähren wird.

Es benutzt gern auch diesen Anlass, um der Fürstlichen Gesandtschaft den Ausdruck seiner ausgezeichneten Hochachtung zu erneuern.

 

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[1] LI LA V 002/592 (a). Zeichen: B 14/2 Liecht. 5 –CL. Eine Abschrift der Note in LI LA RF 125/394/23.
[2] Vgl. LGBl. 1923 Nr. 24.
[3] Zum Schweizerisch-österreichischen Abkommen für die Zahlungsregulierung aus dem schweizerisch-österreichischen Warenverkehr vom 12. Nov. 1931 vgl. AS 1931, Bd. 47, S. 775f., zum Schweizerisch-ungarischen Abkommen für die Zahlungsregulierung aus dem schweizerisch-ungarischen Warenverkehr vom 14. Nov. 1931 vgl. ebd., S. 779f. Beide Abkommen galten auch für Liechtenstein, vgl. LI LA RF 125/394, V 002/0589, LTP 1932/034a sowie LGBl. 1932 Nr. 3.
[4] Bundesratsbeschluss über die Beschränkung der Einfuhr vom 23. Dez. 1931, AS 1931, Bd. 47, S. 799f.
[5] Der liechtensteinische Geschäftsträger, Emil Beck, übermittelte der Regierung am 20. Jan. 1933 eine Abschrift der Note. Im Begleitschreiben hielt er fest: "Der Wunsch, sie [die Clearingabkommen und Kontingentierungsmassnahmen] auf Liechtenstein anzuwenden, ist daher ohne weiteres verständlich, und wir können uns ihm billigerweise nicht entziehen. Es fällt jedoch auf, dass diese Note eine bestimmtere Sprache spricht als wir sie gewohnt sind." Vgl. LI LA RF 125/394/24. Die Regierung erklärte sich am 24. Jan. damit einverstanden, dass alle von der Schweiz geschlossenen Clearingabkommen sowie die schweizerischen Kontingentierungsmassnahmen auch in Liechtenstein Anwendung finden, vgl. LI LA V 002/592.