Schreiben der Liechtensteinischen Wirtschaftskammer (Liechtensteinisches Arbeitsamt), gez. Gebhard Walser, an das Bundesamt für Industrie, Gewerbe und Arbeit in Bern, zuhanden von Ing. Baer [1]
17.8.1938, Vaduz
Wir kommen zurück auf unsere telefonische Anfrage, ob bei der Wallenseestrasse auch liechtenst. Maurer und Mineure sich betätigen dürften, nachdem dort aus dem Kt. Wallis Maurer herangezogen werden mussten. Sie hatten diese Anfrage abschlägig beschieden.
Wir ersuchen Sie höflich, dieselbe einer Wiedererwägung unterziehen zu wollen und berufen uns dabei nicht nur auf die Zusage der Schweiz. Behörden, dass 150 liechtenst. Arbeitskräfte als Saisonarbeiter in der Schweiz zugelassen würden, sondern auch auf die Tatsache, dass wir in Liechtenstein auch bei den landwirtschäftlichen Notstandsarbeiten bei den Strassenteerungsarbeiten seit anfangs Mai 12 Schweizer als Berufsarbeiter beschäftigen und diese voraussichtlich dahier noch längere Zeit dahier Arbeit haben. In der Beilage sind diese namentlich aufgeführt. Ausser diesen wurden bisher in diesem Jahre 45 Arbeitsbewilligungen für schweiz. Arbeitskräfte ausgestellt. Diese verteilen sich zur Hauptsache auf folgende Berufe: Spengler, Friseure, Schlosser, Schuhmacher, Schreiner, Kanzleipersonal, Hotelpersonal, Conditor, Bäcker, Bauarbeiter, landwirtschaftliches Personal u. vereinzelt auch auf andere Berufsarbeit.
Von den nach der Schweiz vermittelten Maurern sind 7 Arbeiter schon wieder dahier angemeldet. Wir glauben daher nicht unbescheiden zu sein, wenn wir das Ansuchen um Wiedererwägung bezügl. der Zulassung von Liechtensteinern an der Wallenseestrasse stellen. Die der fürstl. Regierung zugesagte Zahl von 150 Berufsarbeitern ist nicht zur Hälfte bisher ausgenützt. Wie uns im Frühjahr von unserer Regierung mitgeteilt wurde, würden die liechtensteinischen Arbeiter in der Zulassung zu den Berufsarbeiten in der Schweiz so behandelt, wie in der Schweiz ein Kanton den andern behandelt. Demnach wäre es auch von diesem Gesichtspunkte aus zu verantworten, dass bei der Wallenseestrasse Liechtensteiner berücksichtigt würden, nachdem dort auch aus anderen Kantonen, so auch aus dem Kanton Wallis u.s.w. beschäftigt seien. Unsere Arbeiter hätten auch gerne die Arbeit möglichst in der Nähe, was ja auch wohl zu verstehen ist, denn wenn die Arbeiter vielleicht Abends, oder auch nur Samstags nach Hause könnten, so bleibt denselben doch etwas mehr als sonst. In dieser Beziehung wäre jedenfalls noch eine Verbesserung möglich, so hatten wir z.B. diesen Sommer Gipser im Kt. Wallis, während andererseits vom Kt. St. Gallen Arbeiter für den gleichen Beruf aus der südlichen Gegend herangezogen wurden. Auf eine Anfrage bei einem Funktionär des Arbeitsamtes St. Gallen wurde die Erklärung abgegeben, dass an sie in diesem Jahre keine neuen Weisungen ergangen wären, soweit es die Liechtensteiner Arbeiterfrage anbelange. Die gleiche Erklärung machte auch das k. Arbeitsamt Glarus. Vielleicht wäre es möglich, den zuständigen Ämtern diesbezüglich wegleitende Weisungen zu geben.
Zum Schlusse möchten wir unser Ansuchen wegen der Arbeiterfrage an der Walenseestrasse wiederholen und wären für Mitteilung Ihrer Stellungnahme Ihnen dankbar.
Mit vorzüglicher Hochachtung
Liechtensteinisches Arbeitsamt Vaduz
gez. Walser
Beilage: 1 Arbeitsverzeichnis von 12 Arbeitern aus der Schweiz als Saisonarbeiter bei den liechtenst. landschäftlichen Notstandsarbeiten. [2]
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[1] LI LA RF 180/103/018. Dieses Dokument wurde vom Liechtensteinischen Arbeitsamt mit undatiertem Begleitschreiben an die Regierung weitergeleitet, siehe LI LA RF 180/103/017. Vgl. auch das Schreiben der Regierung an das Eidgenössisch Politische Departement vom 3. Mai 1938, LI LA RF 180/103/004.
[2] Die Beilage wird nicht abgedruckt.