Schreiben von Friedrich von Wurmbrand-Stuppach an die liechtensteinische Regierung [1]
10.3.1945, Bern
Seine Durchlaucht [Franz Josef II.] antwortet mir auf meine Anfrage, warum meine Ernennung bei der liechtensteinischen Gesandtschaft in Bern von der Regierung nicht bestätigt wurde folgendes: "... 1.) dass Du Dich in den Landesverhältnissen zu wenig auskennst, um das Land in Bern zu vertreten, 2.) dass Du häufig verschiedenen Leuten sagtest, dass Du Dich nur als Österreicher fühlst, Deine liechtensteinische Staatsbürgerschaft eine unangenehme Notlösung für Dich sei und das Du hofftest möglichst bald nach Österreich zurückkehren zu können. Diese Einstellung wäre für einen liechtensteinischen Diplomaten nicht möglich." [2]
Zu diesen Gründen möchte ich folgendes bemerken: was mein Nichtauskennen in den Landesverhältnissen betrifft habe ich, was die Aussenpolitik des Landes betrifft, vielleicht ein klareres Bild als viele, die im Lande wohnen. Was die innenpolitischen Angelegenheiten betrifft, wäre das ein Manko, das ja leicht zu beheben wäre. Ausserdem hätte ich ja nicht Gesandter werden sollen sondern Sekretär und hätte als solcher nur die Instruktionen des Gesandten auszuführen. Jedenfalls hätte ich Prinzen Heinrich schon durch meine Sprachkenntnisse und meine Bekanntschaft mit dem diplomatischen Korps in Bern gut Dienste leisten können.
Zu Punkt 2 möchte ich bemerken, dass ich nie etwas ähnliches zu irgend Jemandem geäussert habe und dass eine solche Beschuldigung eine bösartige Verleumdung darstellt. Dass die Familie Wurmbrand österreichischen Ursprungs ist, weiss jeder Mensch und es ist selbstverständlich, dass ich tiefe Gefühle für ein Land hege, das 35 Jahre lang meine Heimat war. Ich habe auch Grafen Bendern [Maurice Arnold de Forest] bei unserer ersten Besprechung nicht verhehlt, dass ich, sobald wieder lebensmögliche Verhältnisse hergestellt wären, die Schweiz zu verlassen beabsichtige. Für mich, wie für jeden anderen Menschen von Ehre wäre es jedoch eine Selbstverständlichkeit gewesen, einen solchen Posten, wenn er ihn annimmt, auch voll und ganz, nach bestem Wissen und Gewissen auszufüllen.
Als ich gefragt wurde, ob ich diesen Posten annehmen wolle, hatte ich keine Ahnung von dem Plan in Bern eine Gesandtschaft zu errichten. Ich habe mich also wirklich nicht dazu gedrängt. Nachdem ich aber zugesagt hatte, habe ich mich nicht gescheut, die Kosten einer verteuerten Lebenshaltung auf mich zu nehmen und habe alles getan um mich nützlich zu machen und Sr. Durchlaucht damit einen Freundschaftsdienst zu erweisen. Durch die Ablehnung der Regierung aber, meine Ernennung zu bestätigen, bin ich hier gesellschaftlich in eine nicht tragbare, schiefe Situation geraten, die hinzunehmen ich nicht gewillt bin.
Die einzige Möglichkeit meiner Rehabilitierung ist die Bestätigung meiner Ernennung, die vorzunehmen ich die Regierung ersuche. Sie können versichert sein, dass ich nichts ungetan lassen werde, um meine Ehre und mein Recht wiederherzustellen. [3]
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[1] LI LA RF 227/288/044. Auf der Rückseite zwei Empfängervermerke: "Kommt nicht in Frage" (handschriftlich) und "Reg. Beschl. vom 22. März 1945: ablehnen" (Stempel, handschriftlich).
[2] Nicht aufgefunden.
[3] Die Forderungen von Wurmbrand-Stuppach wurden durch die Regierung mit Schreiben vom 23.3.1945 abgelehnt (LI LA RF 227/228/045). Zum weiteren Verlauf der Angelegenheit vgl. LI LA V 143/4108.