Karolina Lampert [-Schädler] und Julius Lampert an Juliana Sele [-Schädler] über das Schreiben von Johan Eberle bezüglich seiner Auswanderung nach Amerika, den Bau von Wasserwerken in Freeport, den Anbau eines Kirchturms, die gute Ernte, den Getreidehandel, den kalten Winter und die damit verbundenen Ausfälle der Eisenbahn 


Handschriftliches Originalschreiben der Karolina Lampert [-Schädler], Freeport (Illinois), an ihre Schwester Juliana Sele [-Schädler]

Freeport Illinois April 3the (1881)

Vielgeliebte Tante!

Wir haben Euer werthes Schreiben mit
Freuden empfangen am ersten April, auch von
dem Johan Eberle haben wir ein
Schreiben empfangen und wir haben
daraus mit Freuden ersehen, daß sie
nach Amerika kommen würden um
hier ihr Glück zu versuchen. Liebe Tante
wie würden wir uns freuen, wenn wir
auch euch sehen würden! Diesen Sommer
wird hier Arbeit in hülle und fülle
sein, besonders da die Einwanderer
Maurer sind, da in unserer Stadt
Wasserwerke gemacht werden, welche
das Wasser wie andere große Städte
aus mangel an Brunnen und gesundes
Trinkwasser durch Röhren durch die
Stadt geleitet wird. Unsere Kirche, welche
schon über fünfzigtausend Thaler
gekostet hat, soll dieses Frühjahr
ein Thurm gebaut werden da
noch keiner darauf war 

da unsere Gemeinde bißher zu
Arm dazu war. Noch mehrere Gebäude
werden diesen Sommer aus Backstein
aufgeführt werden. Liebe Tante wir
haben aus Eurem und dem Johan
Eberle sein Schreiben vernomen wie
schlecht es in Deutschland ist während
hier ein Arbeiter von gar keiner
Profesion 1 1/2 Thaler den Tag verdienen kann
mit Grund auswerfen Pflaster und
Backsteine tragen. Während ein Arbeiter
von Profesion 2 Thaler verdienen kann.
Wir haben letztes Jahr wieder eine recht
gute Ernte gehabt theils besser als
daß vorige Jahr. Unser Staat Illinois
ist der betriebenste Staat der Union im
Ackerbau und Chicago ist die größte
Getreidehandelsstadt der Union oder der
ganzen Welt denn es befinden sich dort
aufgespeichert sechsmillionen buschel Weizen,
denn Speculanten wollen einen höheren
Preis den die Europäer geben wollen und 

darum keinen groß genugen Absatz finden
kann, außerdem kommt ungeheuer viel Getreide
nach Europa. Auch im falle einer gänzlichen
Mißernte wäre Amerika für eine lange
Zeit versorgt, denn nicht nur in "Chicago"
sondern in allen großen Städten
Amerikas liegt Getreide. Wir haben hier
einen sehr strengen Winter gehabt seit
anfans December liegt der Schnee zei Fuß
tief, heute wo ich am Schreiben bin
schneit es. Die Eisenbahnen waren
mehrere mahle so tief zugeschneit, daß
es jedesmahl eine Woche nahm um ihn hier freizuschafen und so genug
Verdienst war denn Eisenbahnkompagnien
dingten 500 Mann denn der Schnee lag
an welchen Plätzen fünfundzwanzig
Fuß tief. Wir freuen uns sehr daß einmahl
Landsleute kommen und wir wollen unser bestes
thun und sie mit Freuden empfangen. Jetzt will
ich mein Schreiben schließen mit vielen
Grüßen an euch alle.
Julius Lampert
einen Gruß von uns allen an Kresenz

 

Vielgeliebte Geschwisterte!

Mit Freuden habe ich dein werthes
schreiben erhalten, besonders da
ich las, das meine Geschwisterte auch im Sinne
haben nach Amerika zu kommen
ich bin Gott sei Dank mit meinen
Kindern gesund und wohl und habe so viel
Arbeit, daß ich gar nicht weiß wie ich
fertig werden soll. Liebe Schwester
mit Freuden werde ich den Johan Eberle
aufnehmen, und auch für ihn thun was ich kann
du schreibst aber nichts was er für eine Frau
hat. Liebe Schwester schreibe, daß nächste
mahl den Zunahme dazu, den ich kenne
die Leute besser nach dem Zunahme, als
nach dem richtigen Name. Was machen
den meine zwei anderen Schwestern wollen
sie nicht auch nach Amerika. Es wird dieses
Frühjahr zimlich spät bis man ins Feld kan
denn der schnee ligt noch auf manchen Plätzen
4 bis 5 Fuß tief, kein Mann kann es denken
daß es jemals so viel schnee ghabt hat
wie dieses Frühjahr und Winter

Liebe Schwester wenn die Theres nach Amerika
komt und der Bruder auch, dan wird sie ihr
Elend loß, und es wird sie gewiß nicht reuen.
Der Johan Eberle würde besser thun wenn
er erst in Chicago delegraphiert hätte, den
es hätte weniger gekostet und ich hätte zur
bestimmten Stunde gewußt, wenn er hier
ankäme, ich werde aber mit Fragen eine
ganze Woche nicht fertig werden, als ich
den Brief laß, sind meine Kinder hoch aufge-
sprungen vor Freuden, sie waren recht froh,
daß Landsleute kommen, wo geht denn der
Frommlt hin in welchen Staat oder Stadt?
Leben seine Eltern nicht mehr?
Noch bin ich mit meinem Brief nicht
zu Ende da der Julius mir wieder einen
Brief von dier bringt, in welchem du
mich wieder bittest, daß ich den Johan
Eberle und seine Famili gut aufnehmen
soll, sei deßhalb unbesorgt vertraue
auf mich ich werde thun, so viel
in meinen Kräften steht, oder denkst

du mein Herz hätte sich hier in
Amerika verhärtet, nein dazu
habe ich zu viel Liebe gegen meine
Landsleute und ganz besonders gegen
treue und gute wie du sie mir empfielst.
Wir wünschen ihnen eine glückliche
Reise, und freuen uns schon auf ihre Ankunft
wier würden uns noch mehr freuen
wen auch eins von meinen Geschwist-
erten bei Ihnen wäre, aber wir leben jezt doch
in der Hoffnung, daß auch bald diese
Zeit komen wird, wo ich sie in meine
Arme schließen kann, und sagen kann
nun ist mein Wunsch erfüllt. Wier
werden einander viel zu erzählen haben,
daß wier in 2 Wochen nicht fertig
werden. Die Reisekosten sind recht billig
über das Meer nur 24 Thaler.
Viele grüße an Euch alle Verwandte
und ich wünsche, daß Euch alle dieses schreiben
in bester Gesundheit antrifft grüßt
dich ganz besonders deine dich liebende
Schwester Karolina Lampert

______________