Karolina Lampert [-Schädler] an ihre Schwester Juliana Sele [-Schädler] über ihren Ausflug aufs Land, die Trauer um ihre verstorbene Tochter Theresia Lampert, die Lehre des Sohns Julius Lampert als Zinnschmied, günstige Reisemöglichkeiten nach Europa auf Grund einer grossen Austellung in Paris, Dankbarkeit über die Anteilnahme vom Lehrer J. Gassner, den Wunsch von Julius mehrere grosse europäische Städte zu besuchen, den milden Winter in Portland, das Wachstum der Stadt und damit die Erhöhung der Grundstückspreise, eine Migrationswelle sowie über die Ankunft von Xaver Beck und seiner Familie in Freeport


Handschriftliches Originalschreiben der Karolina Lampert [-Schädler], Portland (Oregon), an ihre Schwester Juliana Sele [-Schädler] und die übrigen Verwandten in Triesenberg

Portland den 20 März

Vielgeliebte Schwester!

Ich habe deine beiden mir so liebe
Briefe erhalten aber ich war zu nachläßig
zu schreiben, letzten Sommer waren
wier eine Zeit lang auf dem Lande
wo der Banzer wohnt, die Karolina Beck
und Ursala waren auch dort, den ich
dachte es wäre villeicht besser für mich
ich könnte villeicht die Zeit besser
herumbringen, aber es war dasselbe
überall wo ich bin, und was ich thu
habe ich nur ein Gedanke, und der ist
bei meiner lieben Thresie. Wier
sind sonst gesund und wohl der Julius
arbeitet am alten Platz er lernt
das Zinnschmieden, und deßhalb kann
ich dier auch nicht für gewiß Verspre-
chen hinaus zu kommen, den ich weis
nicht ob er so lange abkommen kann

bevor er sein Handwerk gelernt
hat, daß er nachher wieder vorwärts
lernen kann, es würde doch bald 6 Monat
nehmen bis wier wieder zurük wären
und ohne den Julius würde ich gar nicht
gehen, den das ist alles was ich noch
habe. Es ist diesen Sommer billig hin und her
zu kommen, den es ist die große Ausstellung
in Paris, wenn es eben möglich ist so
kommen wier, aber warscheinlich nicht allein,
es haben noch mehrere im Sinne zu kommen,
denn es ist so viel schöner zu Reisen
wenn eine gute Gesellschaft beieinander
ist. Der J. Gaßner hat mir geschrieben
und ich bin ihm sehr Dankbar für seine
Theilnahme, wenn wier hinaus kommen
wollen wier ihn jedenfals besuchen
den Julius will doch mehrere große
Städten sehen besonders, da der Lehrer
G. über seine Zeit verfügen kann wie
er will, so denke ich, daß er mitgeht.
Das ist mein größter Wunsch, daß ich
noch hab, euch alle meine lieben zu sehen

ehe wier sterben, koste es was es
wolle. Wier haben diesen Winter nur ein
par Stunden schnee gehabt, sonst war es immer
schön warm, es ist gar nichts in den Gärten
verfrohren, jezt blühen die Bäume, und das
Gras ist schon groß, die Stadt hat sich
sehr viel vergrößert seit ich hier bin
und die Bauplätze sind viel theurer
geworden, es kommen jeden 2 bis 3 hundert
Emigranten an. Der J. Lampert hat auch
geschrieben, aber kein Tröstliches Wort
für mich, und er hat die Thresie so gut
gekant. Was macht mein lieber Bruder
hast du sein Mädchen noch? Der
Xaver Bek ist lezten Herbst auch von
Freeport gekommen mit seiner Famili
somit ist die ganze Beks Familien
wieder hier. Die Kartoffel werden
hier nicht schwarz, es gibt ungemein
viel Kartoffel hier sie sind sehr billig
überhaupt die ganzen Lebensmittel
sind billig, den es ist nie eine Mißernte
und das Land ist Fruchtbar.

Liebe Schwester jezt schreibe bald wieder
wenn ich dich auch lange warten ließ verzeihe
mir, ich schreibe sobald ich bestimmt weis,
das wier gehen können nach der alten Heimath.
Jezt liebe Schwester grüße mir alle
meine Geschwisterte und Verwandte
aber besonders bist du und deine Thochter
gegrüßt und ich bin und Verbleibe
Deine dich nie vergessende Schwester

Karolina Lampert

auch viele grüße von Julius an alle
Verwandte 

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