Handschriftliches Originalschreiben der Karolina Lampert [-Schädler], Troutdale (Oregon), an ihre Schwester Juliana [-Schädler] in Triesenberg
Troutdale den 9 Mai (1912)
Liebe Schwester!
Ich habe die traurige Nachricht erhalten,
daß meine liebe, gute Schwester gestorben ist
und ich kann sie immer sehen in meinen Gedanken
wie sie gelebt hat, sie hat einen schönen Oster-
morgen gehabt, das Alleluja hat sie können
im Himmel singen, wo sie früher dort in der Kirche
gesungen hat, ich will ihrer eingedenkt sein im
Gebet ich werde sie nie vergessen so lange ich
lebe und denke jeden Tag, daß ich die nächste
bin, ich denke es war hart für sie von ihrer
so guten Famili zu scheiden wo sie so viele
glükliche Jahre verlebt hat. Ich habe dem
Julius schon oft erzählt wie wier es früher
gehabt haben wo die Eltern noch gelebt haben
Winterszeit beim Spinnen haben wier ge-
sungen und hätten mit den Reichsten nicht getauscht,
ich hoffe wier werden uns in der Ewigkeit
wieder treffen, ich bedaure dich, und die ganze
Famile den sie war das Haupt der ganzen
Famili möge sie ruhen in Frieden
Wier sind Gott sei Dank gesund und wohl und haben
jezt recht schönes Wetter die Bäume blühen und
haben einen milden Winter gehabt leztes Jahr
waren die Kartoffel zimlich teuer der Zentner hat
Thaler 1.75 bis 2 Thaler gebracht, wier haben dieses Jahr
wieder viele gepflanzt sie werden verschikt
nach Calafornia und noch weiter per Eisenbahn,
ich habe wieder viele junge Hühner somit habe
ich immer nebst nebst meiner Hausarbeit genug
zu thun. Der Frommelt kommt fast jeden Abend
zu uns er wohnt ganz nahe. er hat nur der
jüngste bei sich die anderen Söhne sind alle fort
sie lieben besser für andere zu schaffen als
daheim, somit hat er ein Knecht und eine Magd
das Älteste Mächen ist verheirathet und ist
nach Calafornia und hat das jüngste auch mit.
Dem Alexander seine Kinder sind alle gesund
4 Knaben und 4 Mädchen es ist eine recht
gute Famili blos ist die Mutter nicht recht
gesund 2 Mädchen sind verheirathet.
Das gesunkene Schiff ist halt auf einen Eisberg
gefahren sie sind zu schnell gefahren und haben
wollen in 5 Tagen Neujork erreichen
und haben zu viel Wein getrunken, sie haben
am selben Tage von andern Schiffen
drahtlose Warnung bekommen
das Eisberge in der nähe seien und haben es nicht
beachtet sie haben auch nicht genug Retungsbote
gehabt, der Senat in Waschington hat die geretten
verhört und der Schiffahrt Geselschaft strenge Order
gegeben es waren 6 Millionäre vertrunken
der Käpten hat gesagt erst Frauen und Kinder in
die Bot und die Milionär haben müßen zurükstehen
gerade so gut wie andere, und viele sind noch auf dem
Eisberg verfrohren ich habe was aus der Zeitung
geschnitten da kanst du ungefähr sehen ich habe es gezeich-
net.wo es am Eisberg war aber ich denke du hast
es dort gelesen - hier war alle Tage die Zeitung
voll, trozdem lassen sich die Leute nicht abschreken
Jezt liebe Schwester tröste die Magdalena
und sie möchte mir bald schreiben wie ihre Muter
ihre Krankheit angefangen hat, und war sie immer bei
bewußtsein, ich möchte so gerne etwas für sie thun
beten will ich für sie, und ich werde sie nie vergessen.
Jezt liebe Schwester verzeie mir daß ich Euch so lange
ohne Nachricht ließ den ich kan nicht mehr gut
schreiben ich erwarte eine baldige Antwort, wie
ist der Andrea ihr Mann und geht die Magdalena
noch in die Fabrik viele grüße an alle meine
lieben dort besonders an dich liebe Schwester
einen gruß an Herrn Pfarrer und seine Nichte
und ich verbleibe deine dich
liebende Schwester C. Lampert und Julius
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