Unvollständiges handschriftliches Originalschreiben der Kreszenz Seele, Triesenberg, an die Schwester Ignatia
Liebe Ehrwürdige Schwester Ignatia!
Ich würde mich der Undankbarkeit schuldig machen,
wenn ich die Gelegenheit vorüber gehen ließe, eine
meiner ersten Pflichten zwischen dem alten und
neuen Jahre zu erfüllen. Es sind dies die kindli-
chen Wünsche und Danksagungen die ich Ihnen
nun schriftlich darbringen möchte, weil ich gehind-
ert bin es mündlich zu thun.
Durch das liebe Jesukind wünsche ich Ihnen ein glück-
seliges, gnadenreiches, neues Jahr. Ferner wün-
sche ich Ihnen hier auf Erden Glück, Heil und
Segen und ein langes, frohes Leben und in der
Ewigkeit die unvergleichliche Krone der ewigen
Seligkeit. Der liebe Gott wolle Ihnen zu je-
dem Wunsche seinen göttlichen Segen verleihen,
auch alles ferne halten, was
Ihre Lebenstage betrüben könnte. Diese zwar
dürftige, aber doch von Herzen wohlmeinenden
Wünsche lege ich zu den Füßen, des in der
Krippe liegenden Heilandes mit der kindlich-
en Bitte, dieselben zu segnen.
Mit diesen schwachen Wünschen verbinde ich meinen
herzlichen Dank. Denn groß waren die Mühen und
Arbeiten, zahlreich der Kummer und die Sorgen
und unerschöpflich die Geduld, die Sie seit dem
Anfang meiner Schulzeit hatten. Was kann ich
Ihnen dafür geben? Ach daß ich bloß im Stande
bin zu danken! Darum sage ich mit ganzer
Seele: Vergelte es Ihnen Gott, hier, mehr
aber noch im Jenseits in der wahren Heimath
in der seligen Ewigkeit. Täglich will ich mein
kindliches Gebet in den Himmel senden, um für
Sie einen Kranz zu flechten mit dem Gebet des
Herrn, einen Kranz, den die Sonne nicht verwel-
ken kann. Aber leider fühle ich nur zu sehr, daß
ich Ihre theuren Lehren oft durch meinen Leicht-
sinn vernachläßigt habe. Deßhalb bitte ich kind-
lich um Vergebung mit dem Versprechen Ihnen
in dem neuen Jahre durch mein gutes betragen
Freude zu machen. In der Hoffnung, daß Sie meine
Wünsche annehmen werden verharrt
______________