Handschriftliches Originalschreiben der Karolina Lampert [-Schädler], Freeport (Illinois), an ihre Geschwister in Triesenberg
Freeport den 25 Jänner
Liebe, Theure Geschwisterte!
Vorgestern habe ich dein liebes schreiben
mit Freuden erhalten, besonders, da
ich sah, das du wieder gesund bist und
dein liebes Kind auch. Ich sagte oft zu
meinen Kindern, du wärest villeicht
recht krank, oder gar gestorben, daß wir
so lange keine Nachricht haben, aber
jezt habe ich gesehen, daß du den Brief
nicht erhalten hast, welches mir recht
leid thut, den ich habe dich um vieles
gefragt, und einen Gold Thaler hinein gelegt
die Theres hat Seidene Band um den
Brief gewikelt und so war er zimmlich dik
geworden, ich habe in nur ein par Tage
später wie dem Ferdinand seinen
vortgeschickt. Liebe Schwester ich befinde
mich mit meinen Kindern gesund und
wohl, Gott sei vielmahl gedankt
wir haben einen zimmlich gelinden
Winter. Wir hatten lezten Oktober
auch eine Mission hier und jeden Tag
3 Predigen 2 Redemthoristen Väter
haben sie geleitet, einer davon hat
sich besonders den Kindern gewidmet
und sie in der Christenlehre unterrichtet
und ausgefragt, worauf er auf mein
Julius recht aufmerksam geworden
ist, den er hatte ihm alle Fragen
können beantworten. Ich hatte ihn
leztes Frühjahr in die englische Schule
geschickt aber nur 3 Monate, den unser
Pfarrer hatte es gar nicht haben wollen,
weil es keine Religionsschulen sind
und hat er ihm und seiner Schulschwester
versprechen müssen wieder in die
katholische Schule zu kommen, und so ist
er seit im 1 Sebtember wieder gegangen,
der Pfarrer hat ihn auch gefragt
ob er nicht Latein lernen wollte,
welches er ihm recht gerne einwilligte
was er noch für ein Amt wählen
wird sich später zeigen, den er ist noch zu
jung, aber er hat überaus gute Talente.
Der Gottlieb Lampert ist am 22 August
gestorben, unter den größten schmerzen
es war kaum mehr zum ansehen, er hatte
kein Wort mehr sprechen können bald 2
Monate, er hate noch können auf die
Tafel schreiben können, was er
sagen wollte bis auf 2 Wochen, da war
er zu schwach mehr, er hat die Sterbesakra-
mente empfangen und ist recht reumüthig
gestorben Gott gebe ihm die ewige
Ruhe. Wier Verwandte waren aber
nicht mit der Leiche, warum will ich dir
auch mittheilen: Dem Gottlieb sein lezter
Wille war, er wollte auf den Katholischen
Kirchhof begraben werden, und ich sagte er
könne auf meine Loot begraben werden,
den eine Loot kostet 5 Thaler dan können
6 darauf begraben werden. Nach dem
Tode hat es seine Frau aber nicht zugelassen,
den er hat müssen auf den Stadtkirchhof
beerdigt werden wo sie einst auch hin will
unser Pfarrer hat ihn auch nicht begraben
brauchen, sondern der Lutherische
hat auch müssen die Leichenrede halten,
so werdet ihr Euch nicht wundern wenn wir
nicht mit gingen um einen
Lutherischen Prediger anzuhören, ich nahm
das Geld was mich eine Kutsche kostete
und ließ Ihm Messen lesen. der Ferdinand
kent seine Frau, daß ist schön von einer
gebornen Katholikin. Von der Justina
habe ich kürzlich gehört, daß ihr Man ein
wenig verständiger geworden wäre
seitdem er recht hart arbeiten müsse
sie hat 3 Kinder, den andern in Orgon
geht es recht gut. Liebe Schwester du
möchtest so gut sein und zum Pfarrer
gehen, daß er dir die Thaufscheine für
Kressenzia Lampert geborne Seli und
Xaver Lampert gibt, den ihr Sohn will
ihr einen Grabstein errichten lassen,
zugleich möchte er auch von seinem Vater
wissen genau wie alt er wäre, du schike
sie aber mir. Liebe Schwester das Viertel
Türken kostet hier 30 Sent das ist ungefähr
60 neue Kreuzer, lezten Herbst hat man
ihn gekauft für 20 Sent, jezt ist alles ein
wenig höher im Preise, den es wird zu viel
nach Europa verschifft, aber meine lieben
wier Essen kein Türkenmehl hier, sondern
fütern es den Schweinen, wir
essen nur Kernemehl von welchem
der Zentner 3 (300 gestrichen, R.T.) Thaler kostet, wir
sprechen oft von Euch wen wir am Essen
sind, es wird nächste Woche Sontag gesammelt in
unserer Kirche, für die Nothleidenden
in Irland, es kommen überalher schlechte
Nachrichten aus Europa wegen großer Noth
aber unter euch will sich doch niemand
bewegen lassen hieher zu kommen. Ich denke
dem Ferdinand ist die Auswanderungs-
lust auch vergangen, den er hat sich jezt
auch mit einer zu starken Kette verbunden.
Liebe Schwester jezt bitte ich dich beantworte
mir alle diese Fragen. Was treibt
der Ferdinand? Was macht dem Arnold
seine Frau? Was macht der Joseph
Gaßner und was will er werden? hast du
nichts gehört vom Vinzenz Schädler
und was macht seine Frau mit ihren
Kindern? Was machen dem Lehrer Beck
seine Kinder? Wie benimt sich meinem
Bruder seine Schwiegermutter, und Schwägerin
in unserem Elterlichen Hause, der
arme Bruder kann auch, den Adam
beneiden! warum ist sie von Rothenboden
fortgezogen? Was sagt dan die Schwester
Burga dazu? Liebe Schwester schike mir
auch im nächsten Briefe ein wenig
Fanenderli Samen, den solchen kan mann
hier nicht finden; ist der Pfarrer Balzer
noch in Triesen? Wissen dem Luzi Hoch
seine Eltern nichts vom Luzi? ich habe
schon lange nichts mehr von ihm gehört!
Liebe Schwester schreibe mir nicht nur daß, wo
ich dich frage, sondern was du mir irgend
mitheilen kanst. Viele grüße an Lehrer und
seine Famile besonders grüße ich alle meine
Geschwisterte Vetter und Basen und möchte von
allen etwas hören und ganz besonders dich und
dein Kind Gott behüte Euch Deine dich liebende
Schwester Karolina Lampert
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