Karolina Lampert [-Schädler] an ihre Schwester Juliana Sele [-Schädler] über den Tod ihrer Nichte, das Leben auf dem Land, den Verkauf von Rahm, Kirchenbesuche in Portland, die Arbeit von Sohn Julius Lampert als Zinnschmied, Alexander Lamperts Familie, Franz Josef Frommelts Kauf eines Grundstücks, die anhaltende Schlaflosigkeit, den Verbleib von Josepha Lampert, eine grosse Ausstellung in Portland im darauffolgenden Jahr, über Sohn Julius Lampert und das Fehlen von "redlichen, guten Mädchen" auf dem Lande


Handschriftliches Originalschreiben der Karolina Lampert [-Schädler], Troutdale (Oregon), an ihre Schwester Juliana Sele [-Schädler] und die übrigen Verwandten in Triesenberg

(Briefumschlag: Juliana Seli Triesenberg Fürstenthum Lichtenstein Germani Europa)

(Poststempel: Troutdale Feb. 1904 Oregon)

Troutdale 13 Februar 1894 (Jahresangabe nachträglich und irrtümlich eingefügt, Jahr nach Briefinhalt tatsächlich: 1904)

Herzgeliebte, theure Geschwisterte

Ich dein liebes schreiben erhalten
und gesehen, daß ihr noch alle gesund
seid, welches mich recht freut, den
wier alle Geschwisterte sind
älter jezt als unsere liebe
Mutter war, wo sie gestorben
ist. Liebe vor allem verzeihe mir
daß ich dich so lange ohne Nachricht
ließ, den es kam immer etwas
dazwischen, daß ich es unterließ
ich habe deine Briefe alle erhalten,
und gesehen, daß meinem Bruder
seine Thochter gestorben ist welches
mir recht leid that, aber es war
ja besser der liebe Gott hat sie

von ihren Schmerzen erlößt den
sie wäre ja doch nicht mehr besser
geworden, ich wünsche er hat eine
gute Schwiegerthochter, daß sein
Alter noch verschönert. Wier sind
beide noch gesund, Gott sei Dank der
Julius ist noch ledig, wier sprechen
viel von euch Julius hätte recht
Lust nach der alten Heimath zu
gehen, aber ich fühle mich zu alt,
hin und her zu reisen, den er würde
nicht Draußen bleiben, und ihn allein
könte ich nicht ziehen lassen, den
es ist noch alles was mir geblieben
ist, und somit will ich mich nicht von
ihm trennen, wenn ich nicht muß.
Wier haben es recht schön auf dem
Lande, unser gutes auskommen, wier
haben 3 Kühe, 1 Pferd, 40 Hühner
ich brauche kein Butter mehr machen
den wier haben eine Maschine
wo gleich nach dem Melken der

Rahm von der Milk sondert, den
komt jede Woche zweimal ein
Mann wo wier den Rahm zu ihm
verkaufen, er bringt uns alles was
wier brauchen, wier haben freie
Postlieferung bis zum Haus jeden
Tag, freie Biblothek, aber nur
Englisch, somit ist es fast schöner
wie in der Stadt, blos die Kirche
sollten wier näher haben Vater
Anselm kommt bald 5 mal im
Jahre und dan ist Messe und Predigt
in meinem Haus, es werden
dan alle Katholiken eingeladen
zu kommen, und inzwischen gehe
ich bald 6 mal nach Portland in
die Kirche besuche alle meine
Freunde und bleibe gewöhnlich
2-3 Tage, dan muß Julius selbst
kochen. Sontags und Abends sind
wier beschäftigt mit Lesen

den wier haben 3 Zeitungen die
Woche, in der zwischen Zeit schafft
Julius noch auf seinem Handwerk
er ist ein Zinschmid, wier ärnten
bald 2 bis 300 Zentner Kartoffel
genug Heu für 3 Küh 1 Pferd
genug Futter für 5 Schweine 40
Hühner, es hat alles guten Preis
besonders jezt so der Krieg mit Japan
und Rußland loßgeht wird meistens
alles von dieser Küste hiengeschikt.
Im Sommer habe ich viel Besuch von
Portland sie bleiben gewöhnlich
2 bis 3 Wochen. Dem Alexander
Lampert seine Frau und Kinder sind
gesund die älteste Thochter ist
geheirathet wier wohnen nahe
besamen.

Dem Frommelt seine Familie ist
gesund, sie haben von ihrem Bruder
das Land gekauft, er hat sich von
seiner alten leztes Frühjahr gerichtlich
scheiden lassen und jezt bald 6 Wochen
nachher hat er sie wieder geholt
ist mit ihr bald 30 Meilen von
hier aufs Land gezogen ich habe
ihn seitdem nicht mehr gesehen, er hat
seine alte recht schlecht behandelt.
Jezt liebe Schreibe mir recht bald
und viel sei nicht böse und zürne mir
nicht ich will in Zukunft mehr
schreiben, ich leide immer noch an
Schlaflosigkeit, ich habe alles
gebraucht hat alles nichts geholfen
jezt habe ich mich in mein Schiksal
ergeben. Was thun meiner Schwester
Burga ihre 2 jüngsten, sei so gut
und schike mir den Taufschein von

der Josepha Lampert, sie allein
lebt noch von ihren Geschwistern, ich denke sie muß bald
87 Jahre alt sein, sie ist bald 170 Meilen
von hier bei ihr jüngsten Thochter, sie
hat es recht gut, sie kommt bald 2 mal im
Jahr nach Portland auf besuch. Nächstes
Jahr 1905 wird eine große Ausstellung
in Portland sein es ist 100 Jahr daß
Levis und Clark den Columbi Fluß
herunter gekommen sind, es werden
viele Fremde herkommen. Der Julius
wird dir auch bald schreiben er sagt
er kann es nicht mehr gut den er hat
nicht mehr Deutsch geschrieben seitdem
er die Schule verlassen hat, aber er kann
gut Deutsch lesen, so gut wie Englisch,
ich wünschte noch er würde sich mit einem
redlichen, guten Mädchen verheirathen
ehe ich sterbe, aber hier auf dem Lande hat
es keine. Jezt will ich aber schließen mit
viel tausend grüßen an alle Geschwisterte
Herrn Pfarrer besonders du liebe Schwester von mir und
Julius

C. Lampert

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