Karolina Lampert [-Schädler] an ihre Schwester Juliana Sele [-Schädler] über die Krupperkrankung von Theresia Lampert, die Krebserkrankung des Gottlieb Lampert, das Ansehen von Witwen, die Lebensmittelpreise in Freeport (Illinois) sowie den Schulbesuch von Julius Lampert


Handschriftliches Originalschreiben der Karolina Lampert [-Schädler], Freeport (Illinois), an ihre Schwester Juliana Sele [-Schädler], und die übrigen Geschwister in Triesenberg [1]  

11.05.1879, Freeport (Illinois)

Liebe, theure Geschwisterte!

Ich habe Dein Schreiben erhalten u.
hätte auch gleich geschrieben, aber ich habe
wollen von den [2] Kindern die Phothogafie
schicken. Da wurde nun die Theresie [Theresia Lampert] so
krank, dass [3] alles gedenckt hat sie stirbt,
sie hatte sich eine Erkältung zugezogen
u. diese hat ihr auf die Lunge u. in Hals
geschlagen, dass sie die Krup verursachte,
u. so lag sie eine ganze Woche, dass ich
nicht wusste, welcher Athemzug der
lezte war, ich habe zwei Ärzte gehabt
u. sie haben sie aufgegeben und dass lezte
war, sie wollten eine Operration im Halse vorneh-
men, welches ich aber nicht zugeben
wollte. Sie hatte sich auf den Tod schön
vorbereitet sie hatte gebeichtet und empfing
die lezte Öhlung u. alles wer ins Haus [4]
musste laut beten für sie, dass sie doch
nicht versticken brauche, ich habe ihr auch
von dem hl. Loretta Wasser aus
Frankreich gegeben, u. so ist sie durch Gottes
Hilfe u. Barmherzigkeit wieder gesund.
Der Dockter hat gesagt es wäre ein
Wunder, den unter 100 könte nur eins
kurrirt werden. Ich habe sie den ganzen
Winter müssen im Hause behalten,
den ihre Lunge ist noch recht schwach u.
sie nimt auch noch immer Medizin, aber
ich laure jezt auf warmes [5]
Wetter, dan werde ich die Bilder
nehmen lassen u. sie Euch in diesem
Brief schicken. Liebe Schwester es thut
mir recht leid, dass Du nicht gesund bist,
man weiss nicht wie glücklich man ist
wen alles gesund ist. Der Gottlieb
Lampert ist auch schon 3 Monat krank
er hat nämlich den Krebs an der Zunge
vor uns Gott davor behüt. Er hat [6]
schreckliche Schmerzen u. einen noch schrecklicheren
Tod vor Augen, ja wenn er es wüsste es
würde ihn beinahe zur Verzweiflung bringen,
sage es nur seiner Schwester [Anna Maria Sele [-Lampert]], dass sie betet
für ihn. Liebe Schwester es freut mich
dass es allen meinen Geschwister gut
geht. Liebe Schwester Du schreibst mir
in Deinem vorigen Briefe, das man
auf Wittwen anstoss mache, und Du
wollest mir im nächsten Briefe
alles schreiben, u. in diesem Briefe
schreibst Du wieder Du wollest alles
in Deinem Herzen begraben. Nein
liebe Schwester damit bin ich nicht
zufrieden, Du quälst mich mit Gedan-
ken, man kann ja einander in Briefen
die grössten Geheimnisse mitheilen.
Liebe Schwester eine Wittwe ist
hier so viel, oder noch mehr geachtet
als irgend eine andere Person,
jedoch nur von fremden Leuten
den die eigenen sind auch nicht die
besten. [7]

Liebe Schwester der Verdienst
war lezten Winter auch zimlich
schlecht hier, aber die Lebensmitteln
sind billig 100 lb. [Pfund] Kernmehl 2 Thl. [Thaler]
100 lb. Schweinefleisch 2 Th. 25 Sent.
Liebe Schwester mein Julius [Lampert] geht
jezt in die Englische Schule, aber
unser Pfarrer will es gar nicht
leiden, den dort wird eben keine
Religion gelernt, er hat aber eine
überaus gute Lehrerin u. zudem
brauche ich kein Schulgeld zu bezahlen
u. es sind auch höhere Schulen wie
die katholische. Liebe Schwester
ich will nun mein Schreiben
schliessen mit viel tausend grüssen
an alle Geschwisterte Vetter u.
Basen besonders an Dich u. Dein Kind [Kreszenz Sele]
u. wünsche, dass dieser Brief Dich in
bester Gesundheit antrifft u.
ich Verbleibe Deine
Dich nie vergessende Sch. Karolina
Lampert

______________

[1] LI LA PA 188/012. Brief in Kurrentschrift.
[2] Durchstreichung.
[3] Ursprüngliche Fassung: „daẞ“. Das Eszett wird im Folgenden zu „ss“ umgewandelt.
[4] Seitenwechsel.
[5] Durchstreichung.
[6] Seitenwechsel.
[7] Seitenwechsel.