Handschriftliches Originalschreiben des Jakob Marock jun. und seines Vaters Jakob Marock sen., Mauren, an den Bruder bzw. Sohn Wilhelm Marock in Indiana [1]
12.12.1878, Mauren
Geliebter Sohn und Bruder!
Schon lange harrten wir von Dir einen
ausfürlichen Brief, in welchem Du uns klarstellen
mohtest, welche Beweggründe vorhanden,
als Du die Marschallstelle von Logensport
verlassen [2] hast: In welchen Deine Liebenden
im fernem Osten doch so phantasisch träumten.
Da wir doch aus den Zeitungsberichte wissen,
dass sämtlicher Arbeitsverdienst um 2 Drittel
gesunken ist, und Du dennoch ein monatlichen
Gehalt hatest, den man nur den glänzenden
Zeiten anmassen kann. Jedoch zu unser Sache.
Wier befinden uns immer alle in steter
Gesundheit, was wir Dir von Herzen wünschen.
Unser häusliches Wesen geht langsam vorwärtz
in Okonomischer Hinsicht, besitzen wir wirklich ein
junges schönes Pferd, 2 Küh und 2 Schweine.
Übrigens haben wir eine reihe vo Fehljahren
zu beklagen. hauptsächlich in der Weinernte,
z.B. heuriges Jahr hatten wir nicht vollständig
340 Liter Wein (14 Liter gleich ein altes Viertel).
Da wir doch ein Rebenfläch Maass nahe zu 700 Kl.
besitzen. Der gleiche Übelstand ist es mit dem
Obst. Neue und Dir interesante Lokalberichte sind
nicht vile zu berichten; als dass wir jetzt im
Besitz von einer Armenanstalt [3] welche auf dem
Weiher [4] erstelt ist. Gleichzeitig das Maass und
Gewicht gleich wie in Deutschland und überhaupt
in allen andern Stadten. [5]
Dann ist vor 6 Wochen zurück der Dir wohl
bekante Peter Matt gestorben, in selbiger
Behausung ist aber eine neue Regentin ange-
treten, nämlich Wilhelmina Matt [-Matt] (Nägilis) [6]
welche sich an dessen Bruder Jakob Matt in
der letzten Fassnacht verehlicht hat.
Es wundert uns sehr, obs Du den Brief von
Deinem Bruder Andreas [Marock], welchen er schon
anfangs Februar abgeschickt hat erhalten
hast, und warum Du ihm keine Antwort
darauf gegeben hast. –.
Ehe ich mit dem Brief fertig geworden
bin, erhielten wir mit Freuden den Brief
vom 19 Nov. und haben wir darin gelesen
dass Du jetzt wirklich in Üblen Zeiten wandelst.
Doch wir wollen von Gott hoffen, dass es bald
besser kommen wird.
Wir alle wünschen Dir zum neuen Jahr viel
Glück, Glück Heil und Segen sei mit Dir
stets auf allen Wegen.
Zum Schlusse einen herzlichen Gruss
von uns Allen an Dich und Deine
Frau und Kinder.
besonders von Deinem Bruder Jakob
______________
[1] US PA Delph Donna. Brief in Kurrentschrift. – Die Adresse des Wilhelm Marock zu diesem Zeitpunkt ist nicht bekannt.
[2] Ursprüngliche Fassung: „verlaẞen“. Das Eszett wird im Folgenden zu „ss“ umgewandelt.
[3] Das Armenhaus in Mauren entstand 1873. Vgl. HLFL, Bd. 1, S. 132 („Bürgerheime“).
[4] „Weier“: Wiesen und Häuser unter der Kirche in Mauren, östlich des Gebiets Darf. Vgl. Hans Stricker, Liechtensteiner Namenbuch, Bd. 3, S. 518.
[5] Vgl. das Gesetz vom 16. September 1875 betreffend die Abänderung von Mass und Gewicht nach dem metrischen System, LGBl. 1875 Nr. 3.
[6] Seitenwechsel.