Bertha Schauer an Alois Rheinberger über die schlechte Wein- und Obsternte in Liechtenstein, die Angst vor einem Krieg, den Aufenthalt von Olga und Emma Rheinberger auf Masescha, den erwarteten Nachwuchs bei Egon Rheinberger im Roten Haus sowie das Befinden der Tante Laura Rheinberger [-Wolfinger]


Handschriftliches Originalschreiben der Bertha Schauer, Triesenberg, an Alois Rheinberger, Nauvoo (Illinois) [1]

Dezember 1912, [2] Triesenberg

Lieber Herr Rheinberger [3]!

Wie schnell doch wieder
die Zeit vergangen, schon
wieder [4] 1 Jahr dahin. Bevor
wir den Fuss [5] ins neue Jahr
gesetzt, möchte ich Ihnen
noch dieses Briefchen zu-
senden, um Ihnen die herz-
lichsten Grüsse, u. besten
Wünsche für’s komende
Jahr, von mir, u. meinen [6]
Schwestern [Marie und Ida Schauer] zurufen. Gott
möge Sie recht gesund u.
wohl erhalten, u. noch recht viele
Freude an Ihren Kinder, u.
Enkel erleben lassen.

Hoffentlich war das ver-
flossene Jahr ein recht
gutes für Sie u. Ihre
Familie. Haben Sie eine
recht gute Weinernte
gehabt? Hier war es ganz
schlecht. Gar keine Trauben
u. die wenigen wo noch
waren, beinahe unbrauchbar.
Auch Obst gab es beinahe
gar keines. Lager Obst [7]
musste man, von weiter
her komen lassen, u.
das war natürlich sehr
teuer. Hoffentlich wird das
komende Jahr sich nicht so
wüst gestalten wie man fürchtet,
nämlich wegen dem Krieg.
Dan gäbe es schon recht schlechte
Zeiten. – Die lb. Geschwi-
ster Rheinberger Olga u. Emma [8]
sind auch wieder auf Masescha [9]
gezogen, u. sind recht vergnügt
u. zufrieden in ihrem Winter-
heim. Es ist aber auch
ein reizendes Plätzchen, dieses
Masescha [10], u. gleich daneben [11]
das alte nette Wahlfahrts-
Kirchlein [12]. [13] Im roten Haus
wird in Bälde auch wieder
ein kleiner Welt Bürger [Peter Anton Rheinberger]
eintreffen. [14] Das erste Büblein [Hans Rheinberger]
ist ein recht netter stramer
Junge. Im Löwen in
Vaduz [15], ist so zimlich alles im
Alten, die lb. Tante Laura [Rheinberger [-Wolfinger]] [16] ist
zimlich wohl, hingegen ist
Burga [17] neben dem Engel [18]
sehr krank, so dass man
jeden Tag jetzt ihr Ende
erwarten kann.

Nun Seien Sie lb. Herr Rheinber-
ger
[19] sowie all Ihre Lieben, aufs
herzlichste gegrüsst von

Ihrer stets dankbaren

Berta Schauer [20]

Viele Grüsse v. m. Schwestern [21]

______________

[1] LI LA AFRh Ha 19. Brief in Kurrentschrift.
[2] Datum mit Bleistift hinzugefügt.
[3] In lateinischer Schrift.
[4] Durchstreichung.
[5] Ursprüngliche Fassung: „Fuẞ“. Das Eszett wird im Folgenden zu „s“ umgewandelt.
[6] Seitenwechsel.
[7] Seitenwechsel.
[8] In lateinischer Schrift.
[9] In lateinischer Schrift.
[10] In lateinischer Schrift.
[11] Seitenwechsel.
[12] In lateinischer Schrift.  
[13] Kapelle St. Theodul bzw. Sta. Maria, erstmals urkundlich erwähnt 1465. Vgl. Cornelia Herrmann, Die Kunstdenkmäler des Fürstentums Liechtenstein, Bd. II, S. 192 ff.
[14] Geburt von Peter Anton Rheinberger am 18.1.1913. Vgl. Vaduzer Familienchronik, Bd. IV, S. 169.
[15] In lateinischer Schrift.
[16] In lateinischer Schrift.
[17] In lateinischer Schrift.
[18] In lateinischer Schrift.
[19] In lateinischer Schrift.
[20] In lateinischer Schrift.
[21] Satz nachträglich hinzugefügt.