Martina Gstöhl an ihre Schwester Balbina Gstöhl über die Lebensmittelpreise sowie die Überschwemmung der Ill in Vorarlberg


Handschriftliches Originalschreiben (Fragment) der Martina Hartmann [-Gstöhl], Ludesch (Vorarlberg), an ihre Schwester Balbina (Marie Balbina Öhri [-Gstöhl]), Spencer (Nebraska) [1]

o.D. (möglicherweise 1910), o.O. (Ludesch (Vorarlberg))

(…) [2]

Ich weiss [3] nicht habe ich noch die
richtige Adresse od. nicht.
Kind ist mir hinter Deine
Briefe geraten, da hätte
ich Dir bald gar nicht mehr
schreiben können, habe die
Adresse nur noch auf einem
alten Couvert [4] gefunden.
Sende mir nächsten Brief eine
Adresse bei.

Hier ist Alles so theuer Stk Eie
kostet jetzt schon 5 Kreuzer
Kg. Kartoffel 7 Kr. der Leib Brot
[5] 22 Kr. vorher 24.
Kg. Mehl 27 Kr. [6]

Haben heuer einen sehr schlechten
Sommer. Immer Regen u. kalt
u. überall Überschwemmungen
Von aus dem Montafon
bis Feldkirch war überall die Ill [7]  
keine Brüke mehr als noch
Satteins – Frastanz alles weg
gerissen, die Bahn konnte nicht
mehr fahren einige Tage u. aber
an vielen Orten jetzt noch nicht.
Montafon hats ganze Orte
weggeschwemmt, dass die Leute
nicht mehr ansiedeln können,
an einem andern Ort ihre Heimat
suchen. Schreibe Dir nächste mal
mehr wenn ich in Eschen gewesen
bin. Herzlich Gruss an Alle von uns
besonders von Dein Schwester Martina.

______________

[1] LI LA PA 016/3/11/18.
[2] Der vordere Teil des Briefes fehlt.
[3] Ursprüngliche Fassung: „weiẞ“. Das Eszett wird im Folgenden zu „ss“ umgewandelt.
[4] In lateinischer Schrift.
[5] Durchstreichungen.
[6] Seitenwechsel.
[7] Möglicherweise das verheerende Illhochwasser vom 14. und 15. Juni 1910.