Martina Gstöhl an ihre Schwester Balbina Gstöhl über die Bevollmächtigung des Feldkircher Advokaten Dr. Josef Peer im Rechtsstreit um das Testament der verstorbenen Tante Magdalena


Handschriftliches Originalschreiben der Martina Hartmann [-Gstöhl], Ludesch (Vorarlberg), an ihre Schwester Balbina (Marie Balbina Öhri [-Gstöhl]), Spencer (Nebraska) [1]

vermutlich 26.05.1909, Ludesch (Vorarlberg)

Werthe Schwester! [2]  

Habe soeben Dein Brief erhalten
u. muss [3] Dich aber soeben auch
tadeln, dass Du die Sache dem
[Jakob] Wanger in Schaan übergeben.
Konnte es Dir nicht einfallen,
dass 2 gleich grosse Hunde einander
nicht beissen. Meinst Du der
[Johann] Ritter sei nicht schon lange
beim Wanger gewesen, den
er traute ja Dir sehr gut, aber
mir nicht. Er sagte schon unter
den ersten 14 Tagen ich könnte
eben noch daran rütteln wollen. [4]
Es ist schon auch dumm von mir,
dass ich Dir nicht sofort geschrieben,
den so viel ich in Deinem Briefe
ersehe, muss der Ignatz Dir nicht
geschrieben, was wir aus gemacht.
Er sagte Du habest geschrieben [5] er solle nachfragen
gehen ob es nicht zu ändern sei
er habe aber nicht gut machen,
mir sollen die Sache übernehmen
uns könne es gleich sein, wegen
Ritters, ihm aber Geschäft halber
nicht. Ich sagte zum Ignaz wir
werden unser mögliches thun
u. werden sofort zum Gericht
u. nachher zum Dr. Advokat
[Josef] Peer gehen u. gingen am
selben Tage noch. [6]
Der Ignatz ging mit dem von
uns, er schreibe sofort bald er
nach Hause komme, dass Du uns
eine Vollmacht senden u. dann
werden wir die Sache dem
Dr. Peer übergeben für Dich u. mich
den jedes ein Beistand habe kein
Werth. So ging er von uns fort.
Wir warten bis heute immer
auf die Vollmacht von Dir,
u. haben über dies den Dr.
Peer auch schon besprochen.
Wahrscheinlich hast Du vom Dr.
Peer selbst ein Schreiben erhalten,
den er verlangte die Adresse
von Dir. Dem Dr. Peer können
wir nicht mehr leicht abstellen [7]
denn wir sind der Meinung
der Wanger helfe zum Ritter
nicht zu uns, denn hätten wir
am End gar niemand für uns.
Ich meinte der Advokat würde
helt für beide nicht mehr kosten
den wir müssen unser Geld
schon beisammen heben, wenn man
vom täglichen Verdienst leben
muss, wo alles furchtbar theuer
ist, und mein Mann [Johann Josef Hartmann] kein Tag
sicher ist, wan er zum Kriege
einrüken muss. Wen Du aber
dem Wanger noch keine
Vollmacht gesendet, so könnte
man es doch für beide dem Peer
übergeben. Ich glaube schon
thut es dem Ritter noth, den er [8]
hat so wie so das helbe von der
Tante [Magdalena Gstöhl] schon verbraucht. Es
giebt gewiess noch viel zu thun
wen das Testament rükgängig
gemacht wird. Dann muss erst ein
anders Infentar aufgenommen
werden, u. Ritter muss die
endwendeten Sahen zurükstellen
od. bezahlen. Wir wissen blos
das ein Kassabuch da ist, aber
wo es ist u. wie viel, da ist
uns unbekant, das giebt noch
Arbeit bis die Sache dann in Ordnung
ist u. muss fast zu Protzez kommen.
Die Zeugen müssen zu einem [9]
Eide getrieben werden, den
diese helfen gewiss zum Ritter.
Ich sagte blos zum Ignatz, ich
habe bei der Begräbniss zum
Ritter gesagt, wo er sagte nach
dem Testament vorlesen, wir
können dagegen prosessieren
wenn wir wollen, so sagte
ich, das habe keinen Werth diese
paar Kronen auch noch hinaus
werfen, den zum Ritter sagen
ja wir werden unser mögliches
thun, das hätte kein Werth
gehabt. Er fühlte sich aber doch [10]
nicht sicher wegen dem Testament
den er sagte er verlange 4000
Kronen für Verpflegung, aber
ich glaube für eine solche muss
man nicht so viel bezahlen.
Sie haben der Tante das Haar
abgeschnitten, alls sie den Leuten
den Zugang zu ihr verwiesen,
den selber wollten sie der Tante
nich zopfen. Auch hat der [Johann] Gstöhl
zu meinem Mann gesagt er habe
den [Franz Martin] Risch bestimmt für Dich, [11] er
sagte zum Gstöhl, wir wollen
Euch diesmal schon bestimmen [12]
aber zu etwas anderm nicht zum
bevollmächtigen. Ich habe vom
Testament vom Ritter auch nicht
mehr gehört, als wie Du dem Ignaz
die Abschrift gesendet, das andere
wer es geschrieben, wie ich Dir im
letzten Brief mittheilte, dass haben
wir nur von andern Leuten.
Wir wissen jetzt helt eben noch
nicht was die 2 Herren ausmachen
der Wanger u. der Peer, wir müssen
jetzt halt zuwarten bis wieder was
kommt. Wahrscheinlich wird die Sache
bei der Abhandlung stattfinden.
Ich bin neugierig wie es geht.
In der Erwartung einer baldigen
Antwort grüsst Euch Alle
Johann, Martina Zimmermann.

______________

[1] LI LA PA 016/3/11/02. Vgl. die Verlassenschaftsabhandlung nach Magdalena Gstöhl unter der Signatur LI LA J 004/A 153/110. Ebd. findet sich auch eine Abschrift des umstrittenen Testaments vom 10.11.1908.  
[2] In lateinischer Schrift.
[3] Ursprüngliche Fassung: „muẞ“. Das Eszett wird im Folgenden zu „ss“ umgewandelt.
[4] Seitenwechsel.
[5] Nachträglich eingefügt.
[6] Seitenwechsel.
[7] Seitenwechsel.
[8] Seitenwechsel.
[9] Seitenwechsel.
[10] Seitenwechsel.
[11] Bestellung als Kurator durch den Eschner Gemeindevorsteher.  
[12] Seitenwechsel.