Karolina Lampert [-Schädler] in Troutdale an ihren Bruder Johann und Nichte Maria Lampert über die Anteilnahme an ihrem Leid und Genesungswunsch, über den Besuch der Karolina Beck, die Missernten, die Absicht zum Verkauf der Farm und Rückkehr nach Liechtenstein sowie den Krieg auf den Philippinen, über die Pariser Weltausstellung sowie das Jubeljahr in Rom


Handschriftliches Originalschreiben der Karolina Lampert [-Schädler], Troutdale (Oregon), an ihren Bruder Johann Lampert und ihre Nichte Maria Lampert, Triesenberg

Troutdale den 28 Jäner

Vielgeliebter Bruder und Nichte!
Ich habe euer liebes schreiben gestern
erhalten und will es gleich beantworten.
Liebe Maria vor allem verzeihe mir,
daß ich euch so lange ohne Nachricht
ließ, ich habe das schreiben immer von
einem Tag zum anderen geschoben
und somit ist es immer geblieben, es soll
aber in Zukunft nicht mehr vorkomen,
darum will ich gleich heute schreiben.
Wier sind Gott sei Dank gesund und
wohl, wier nehmen den innigsten
Antheil an deinem schweren Leiden
möge der liebe Gott dier in diesem

Jahre bessere Gesundheit schenken und
wen es nicht sein Wille ist, so möge er
dir Kraft verleihen, daß du dein schweres
Kreuz geduldig trägst, es ist ja ein
Jammerthal hier und die wo Gott lieb hat
züchtigt er. Wier haben einen milden
Winter hier noch kein Schnee, es hat auch
noch nie hart gefroren, die Karolina Beck
war über Neujahr 3 Wochen hier bei
uns, lezten Sommer hatten wier auch viel

Besuch von Portland. Wier haben eine
kleine Farm hier 8 Aker Land wier
pflanzen Kartoffel, Weizen für unsere
Hühner allerhand Gemüse und Heu.
Wier haben 3 Kühe 2 Schweine und
50 Stück Hühner.

wier haben unser gutes auskommen hier,
blos keine Kirche, ich gehe bald 5 oder 6 mal
nach Portland im Jahr in die Kirche und
ein Benediktiner Priester komt bald
4 mal im Jahr von Portland und
lißt Messe in meinem Hause
da laden wier den die Katoliken
ein zu kommen es ist ein Würtenberger
hat in Einsiedeln studirt und seine
Profeß abgelegt er geht dieses
Frühjahr nach Rom, er komt aber noch
einmal zu uns bevor er geht.
Julius ist noch imer ledig er wird
wohl Pätschler oder Junggeselle
bleiben.

Der Joseph Marok oder der Katharina
ihr Bruder hat eine Russin geheirathet
und in der Lutherischen Kirche, es ist schon
ein Jahr im November gewesen
sie ist 53 Jahre alt und hat schon 14 Kinder
gehabt, ihr habt es warscheinlich schon
gehört den die Katharina hat es gleich
ihren Schwestern geschrieben, wier
wohnen ganz nahe beisamen, aber wier
haben seitdem kein Verkehr mehr mit ihm.
Wier haben ein fruchtbares Jahr gehabt,
blos kein Obst oder nur ganz wenig.
Ich habe noch nicht aufgegeben nach meiner
Heimath zu gehen blos möchte ich erst
verkaufen, den villeicht könte ich nicht mehr
zurükkommen.

(mit Klebeband zusammengeführte Blätter, folgende
Seiten gehören mit Sicherheit zu einem anderen Brief):

Villeicht wird es hier besser wen
der Krieg zu Ende ist auf den Philipienen
aber wer weis wie lange er noch
dauert, es gehen viele nach Paris
zur Weltausstellung und viele
nach Rom weil es ein Jubeljahr
ist. Ich habe deine Briefe alle
erhalten und schreibet bald wieder
und alle Neuigkeiten, den ich nehme
an allem Intresse was dort
passiert, ich hoffe, daß dich dieses
schreiben wohler antrifft wie
dich deins verlassen hat. Jezt
viele grüße an alle meine
Geschwisterte und Verwandte
besonders an dich von mir und Julius

und ich verbleibe deine dich
Herzlich liebende Base
Karolina Lampert

 

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