Karolina Lampert [-Schädler] an ihre Schwester Juliana Sele [-Schädler] über ausreichend Arbeit und Essen, den Umzug von Alois und Xaver Lampert sowie Luzius Hoch nach Oregon, das Abwägen einer Rückkehr in die Heimat, Heimweh nach den Geschwistern und Freunden in Triesenberg, ihre Kinder Julius und Theresia Lampert und über einen Jagdunfall in der Heimat  


Handschriftliches Originalschreiben der Karolina Lampert [-Schädler], Freeport (Illinois), an ihre Schwester Juliana Sele [-Schädler] in Triesenberg

Freport den 15 November 1874

Innigst Geliebte Schwester!
Ich habe dein mir so werthes schreiben
vom 6 Jänner mit Freuden erhalten, und habe
es auch gleich beantwortet, und habe aber
noch keine Antwort erhalten, ich denke
villeicht hast du mein schreiben nicht
erhalten, und kan deßhalb nicht mehr
schweigen. Ich bin mit meinen Kleinen
Gott sei Dank gesund und wohl, welches
das beste ist, für mich den an Arbeit
fehlt es mir nicht, und wer arbeitet hat
auch zu essen. Aber nun bin ich ganz
allein hier, den Xaver Lammpert und
Alois Lammpert sind mit Ihrer
Famile nach Orgon Luzius Hoch
ist auch mit Ihnen, der Xaver
und Kresenzenza sind bei Ihrem 

Schwiegersohn auf das Land 50 Meilen
von Portland und die anderen sind
in Portland geblieben die
Josepha ist auch mit ihnen und ihr
Man ist in Iowa sie bleibt aber nur
ein Jahr dort bei Ihrer Thochter Marie
und dan komt sie wieder zurük.
Liebe Schwester ich habe, deßhalb schon
vilmehr nach Deutschland gedenkt
wie vorher, ich habe zwar recht viel
gute Leute hier, diese rathen mir
es alle ab, das ich nicht nach Deutschland
gehen soll. Der Joseph Lampert hat
gesagt, als ich ihm sagte, das ich
nach Deutschland wolle ich werde doch
nicht verrükt sein, wen ich nicht mein
auskommen habe habe er noch für mich was
übrig, er besucht mich jedes mal
wen er nach Freport komt, er hat
auch gesagt wen er gesund bleibe
so werde er seine alten Freunde
in der alten Heimath besuchen und 

zwar nächstes Frühjahr und da habe ich
schon tausendmal gedenkt, wen sich nur
eins von euch entschließen könte zu
mir zu komen. Hier habe ich meine
Arbeit im Hause, man bringt mir
alles ins Haus, und ich kan mir jeden
Tag 1 Thaler nebst meiner Arbeit verdienen
und draußen müßte ich bis nach Triesen
hingehen bis ich nur Arbeit hätte und hier
habe ich meine eigene Heimath ich habe
eine Kuh sie kostet mich im Sommer nichts
und drausen würde ich villeicht keine
Heimath mehr kriegen, und noch eins
was würden dort noch welche
sagen: Jetzt komt sie mit 3 Kindern
der Gemeinde auf den Hals und wen
ich solches hören müßte, so müßte
ich ja Heimweh kriegen nach Amerika.
Liebe Schwester wie gerne das ich
Euch alle meine Geschwisterte
Vetter und Basen und überhaupt alle
meine Freunde sehen möchte und 

und mit Euch sprechen, daß kannst du
dir nicht vorstellen, aber wen
ich über alles nachdenke wie es mir
dort gehen könte, dan vergeht wieder
allen Muth. Mein Julius hat schon
oft gesagt, ach Mutter laß uns nach
Deutschland gehen, aber wen ich ihm sage
daß er trokenes Türkenbrod ohne
Butter und Sirrup essen müße und gar
kein Fleisch krigte, aber dan will
er nichts mehr davon hören, er
ist schon in der oberen schule und er
lernt recht gut der Pfarrer hat
ihn schon zur Beicht genommen und die
Theres macht mir die spulen und
wäscht mir schon geschirr, und mein
kleines kan schon lange alles sprechen
meine Kinder sind mir noch meine
einzige Freude wo ich habe. Ich bitte
dich liebe Schwester schreibe mir
bald und über alles ich dich noch fragen
werde 

Liebe Schwester ist auch eine
Nähmaschine am Triesnerberg
oder müßte man sie verzollen
wen man eine von Amerika
mitbringen würde, hat es viele
Näherinen dort? Liebe Schwester schreibe
mir auch was alle meine Geschwisterte und
Vetter und Basen machen. Ich habe
auch in hiesiger Zeitung gelesen,
daß ein junger 24Järiger Burschen
auf der Gemsenjagt in Garrsella
von dem Fürstlichen Jäger todt geschos-
sen worden sei, und es wundert mich
sehr, welchen, das Schiksal getroffen
hat, und was mit dem Jäger gethan
wird. Liebe Schwester hier schicke ich
dir die Poststamp mit du brauchst
sie nur auf den Brief zu thun,
es kostet drausen so viel und ich
kan es in einer 1/4 Stunde verdienen.

Liebe Schwester schreibe mir
bald und viel. Der Joseph
Lampert laßt Euch alle freundlich
grüsen besonders seine Schwester
und sein alter Freund Xaver
Seli und er werde Euch alle noch einmal
sehen. Liebe Schwester verzeihe
mein schlechtes schreiben und grüße
mir alle meine Geschwisterte
Vetter und Bassen und den Arnold
Gaßner ich werde seinem Vatter
bald schreiben und dan werde ich ihm
auch alle die Neuigkeiten
wissen lassen grüße mir auch
meine Schwäger und deinen Man
und ganz besonders bist du gegrüßt
von deiner dich nie vergessenden
Schwester Karolina Lampert

Mein Juli laßt seine Gotta
auch grüßen und er möcht dich so
gerne sehen

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