Karolina Lampert [-Schädler] in Portland über die Verdienstmöglichkeiten in Amerika und den Bau einer deutschen Kirche


Handschriftliches Originalschreiben der Karolina Lampert [-Schädler], Portland (Oregon), an ihre Schwester Juliana Sele [-Schädler] und die übrigen Geschwister in Triesenberg

Portland Oregon den 28 März

Liebste Geschwisterte!

Ich habe deinen lieben Brief eben erhalten und will ihn auch gleich beantworten, den ich wartete mit Sehnsucht auf ein schreiben, und glaubte mich bald vergessen, da ich so lange keine Nachricht erhielt. Ich habe nun gesehen, daß ihr Gott sei Dank alle gesund seid, aber der Vetter und Alois ist nicht mehr, o ich hätte sie noch so gerne gesehen und mit ihnen gesprochen, aber meine Kinder sind noch zu jung, als daß ich sie auf längere Zeit verlassen könnte, den in diesen Jahren bedürfen sie mehr der Aufsicht, als in früheren also aufgeschoben ist nicht aufgehoben, gebt gut acht aufeinander daß ihr gesund bleibt, und keins mehr stirbt, daß ich euch alle noch sehen und sprechen kan, ehe wier sterben. Daß eins von euch nach Amerika kommt habe ich schon längst die Hoffnung aufgegeben, ich darf nicht daran denken an den Strapaz wo die Schwester Theres hat

dort, wen sie hier wäre würde sie es leichter haben und viel mehr verdienen können besonders jezt wo die Chinesen fort müssen, so gibt es so viele Arbeit für Weibsleute, nämlich: Waschen und Putzen und könnte jeden Tag 2 Thaler verdienen, es ist nämlich für Weibsleut besser als für Männer, und ich glaube, daß das Klima recht gut wäre für ihren Mann, denn es hat der Katharina ihrem Bruder recht gut gethan, es hat ihn ganz kurirt von Reumathis und daß ich ihr viel helfen könnte, daß kanst du leicht denken, auch für ihren Man sein Handwerk wäre es gut hier, den weil es hier nicht kalt wird, so werden die Häuser nicht so dick gemacht, ausseit nehmen sie Bretter und innseit werden sie gelättelt und gepflästert, also das pflästern und weiß machen könnte er thun, liebe Schwester sage es ihnen, wen sie kommen, werden sie es gewiß nie bereuen und die Reise ist jezt arg billig und schnell. Ich bin mit meinen Kindern gesund und wohl und es geht uns recht gut, der Julius arbeitet immer am alten

Platze und Thresie auch wieder und somit bin ich allein zu Hause. Wier haben wunderschönes Wetter hier, die Bäume fangen an zu blühen, das Gras war den ganzen Winter grün die Blumen blühen in den Gärten und somit ist es recht schön zum spazieren gehen. Wier bekommen bald eine Deutsche Kirche, wier haben wohl 2 Deutsche Priester aber es wird alles Englisch gepredigt. Den anderen Verwandten geht es allen recht gut, die Barbara ist immer gleich arg schwach sie hat den ganzen Winter nicht können ausgehen sie laßt auch alle grüßen, sie spricht noch so gerne von Deutschland und es freut sie recht, daß ich noch die einzige bin wo mit ihr sprechen kann von dort, sie wird zimmlich kindisch.

Nun liebe Schwester ich muß sonst noch ein wenig plauderen, was ich dir gerne sagen würde wen ich bei dir wäre, da du nun in den Besitz von zimlich Gütern gekommen bist, so sei nicht so dumm, und mache es wie viele dort, arbeite dich nicht zu Tode, sondern gönne dir Ruhe und lasse den Boden bearbeiten, wenn deine Thochter

wieder recht gesund ist, so schicke sie nach Balzers zu den Schwestern ins Instidut damit sie alles lernt, was ihr nachher mehr zum Nutzen ist, als manchem Triesnerberger alle seine Büchel, und sie nachher nicht gezwungen ist, ein so grober Triesnerberger zu Heirathen, und sie wird dir ihr Lebtag dankbar dafür sein. Es freut mich recht, daß die Base und Vetter ein so schönes Andenken gestiftet haben, sie könnten ja nichts beseres thun, die Verwandten werden nach ihrem Tode doch noch streiten um ihr Vermögen und ein jedes bekommt zu wenig, denn welche sind jezt schon ängstlich, daß sie nicht genug bekommen, jezt will ich aber still sein, sonst könnt ihr mir noch böse werden dort, wen ich mich zu viel in eure Sache mische, was mich ja nichts angeht, nun so habt nichts für ungut ich meine es nur gut mit euch. Liebe Schwester was hat deine Thochter für ein Vormund und was hast du im Sinn mit ihr zu thun? schreibe mir hierüber, bleibe bei der Base so lange sie lebt, und lasse sie nicht mehr arbeiten, ich habe schon oft gedenkt wen ich dort wäre ich würde

bevor streiten mit ihr, bevor ich sie arbeiten ließe, was macht die Burga und Sofina und ihre Familien und überhaupt alle wo mir nachfragen, schreibe überhaupt alles was du mir irgend mitheilen kanst. Mit der Zitter schicken per Post geht es nicht, es geht nicht anders als mit Expreß, aber warte noch villeicht kommt noch Jemand von hier diesen Sommer auf Besuch und dan hättest du gute Gelegenheit zu schiken, ich schreibe dir noch bevor, oder im Falle daß Balzner kommen, so schike sie mit und sie können sie dan mir zuschiken bei Expreß gib ihnen meine Adresse.

Jezt grüße mir alle meine Geschwisterte Vetter und Basen alle mein Bekante Vetter und Basen und ganz besonders grüßen ich und meine Kinder dich und deine Thochter und ich Verbleibe Deine Dich nie vergessende Schwester

Karolina Lampert

Jezt mache es wie ich, setze dich hin und schreibe mir gleich wieder und alles was du mir gern sagen möchtest, auch die Größten Geheimnisse, ich werde schweigen wie das Grab

(Postscriptum): Dem Franzsep geht es zimlich gut, sie sind gesund, 20 Meilen von Portland, und haben wieder ein kleiner Bub

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