Torkelordnung


Hochfürstl. Liechtenst. Torggel-Ordnung,
wie diese in dem Fürstenthum Liechtenstein gehalten werden solle. [1]

1750

Erstlichen soll ein jeder Torggelmeister nicht mehr zu torgglen annehmen, dann zu dreyen Stöcken, und den vierten auf dem Torggel-Beth; es sey dann, daß einer eigene Geschirr haben thue. Und solle jeder Torggelmeister verbunden seyn, bey starken Regenwetter keine Trauben in Torggel zu tragen noch führen zu lassen.

Andertes solle keiner Trauben zu torglen annehmen, die in einem fremden Zehent gehörig, es wäre dann, daß das Herkommen ein anders mitgebracht hätte. Solte derowegen einer betretten werden, welcher die Trauben anderwerthig hin, als wo der Wingarten zehentbahr ist, geführt oder getragen, verwirkt solcher 5 Pfd. Pfg. Straff.

Zum dritten sollen auch die Torggelmeister bey ihren Ayden schuldig seyn, den Wein bey ordentlich gemeßner gepfächten [2] Geschieren über die Nägel auszumessen und den Most aus den Ohmen, weilen er darinnen noch schwanket, nicht in die Fuhrfaß zu schütten, sonder zu warten, bis solcher still stehet, also darmit sich weder der Gebend noch nehmende, so auf die Steuer [3] handlen, nicht zu beklagen haben.

Zum Vierten sollen die Torggelmeister den Zehenten von allem Wein, er werde auf die Steuer gegeben oder daß einer seinen Wein selbst behalte, ordentlich ausmessen und in die Zehent Büttenen geraihet und geantwortet werden. Neben dem sollen sie auch solche Zehent- und Herrschafts Büttenen in guter Achtung und Verwahrung haben, damit Niemand daraus trinke und sonsten der Zehenten kein Schaden oder Abgang Empfang, bei Straff 1 Pfd. Pfg.

Fünftens solle auch keiner sein Wein weder auf die Steuer noch den Zehenten selbst ausmessen, sonder dieses allweeg durch den verordneten Torggelmeister beschehen, oder so es ihnn, den Torggelmeister, selbst betreffete, als dann durch einen andern Ehrlichen unverleumten Mann ausmessen lassen.

Sechstens sollen auch die Torggelmeister bey ihren Ayden keine Trauben zum Torgglen an nehmen, so in die Häuser gewimmlet worden, sondern so bald er dessen ehrfahren und wissend wird, den oder die selben von Stund an der Obrigkeit anzeigen, damit gegen solchen Verfahren werden möge, wie sich zu thun gebührt.

Siebentens sollen auch die Torggelmeister männiglichen ihre Trauben und Most in guter Versorgnuß haben und solchen weder mit Trinken oder Verwüsten im wenigsten nicht beschädigen lassen.

Achtens soll ein jeder Torggelmeister jemand in die Torggel nicht lassen, es habe dann einer ehrhafte Geschäfte darum zu verrichten, sonsten und anderst nicht, und ob einer oder mehr diesem zu wiederthäten oder sonsten inner- oder außerhalb eins Torggels einigen Gewalth üben und brauchen wollten, der oder dieselbe sollen der Obrigkeit angezeigt und darüber nach Beschaffenheit des Verbrechens abgestraft werden.

Neuntens solle jedwederer Macht haben, die Kühe, Ochsen, Rinder, Schaaf, Gaißen, Schwein und Röß, welche in die Weingärten lauffen oder eingelassen würden, ehe das Wimmlen angefangen und vollendet seyn wurde, niederzuschlagen oder zu verschießen, nach Vollendung aber des Wimmlens solle solches Roß, Kühe und anders Vieh also bald hinter die Tafern [4] getrieben und hernach mit obrigkeitlicher Straff angesehen werden. Zum

Zehnten. Befindet sich, daẞ sobald der Wein in einem Weingarten abgewimmlet, man unter dem Schein des Spieglens [5] den Benachbarten ihre annoch stehende Trauben, wie zugleich auch die Bögen in fremden Weingärten abschneidete, so solle ein jeder, welcher auf solche Art betretten würdet, so oft es geschieht, in denen es höchstens verbotten ist vor 10 Pfd. Pfg. abgestraft werden. Sofern auch

Eilftens, wie bies daher schon öfters zu vernehmen gekommen, einer den andern mit Worten oder Werken ehrenverletzlich oder sonst schimpflich antasten oder gar handgemein wurde, dieser oder diese sollen unnachläßlich pr. 10 Pfd. Pfg. abgestraft werden.

Zwölftens soll keiner befugt seyn den Most unter der Steuer zu verkauffen bey Straf 5 Pfd. Pfg.

Dreyzehentens sollen die Torggelmeister denen Zohleren ordentlich die Wein angeben, welche aus dem Land geführet und verzohlet werden mießen.

Vierzehentens sollen die Torggelmeister in alle Weeg verbunden seyn, einen guten, gerechten Most sowohl roth als weißen, wie er fallen thut, zum Zehenten ordentlich zu geben, nicht den ersten, auch nicht den letzten; dann wofern von denen Zehentknechten Klag einkommen wurde, nach befundenen Dingen die Torggelmeister Guth darum seyn mießen, und noch darzu von der Obrigkeit gestraft werden. Und was den Zehenten an sich selbsten belangt, solle er der Schuldigkeit nach ohne alle Gefährde gegeben werden.

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[1] Textwiedergabe nach Johann Baptist Büchel: Zwei Urbarien der Alten Graffschaft Vaduz,  JBL 1906, S. 47 f.
[2] pfächten: eichen, vieieren, prüfen
[3] Gemeint ist das Umgeld.
[4] Anmerkung J. B. Büchel: „Hinter die Pfandtafel, wo die gepfändeten Tiere an Latten gebunden wurden, bis die Strafe bezahlt war. Auch gab es einen Pfandstall.“
[5] Spiegeln: Ähren auf dem abgeernteten Feld nachsammeln oder hier Trauben  nachlesen.