Die Vorarlberger Regierung erlässt nach Kriegsende neue Bestimmungen für den Grenzverkehr


Gedruckte Kundmachung der Bezirkshauptmannschaften Feldkirch und Bludenz, gez. Karl von Koepf, Bezirkshauptmann von Bludenz, und Johann Cornet, Leiter der Bezirkshauptmannschaft Feldkirch [1]

1.12.1918

Über Auftrag des Landrates von Vorarlberg übernehmen mit heutigem Tage die Bezirkshauptmannschaften Feldkirch bezw. Bludenz die Durchführung und Handhabung der Grenzpolizei an der Vorarlberger, Schweizerischen bezw. Liechtensteinischen Grenze. Dieselbe erfolgt teils durch eigene Organe der genannten Bezirkshauptmannschaften, teils durch die Zollämter und Grenzfinanzwachorgane. Aus diesem Anlasse wird folgendes verfügt:

  1. Das Überschreiten der Grenze nach der Schweiz und Liechtenstein in beiden Richtungen darf nur auf Grund eines giltigen Reisepasses erfolgen.
  2. Zum Übergang über die Rheinbrücken werden nur in Vorarlberg bezw. im Schweizer Grenzgebiete ständig wohnhafte Personen zugelassen, insoweit denselben auch von Seite der Schweizerbehörden der Übergang gestattet wird. (Grenzverkehr).
  3. Der Fernverkehr, sowie der Verkehr anderer als der vorgenannten Reisenden erfolgt ausschliesslich über die Bahnlinien Feldkirch–Buchs bezw. Bregenz–St. Margarethen.
  4. Der Verkehr zwischen Vorarlberg und Liechtenstein erfolgt ebenfalls nur mit Pass auf der Bahnlinie Feldkirch–Schaan und für in Vorarlberg und Liechtenstein ständig wohnende Personen überdies auf den Übergangsstellen Nofels, Fresch, Hub [2] und Reichsstrasse Tisis. Eine Überschreitung der Vorarlberg-Liechtensteinischen Grenze an anderen Stellen ist untersagt.
  5. Personen, welche beruflich oder aus anderen triftigen Gründen die liechtensteinische Grenze abseits dieser Übergangsstellen überschreiten müssen oder an derselben zu arbeiten haben, müssen sich bei der zuständigen Bezirkshauptmannschaft einen Passierschein einholen. Derselbe wird nur ausnahmsweise bei amtlich begründeter Notwendigkeit im Einvernehmen mit der Finanzbehörde erteilt.
  6. Die Grenze zwischen dem Bezirke Bludenz einerseits, Liechtenstein und Schweiz anderseits, bleibt bis auf weiteres für jeden Verkehr gesperrt.
  7. Die Mitnahme von Geld wie die Einhaltung aller anderen Ein- und Ausfuhrverbote unterliegt ausschliesslich der Kontrolle der Grenzzollämter bezw. Finanzwachorgane.
  8. Die bisherigen Bestimmungen für den Bootsverkehr auf dem Bodensee bleiben, soweit es den Bezirk Feldkirch betrifft, unverändert.
  9. Alle anderen bisher für den Grenzverkehr bestandenen Vorschriften (so insbesondere die Einholung von Übertrittsklauseln und der Legitimationszwang auf den Rheinbrücken Brugg und Fussach) treten hiemit ausser Kraft.
    Die seitens der Schweizer Grenzbehörden erlassenen Vorschriften sowie die Einholung des Konsularvisums zur Einreise aus der Schweiz bleiben hiedurch unberührt.
  10. Übertretungen dieser Anordnungen werden nach der Ministerialverordnung vom 30. September 1857 R.-G.-Bl. Nr. 196 [3] mit Geldstrafen bis zu 200 Kronen bezw. Arrest bis 14 Tage bestraft.
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[1] LI LA RE 1918/5154. Zehn Stück der Kundmachung wurden der Regierung mit Schreiben vom 28.11.1918 übermittelt (LI LA RE 1918/5154, Bezirkshauptmannschaft Feldkirch an Regierung, 28.11.1918).
[2] Gegen die Freigabe der Grenzübergangsstelle Hub erhob die Regierung Einwände, da dies die Aufstellung eines eigenen Grenzpostens erfordern würde, um den Schmuggel zu verhindern (LI LA RE 1918/5154, Regierung an Vorarlberger Landrat, 2.12.1918; LI LA RE 1918/5154, Protokoll des Lokalaugenscheins durch Vertreter Österreichs und Liechtensteins in Hub, 14.12.1913). Da jedoch auch die Einwohner von Mauren an einer Öffnung dieses Grenzüberganges interessiert waren, einigte man sich darauf, den Grenzübergang jeweils von 7 Uhr bis 17 Uhr zu öffnen (LI LA RE 1918/5154, Regierung an Bezirkshauptmannschaft Feldkirch, 18.12.1918).
[3] Verordnung der Ministerien des Innern und der Justiz und der obersten Polizeibehörde vom 30.10.1857, wirksam für alle Kronländer, mit Ausnahme der Militärgränze, womit eine allgemeine Vorschrift für die Bestrafung jener geringeren Gesetzes-Übertretungen bekannt gemacht wird, für welche weder in dem allgemeinen Strafgesetze, noch in besonderen Verordnungen die Strafe bemessen ist, öst. RGBl. 1857, Nr. 198.